5.1 Chemieindustrie und verwandte Branchen besonderen Herausforderungen ausgesetzt
Operative Herausforderungen ergeben sich durch das im Rahmen des CBAM geltende Nämlichkeitsprinzip insbesondere für beispielsweise die chemische Industrie und verwandte Branchen: Treibhausgasemissionen müssen spezifisch den CBAM-relevanten Produkten zugeordnet werden. Wenn auf Transportwegen identische Produkte mit unterschiedlichem CO2-Fußabdruck vermischt werden oder ein Hersteller identische Vorprodukte mit verschiedenen Treibhausgasemissionen verwendet und diese, wie in der Praxis durchaus üblich, in einem gemeinsamen Lagertank oder Lagerstätte gelagert werden, sind präzise Kalkulationen kaum möglich.
Massenbilanzierungsmethode statt Durchschnittswerte
Auch wenn es hierfür keine spezifischen Lösungsansätze seitens der EU-Kommission gibt, können Importeure in diesen Fällen nicht einfach auf Durchschnittswerte zurückgreifen, sondern eine Art „Massenbilanzierungsmethode“ kommt zum Einsatz. Bei der Ermittlung der Gesamtemissionen, die in einer Fertigungsstätte verursacht werden, werden nach der CBAM-Logik sowohl direkte Emissionen berücksichtigt, die beispielsweise bei der Erzeugung von Wärme und Kälte entstehen, als auch indirekte Emissionen, die durch die Erzeugung des verwendeten Stroms verursacht werden. Zudem fließen die Emissionen der CBAM-relevanten Vorprodukte in die Gesamtbetrachtung mit ein. Stammen diese Vorprodukte von verschiedenen externen Lieferanten mit unterschiedlichem CO2-Fußabdruck, fließen ihre spezifischen Werte in die Gesamtkalkulation ein. Die finalen Gesamtemissionen einer Fertigungsstätte werden dann auf einzelne Fertigungslinien und CBAM-relevante Produkte heruntergebrochen. Mithilfe dieser Massenbilanzierungsmethode ergibt sich für jedes spezifische CBAM-Produkt ein spezifischer CO2-Emissionswert, der im Rahmen der CBAM-Quartalsberichterstattung heranzuziehen ist.
Worst-Case-Ansatz als Alternative zu zertifizierten Ist-Werten
Sind Importeure jedoch nicht in der Lage, zwischen den Produkten zu unterscheiden und einen Nachweis zu den tatsächlichen Emissionen zu erbringen, greift ein Worst-Case-Ansatz, bei dem der ungünstigste Emissionswert für die Berichterstattung herangezogen wird. Ähnlich verhält es sich später in der Emissionshandelsphase. Hier wird die EU-Kommission länder- und produktspezifische Defaultwerte festlegen – ebenfalls auf einem Worst-Case-Ansatz basierend –, die als Alternative zu zertifizierten Ist-Werten verwendet werden können. Die Massenbilanzierungsmethode bleibt in ihrer jetzigen Form auch dann bestehen, doch sind die Kalkulationsergebnisse dann zwangsläufig durch einen unabhängigen Sachverständigen zu verifizieren und zertifizieren.
5.2 Besondere Zollverfahren
Während der Berichtsphase sind nur Quartalsberichte für CBAM-Waren erforderlich, die in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wurden. Nullmeldungen für Quartale ohne Wareneinfuhren sind nicht vorgesehen. Auch Rückwaren oder Waren, die im Rahmen der passiven Veredelung wieder eingeführt werden, sind von der Berichtspflicht ausgenommen.
Für Waren, die im Rahmen der aktiven Veredelung eingeführt werden, gelten gesonderte Regelungen. Das Verfahren der aktiven Veredelung ermöglicht die zollfreie Einfuhr von Drittlandswaren zur Weiterverarbeitung in der EU, sofern diese wieder ausgeführt werden. Wenn keine der im Rahmen dieses Verfahrens eingeführte Waren in Form eines weiterverarbeiteten Produkts im EU-Binnenmarkt verbleiben, entfällt die Berichtspflicht. Wenn jedoch nicht alle Veredelungserzeugnisse wieder ausgeführt werden, muss in der Quartalsberichterstattung zwischen zwei Fallkonstellationen unterschieden werden:
- Nicht-CBAM-Waren: Handelt es sich bei den Veredelungserzeugnissen nicht um CBAM-Waren, ist der Anteil der enthaltenen CBAM-Waren und die damit verbundenen Emissionen zu bestimmen und zu berichten.
- CBAM-Waren: Für Veredelungserzeugnisse, die selbst CBAM-Waren sind, müssen die enthaltenen CO2-Emissionen bemessen und berichtet werden. Dabei sind Emissionen, die während der Weiterverarbeitung in der EU entstanden sind, separat auszuweisen, da sie durch das EU-Emissionshandelssystem bereits abgedeckt sein dürften.
Zu beachten sind hier auch die Regelungen zur Ermittlung des Einfuhrzeitpunkts sowie weitere Detailvorgaben.