Prof. Dr. Britta Kiesel, Viola Kögel
Die interviewten Frauen wurden gefragt, welche motivationalen Hindernisse und Stolpersteine sie auf ihrem Weg in die Führungsposition bereits erlebt haben. Sie sollten beurteilen, wie hinderlich die Faktoren Selbstdarstellung, Netzwerken, aggressive Machspiele, sexuelle Belästigung und sexuelle Diskriminierung für Frauen sind, die eine Führungsposition anstreben.
2.2.1 Vereinbarkeit von Familie und Beruf
7 von 15 Frauen (47 %), darunter alle 4 Frauen mit Kindern, gaben an, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein motivationales Hindernis darstelle. Dies liegt z. B. daran, dass sich die Zeiträume überschneiden, in dem der Schwerpunkt auf der Familie liegt und in welchem die berufliche Karriere vorangeht (13 %). Dies war sowohl Frauen mit Kindern als auch Frauen ohne Kinder bewusst. 3 Frauen beschrieben insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und einer Führungsposition in Teilzeit als problematisch (20 %). Angesichts ihrer familiären Verpflichtungen äußerten sie das Gefühl, den Arbeitsplatz oft unverrichteter Dinge verlassen zu müssen und die eigenen Mitarbeitenden im Stich zu lassen. Eine interviewte Frau gab an, dass die Betreuung von Kleinkindern in ihrer Organisationseinheit als Handicap gesehen wird.
Während nach Aussagen der Frauen der Stolperstein Vereinbarkeit von Familie und Beruf gleichermaßen beide Geschlechter betreffen sollte, sehen 7 Frauen das Vereinbarkeitsproblem weiterhin schwerpunktmäßig bei Frauen angesiedelt (47 %).
2.2.2 Selbstzweifel
Eine Vielzahl der befragten Frauen äußerten diverse Selbstzweifel, welche Vermeidungstendenzen in der Führungsmotivation bedingen. 6 von 15 Frauen (40 %) befürchteten, der Verantwortung einer Führungsposition nicht gerecht zu werden und diese langfristig nicht tragen zu können. Diese Selbstzweifel wurden mit der Kombination der Mitarbeiterführung und Mentor-Funktion benannt. Im Rahmen von Stellenbesetzungsverfahren hatten 2 Frauen (13 %) Zweifel, ob sie die Anforderungen an die Führungsposition und die Erwartungen Dritter erfüllen können. Eine Frau merkte außerdem an, dass Selbstzweifel bei Rückschlägen auf dem Weg in die Führungsposition stark nachwirken. 3 Frauen vertraten die Meinung, dass Selbstzweifel darauf Einfluss haben, ob sich Frauen auf höhere Positionen bewerben oder sich höhere Positionen überhaupt zutrauen (20 %). 2 Frauen stellten die These auf, dass sich Männer hingegen wissentlich auf Stellen bewerben, bei denen sie nicht alle Voraussetzungen der Stellenausschreibung erfüllen (13 %).
Im Gespräch nannten 2 Frauen die interne Stellenvergabe auf Grundlage von Vorabsprachen als motivationales Hindernis (13 %).
"Das geht also nach dem, ich lege dir die Hand auf und hebe dich ins höhere Amt. Das ist ein ganz, ganz, ganz altmodisches System."
2.2.3 Selbstdarstellung
Den Faktor Selbstdarstellung nahmen 5 von 15 Frauen (33 %) als hinderlich wahr, lediglich eine Frau nicht (7 %). 4 Frauen (27 %) gehen grundsätzlich davon aus, dass Selbstdarstellung für das Erreichen einer Führungsposition wichtig ist, sei es zum Zwecke der Darstellung der eigenen Person, der eigenen Fachkompetenzen oder der Vorbildfunktion. 33 % der Frauen können sich mit der männlich geprägten Art der Selbstdarstellung gar nicht identifizieren.
"Inzwischen komme ich aber meistens zu dem Punkt, dass mir sehr bewusst ist, dass ich das gar nicht will. Das ist nicht meine Art. Ich bin davon überzeugt, dass man einen eigenen Weg entwickeln muss und nicht das männliche Verhalten kopieren sollte."
Vielmehr möchten die Frauen durch ihre Kompetenz einen konstruktiven Beitrag für die Organisation leisten (13 %). Eine Frau äußerte die Annahme, dass das Phänomen der Selbstdarstellung auf verfestigten Strukturen basiert. Dies zeige sich in der dominanten Haltung von Männern in Sitzungen, welche von den Männern selbst jedoch nicht wahrgenommen wird. Eine Frau sagte aus, dass sie, als Reaktion auf diese Art der Selbstdarstellung, in Sitzungen stark auf ihre Kleidung und ihr korrektes Verhalten achtet (7 %).
2 Frauen empfanden es als hinderlich, dass männliche Führungskräfte der gesellschaftlichen Erwartung an eine Führungsrolle entsprechen, während Frauen gegen die gesellschaftliche Rollenerwartung des weiblichen Stereotyps ankämpfen, Frauen könnten sich nicht selbst darstellen (13 %).
"Eine Eigenschaft, die Männern positiv ausgelegt wird, ist gerade dieses Selbstdarstellen und Überzeugen oder von sich selbst überzeugt sein. Diese Eigenschaft wird bei Frauen manchmal als unsympathisch ausgelegt. Also zickig oder "sie meint, sie müsse sich beweisen" oder man sei eher so die Durchsetzungsstarke."
Schließlich äußerten 3 Frauen die Meinung, dass die Fähigkeit zur Selbstdarstellung nicht geschlechterabhängig sondern personenabhängig sei (20 %). 2 Frauen sagten, dass sich Frauen gleich gut wie Männer darstellen können (13 %) und 3 Frauen äußerten, dass sich Männer besser als Frauen darstellen können (20 %).
2.2.4 Netzwerken
Den Faktor Netzwerken nahmen 3 von 15 Frauen (20 %) als hinderlich wahr, insbesondere...