Die Einstiegsphase, die Aufforderung zum Tanz, ist durch eine spezifische Dynamik gekennzeichnet.

Beitrag des Senders

Die Führungskraft hat eine innere Zwickmühle: Einerseits möchte sie den Mitarbeiter mit seiner ganzen Motivation mitnehmen und gewinnen. Sie weiß auch, dass intrinsische Motivation über Beteiligung gefördert wird und dass eine gute Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter wichtig ist. Sie möchte diese Beziehung nicht durch eine offene Eskalation gefährden. Andererseits hat sie einen gewissen inhaltlichen Druck und Zeitdruck. Der quasi wunde Punkt ist, dass sie dieses innere Dilemma nicht offenlegt, sondern versucht, mit sich selbst auszumachen. Sie hat den Anspruch bzw. Glaubenssatz: "Eine gute Führungskraft bin ich dann, wenn es mir gelingt, jeden Mitarbeiter kraft meiner logischen Argumente und meiner Fähigkeiten zu überzeugen und ins Boot zu holen." und "Eine gute Führungskraft wird von ihren Mitarbeitern (immer) gemocht." Deshalb argumentiert und argumentiert und argumentiert sie. Verdeckt wird dabei immer stärker die Botschaft gesendet: "Jetzt stimm' endlich zu, sonst passiert hier mehr als Argumentation. Noch ist Deine Zustimmung freiwillig." Dies drückt sich u. U. auch durch Körperhaltung und Gestik aus.

Quelle: Frank Labitzke, eigene Darstellung

Abb. 1: Der Beitrag des Senders: Eine verdeckte Botschaft öffnet Raum zum "Tanzen".

Beitrag des Empfängers

Der Mitarbeiter seinerseits steckt ebenfalls in einer Zwickmühle. Er will die Beziehung zum Chef nicht gefährden, immerhin wird er von ihm beurteilt und außerdem mag er ihn auch. Er will auch nicht als Querulant gelten. Gleichzeitig befürchtet er, dass mit der Vollendung des Projekts (es geht um Qualitätsmanagement) sein Status als alleiniger Experte gefährdet ist. Also geht er auf die Handlungsebene Argumentation ein und argumentiert und argumentiert. Er ist der Führungskraft aber nicht gewachsen und sagt schließlich, seinerseits die Eskalation scheuend, Ja und drückt durch die Körpersprache gleichzeitig unbewusst die Ablehnung aus.

Abb. 2: Beitrag Empfänger: Die Interpretation ermöglicht den Tanz.

Elemente in der Einstiegsphase

Verallgemeinert lässt sich sagen, dass der Einstieg in den Tanz von 3 Elementen geprägt ist:

  1. Ein wunder Punkt bei zumindest einem der Beteiligten, i. d. R. bei beiden (im Beispiel: Gemocht-werden-Wollen um jeden Preis (Führungskraft), nicht als Querulant gelten wollen (Mitarbeiter)).
  2. Eine verdeckte Botschaft, die den wunden Punkt des anderen adressiert (im Beispiel: "Wenn Du ..., dann ist unsere Beziehung weiter OK.").
  3. Daraus resultierend eine gemeinsam getragene Verzerrung der Realität (im Beispiel: Verantwortlichkeit: Wenn ich Ja sage, bedeutet das, auch Ja tun, Abwertung und Ausblendung der inhaltlichen Ablehnung, Übernahme des Bildes: Wenn wir in den Konflikt gehen, ist unsere Beziehung dahin.).

Typische / klassische wunde Punkte

Tab. 3 stellt typische / klassische wunde Punkte übersichtlich dar:

 
Das Selbstbild ist gefährdet.

Sorge, als zu wenig teamfähig gesehen zu werden.

Sorge, als zu dominant zu gelten.

Sorge, als zu aggressiv zu gelten.

Sorge, als unfreundlich zu gelten.
Bestätigung für das Selbstbild suchen.

Als stark gesehen werden wollen.

Als teamfähig gesehen werden wollen.

Bestätigt werden wollen.
Beziehung ist gefährdet.

Akzeptiert werden wollen.

Dazugehören wollen.

Sorge, dass der Kontakt abgebrochen werden könnte.

Sorge, zu stören.

Sorge, anzuecken.

Angst vor Konflikten
Versagensangst

Sorge, nicht gut genug zu sein.

Sorge, etwas falsch zu machen.

Angst vor Fehlern
Sich zu wenig zutrauen

Zu wenig Mut

Sich unterschätzen in den eigenen Fähigkeiten.

Die anderen können es besser.
Kontrolle, Macht

Angst, zu verlieren.

Macht/Einfluss haben wollen.

Recht haben wollen.
Emotionalität

Ungeduld

Verletzlichkeit

Angst vor fremder Aggression

Angst vor der eigenen Aggressivität
Schlecht für sich selbst sorgen können

Nicht wissen, was man will/braucht.

Nicht sagen können, was man braucht.

Tab. 3: Typische/klassische wunde Punkte

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