Prof. Dr. Anna Nagl, Dr. Karlheinz Bozem
Innovationen und deren marktorientierte Umsetzung sind die Grundvoraussetzung für erfolgreiche Geschäftsideen und eine darauf basierende Geschäftsmodellentwicklung und -umsetzung. In einem Geschäftsmodell werden alle Elemente vereint, beschrieben und mit ihren Abhängigkeiten untereinander dargestellt, die zur Entwicklung, Erstellung und erfolgreichen Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen zusammenspielen. Es sind digitale Geschäftsmodelle, die Unternehmen auf Dauer im Markt erfolgreich machen.
Tipping Points bedrohen etablierte Geschäftsmodelle
Sobald unumkehrbare Wendepunkte, sog. Tipping Points, bei Trends überschritten werden, bedrohen disruptive Technologien und veränderte Marktbedingungen bislang etablierte erfolgreiche Geschäftsmodelle. Beispiele unumkehrbarer Trends sind die digitale Fotografie, die Elektromobilität und auch die erneuerbaren Energien. So zeigt sich am Beispiel des Ukrainekriegs, wie schnell traditionelle Geschäftsmodelle, die auf preiswertem Erdgas basieren, durch geänderte Rahmenbedingungen obsolet werden können.
Trends, disruptive Technologien und Rahmenbedingungen haben einen großen Einfluss darauf, was die Kunden von "morgen" an Produkten und Dienstleistungen erwarten und ob Geschäftsmodelle auch in Zukunft erfolgreich sein werden.
Geschäftsmodell-Innovation vs. innovative Geschäftsmodelle
Solche externen Faktoren erfordern Geschäftsmodell-Innovationen bestehender Geschäftsmodelle und/oder innovative Geschäftsmodelle (siehe Abb. 5).
Abb. 5: Geschäftsmodelle und innovative Geschäftsmodelle
Eine Geschäftsmodell-Innovation ist die Weiterentwicklung eines bereits bestehenden Geschäftsmodells. Verbesserungen und neue Technologien fließen in ein bewährtes Geschäftsmodell ein, um dieses zukunftsfähiger und effizienter zu gestalten sowie den Entwicklungen und Anforderungen des Marktes Rechnung zu tragen. Im Gegensatz dazu basieren innovative Geschäftsmodelle auf neuen Geschäftsideen, die es bisher in dieser Form noch nicht gab. Wie die jüngste Vergangenheit zeigt, werden auf Basis dessen, was die disruptiven Technologien an Möglichkeiten bieten, innovative Geschäftsideen entwickelt. Diese bilden häufig die Basis für die Geschäftsidee von Start-up-Unternehmen und die Entwicklung von innovativen Geschäftsmodellen. Abb. 6 zeigt diese Entwicklungspotenziale und die wesentlichen diesen Prozess beeinflussenden Faktoren.
Abb. 6: Prinzipielles Weiterentwicklungspotenzial von bestehenden Geschäftsmodellen hin zu einem innovativen Geschäftsmodell
Häufig können bestehende Geschäftsmodelle deutlich flexibler und effizienter werden, wenn es dem mittelständischen Unternehmen gelingt, mithilfe von Big Data und künstlicher Intelligenz die internen Prozesse effizienter und transparenter zu gestalten. Auf der Marktseite können diese Trends genutzt werden, um die Lieferketten Richtung Kunde resilienter zu gestalten und über die Integration von Kunden auf eine Plattform die Kundenbindung zu erhöhen. Unerlässlich ist insbesondere aufgrund der derzeitigen Entwicklungen, die 80/20-Regel zu beachten, d. h. besser schnelle und nachhaltige Änderungen des Geschäftsmodells zu 80 % umzusetzen als jahrelang an einer 100 % Lösung zu arbeiten.