Über 90 % der Lebenszeit verbringt der Mensch in Innenräumen. Da die Ausstattung und Gestaltung der Innenraumqualität häufig nicht im Anwendungsbereich des Gebäudenutzenden liegen, sollten insbesondere Vermietende und Mietende kooperativ auf gesundheitsfördernde Maßnahmen und die Verbesserung von Innenraumqualitäten achten. Hierdurch lassen sich der Krankenstand verringern und die Produktivität der Mitarbeitenden steigern.
11.1.1 Gesundheitsschädigende Materialien
Die Verwendung von gesundheitsschädlichen Materialien, beispielsweise die Verwendung von Produkten mit toxischen Inhaltsstoffen, sind ein hohes Krankheitsrisiko für Mietende und Mitarbeitende. Phthalate, die häufig als Weichmacher für Bodenbeläge oder Tapeten verwendet werden, können hormonelle Auswirkungen haben, die für die Bewohner einer Immobilie nachweislich Atemwegserkrankungen, ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) oder fortpflanzungsgefährdende Auswirkungen hervorrufen können. Da Weichmacher ausdünsten, werden sie meist über die Atemwege und die Haut aufgenommen. Auch wenn die Europäische Union die Verwendung von Phthalaten bereits eingeschränkt hat, finden diese noch immer Einsatz in Böden, Tapeten, Möbeln oder anderen Innenraumprodukten.
Bodenbelag
Bei der Auswahl von Bodenbelägen sollte daher auf Alternativen zurückgegriffen werden, die keine oder geringe Bestandteile aus Weich-PVC aufweisen und möglichst naturbelassen sind. Dies kann beispielsweise die Verwendung von Fliesen, Holz, Kork, Linoleum oder Kautschuk sein. Als Orientierungshilfe dient hier das Umweltsiegel Blauer Engel. Mit dem Siegel gekennzeichnete Bodenbeläge enthalten keine gesundheitsschädlichen Weichmacher.
Tapeten
Auch Tapeten, insbesondere Vinyltapeten, enthalten Beschichtungen aus gesundheitsschädlichen Weichmachern. Alternativen wie Papiertapeten oder das einfache Streichen der Wände sollten bevorzugt werden. Bei der richtigen Tapetenwahl kann auch hier der Blaue Engel als Orientierungshilfe dienen. Gleiches gilt für Anstriche wie Farben oder Lacke.
Möbel
Auch Möbel und andere Haushaltsgegenstände enthalten Phthalate. Möbel, die mit Kunstleder bezogen oder lackiert wurden, sollten vermieden werden.
Teppichkleber
Isothiazolinone, ein oft genutzter Bestandteil zur Konservierung und zur Vorbeugung der Schimmelbildung von Materialien, die zu schweren allergischen Reaktionen führen können, werden oft in Teppichkleber verwendet. Einige Menschen reagieren mit Juckreiz, Schleimhautreizungen, Kopfschmerzen, Atemnot bzw. geschwollenem Gesicht oder Augen – außerdem haben Isothiazolinone einen beißenden Geruch. Teppiche sollten daher, wo möglich und notwendig, mit Klebebändern statt Kleber fixiert werden. Zudem sind Teppiche aufgrund ihrer Struktur anfälliger für Schimmelpilze. Die Böden sollten daher regelmäßig und ausreichend gereinigt werden.
Farben und Anstriche
Die in den meisten Farben und Lacken enthaltenen Lösungsmittel können krebserregende Auswirkungen sowie Atemwegsbeschwerden für die Mietenden hervorrufen. Da die Stoffe ausdünsten, verbreiten sie sich insbesondere in Innenräumen besonders stark. Selbst schadstofffreien Farben und Lacken sind Schädlingsbekämpfungsmittel beigemischt, sogenannte Biozide, die das Produkt haltbar machen sollen. Die darin enthaltenen Stoffe gelangen über die Atemwege in den Körper und können zu Leber- und Nierenschäden, Kopfschmerzen und Schwindel führen. Zwar gibt es wenige schadstofffreie Farben und Lacke, jedoch helfen Umweltsiegel, Produkte zu identifizieren, die einen geringen Weichmacher- sowie Lösungsmittelanteil haben.
11.1.2 Gesundheitsschädigende Raumfeuchtigkeit
Bei dauerhaft hoher Raumluftfeuchtigkeit, Feuchtigkeit der Bausubstanz oder ungenügender Wärmedämmung kann Schimmel in Innenräumen entstehen, der erheblichen gesundheitlichen Schaden für die Mietenden haben kann. Mögliche Auswirkungen können Hautreizungen, Asthma, Allergien und Schleimhautentzündungen sein. Sind Menschen langfristig Schimmel ausgesetzt, können sich daraus chronische Atemwegsbeschwerden, Herz- und Kreislaufbeschwerden, Bronchitis oder Allergien entwickeln. Gerade Kinder in schimmeligen Räumen sind 1,5- bis dreimal anfälliger für Atemwegserkrankungen wie Asthma, verglichen mit Kindern ohne schimmelige Behausungen.
Sollte ein Schimmelbefall festgestellt worden sein, so müssen Mietende die Gebäudeeigentümer unverzüglich informieren, um entsprechende Gesundheitsrisiken zu vermeiden. Der Gebäudeeigentümer muss hierbei schnell reagieren und den Schaden entsprechend beheben. Sollten die Schäden aufgrund von unzureichendem Heiz- und Lüftungsverhalten entstehen, sollten die Mietenden für das Thema durch entsprechende Workshops und Leitfäden sensibilisiert werden. Es gibt bereits zahlreiche öffentlich zugängliche Vorlagen, die den Mietenden kostenlos zur Verfügung gestellt werden können.
11.1.3 Gesundheitsschädigende Störfaktoren
Störfaktoren wie Schall, Straßenlärm, Staubbelastungen, störende Lichtquellen oder ständige Geruchsbelästigungen können sich langfristig auf die physische und psychische Gesundheit, aber auch auf die Natur auswirken. Sie sollten im und am Gebäude minimiert werd...