Zusammenfassung
Die Erstellung einer Klimabilanz ist für viele Unternehmen inzwischen unverzichtbar. Doch die Ermittlung der jährlich emittierten Treibhausgas-Menge (THG) erscheint nur auf den ersten Blick trivial. Denn die Bilanzen müssen nicht nur die direkten Emissionen am Standort erfassen, sondern auch die vorgelagerten und nachgelagerten Emissionen, die sogenannten Scope-3-Emissionen.
Der Scope-3-Analyzer bietet Unternehmen, die über ein großes und diverses Spektrum an eingekauften Vorprodukten und Vorleistungen verfügen, eine praxisnahe Alternative, die Emissionen für Scope 1, Scope 2 und Scope 3 (ohne die Produktnutzung) zu berechnen. Von besonderem Vorteil ist hierbei, dass inhomogene Güter einfach berücksichtigt werden können, denn ihr Wert ist meistens bekannt, ihre physikalische Zusammensetzung dagegen selten. Weiterhin können auch nicht-materielle Vorleistungen berücksichtigt werden, denn auch an ihnen hängt in der Regel ein Klimarucksack. Ebenso kann z. B. die Entsorgung von Produktionsabfällen oder die Leistung von Lohnfertigern entsprechend berücksichtigt werden.
1 Die Herausforderungen bei der Klimabilanzerstellung
1.1 Unterteilung der Treibhausgas-Emissionen in Scope 1, 2 und 3
Die Erstellung einer Klimabilanz ist für viele Unternehmen inzwischen unverzichtbar. Doch die Ermittlung der jährlich emittierten Treibhausgas-Menge (THG) erscheint nur auf den ersten Blick trivial. Denn die Bilanzen müssen nicht nur die direkten Emissionen am Standort durch die Verbrennung fossiler Energieträger oder durch industrielle Prozesse erfassen. Diese lassen sich meistens einfach ermitteln und können z. B. aus dem Diesel- oder Erdgasverbrauch errechnet werden (siehe Tab. 1). Diese Emissionen werden als Scope-1-Emissionen bezeichnet. Die Scope-2-Emissionen sind indirekte Emissionen, die durch den Bezug von Elektrizität oder anderen Endenergieträgern außerhalb des eigenen Standorts entstehen, also bei den Kraftwerken oder im Stromnetz insgesamt. Mit geeigneten Emissionsfaktoren, also in kg CO2-Äquivalent pro kWh Strom, lassen sie sich auch einfach errechnen (siehe Tab. 1).
Kopfzerbrechen bereitet dagegen der sogenannte Scope-3. Damit sind alle Emissionen gemeint, die außerhalb des Unternehmens erfolgen, aber mit der Unternehmenstätigkeit zusammenhängen. Das sind zum einen die Emissionen in der Lieferkette durch den Bezug von Vorprodukten und anderen Vorleistungen. Sie werden häufig als Upstream-Emissionen bezeichnet. Dann kommen beispielsweise Emissionen durch Geschäftsreisen oder den Pendlerverkehr der Beschäftigten dazu. Zum anderen gehören zum Scope-3 die Downstream-Emissionen, die mit der Nutzung des Produktes verbunden sind (siehe Abb. 1).
Abb. 1: Unterteilung der THG-Emissionen in Scope 1, 2 und 3 nach dem GHG Protocol.
Sie können erheblich sein, wenn die Produkte, z. B. Autos oder Waschmaschinen durch ihren Energieverbrauch selbst Emissionen verursachen. Sie werden bei den Bilanzen oft ausgeklammert, da sie nur geschätzt werden können und auch in der Zukunft liegen.
|
Bezugsgröße |
kg CO2-Äq |
Scope 1 (nur direkte Verbrennung, ohne Vorketten) |
Heizöl EL oder Diesel |
pro kg pro Liter |
3,17 2,68 |
Erdgas H |
pro Nm3 pro kWh |
2,03 0,18 |
Scope 2 |
Strommix Deutschland 2023 |
pro kWh |
0,45 |
Strommix Frankreich 2023 |
pro kWh |
0,06 |
Strommix Polen 2023 |
pro kWh |
0,88 |
Strommix China 2023 |
pro kWh |
0,56 |
Strommix USA 2023 |
pro kWh |
0,41 |
Scope 3 (Lieferkette) wertbezogen |
Bezug aus Deutschland (Tier 1) |
Bezug aus China (Tier 1) |
Aluminium |
pro EUR |
1,64 |
3,51 |
Kupfer |
pro EUR |
0,48 |
1,09 |
Roheisen / Stahl, Ferrolegierungen und erste Erzeugnisse daraus |
pro EUR |
1,36 |
3,26 |
Edelmetalle |
pro EUR |
0,35 |
0,65 |
Kunststoffe in Primärform |
pro EUR |
0,60 |
1,31 |
Papier |
pro EUR |
0,80 |
1,75 |
Zement, Kalk und Gips |
pro EUR |
4,25 |
12,00 |
Glas und Glasprodukte |
pro EUR |
1,11 |
2,15 |
(elektrische) Maschinen und entsprechendes Zubehör (ohne Kfz) |
pro EUR |
0,33 |
1,29 |
Radio-, Fernseh- und Kommunikationsgeräte einschließlich Computer |
pro EUR |
0,31 |
0,90 |
Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen |
pro EUR |
0,28 |
1,11 |
Computer- / IT-Dienstleistungen und damit verbundene Tätigkeiten |
pro EUR |
0,11 |
0,43 |
Reparatur und Wartung von Maschinen und Geräten (außer Kfz) |
pro EUR |
0,11 |
0,30 |
Tab. 1: Ausgewählte Emissionsfaktoren für verschiedene Energieträger und Materialien und Dienstleistungen und unterschiedliche Scopes in kg CO2-Äquivalent pro Mengeneinheit. Bei Scope 3 wurden als Beispiel Deutschland und China als Bezugsland dargestellt.
1.2 Der Einfluss der Lieferkette
Auch die Lieferkette hat meistens einen großen Betrag zur Klimabilanz des Unternehmens. In Abb. 2 sind die Anteile der Scope-1, -2 und -3 (upstream)-Emissionen einiger wichtiger Industriebranchen dargestellt. Immer dann, wenn die Fertigungstiefe mittel bis gering ist, wenn Rohstoffe oder Halbzeuge eingekauft werden, überwiegen die Emissionen aus der Lieferkette. Sie sind ein wichtiger Indikator für das Einkaufswesen: für die Auswahl der Lieferanten und Lie...