Maximilian Henkel, Achim Wenning
In einer weiteren Frage haben die Teilnehmenden eingeordnet, welche finanznahen Funktionen am ehesten vom Thema Nachhaltigkeit tangiert werden. Gemäß der Umfrageergebnisse (vgl. Abbildung 14) dominieren dabei drei Kategorien: Risikomanagement (80 %), Controlling (70 %) und Investor Relations (63 %). Die Bereiche M&A (29 %), Treasury (26 %) und Accounting (21 %) sind nach Einschätzung der Befragten nur nachrangig, Tax (8 %) fast gar nicht tangiert.
Der Höchstwert von 80 % im Risikomanagement unterstreicht, dass Unternehmen Nachhaltigkeit als bedeutsamen Einflussfaktor für den künftigen Unternehmenserfolg sehen, dies jedoch nicht nur als Chance bewerten, sondern auch die Risikokomponente ins Auge fassen. Beispielsweise müssen Risiken evaluiert werden, in welcher Form die gesamtgesellschaftliche Forderung nach mehr Nachhaltigkeit künftige politische Entscheidungen beeinflussen und zu (noch) stärkerer und/oder schnellerer Einflussnahme führen kann. Mögliche ordnungspolitische Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen (EU, Bund und ggf. auch Länder) müssen hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und ihrer Wirkstärke bewertet werden. Um adäquat auf mögliche Eingriffe vorbereitet zu sein, müssen differenzierte Szenarien betrachtet und analysiert werden. Sollte es beispielsweise an diversen Stellen zum ordnungspolitisch stärksten Eingriff des Verbotes (etwa von bestimmten Einsatzstoffen, aber auch ganzen technischen Lösungen wie Verbrennungsmotoren oder konventionellen Heizungsanlagen) kommen, müssen solche Ereignisse antizipiert und entsprechende Reaktionen vorbereitet sein.
Abb. 14: Touchpoints von Finanzfunktionen mit Nachhaltigkeit (in %, Mehrfachnennungen möglich)
Konkret gefragt nach den aktuellen Aufgaben des Finanzbereiches dominiert einmal mehr das aktuelle Rollenverständnis – der bzw. die CFO ist zurzeit Berichterstatter/in beim Thema Nachhaltigkeit. Diese Rolle kümmert sich primär um die Kennzahlendefinition und Standardisierung, Datenerfassung, Datenintegration und Datenharmonisierung sowie um das externe Berichtswesen (vgl. Abbildung 15). All jene Aufgaben gehörten schon immer zu den Kernkompetenzen des CFO-Bereichs und diese sind in gleicher Weise auch in Bezug auf das Nachhaltigkeitsthema gefragt.
Sowohl aktuelle Top-Aufgabe (Zustimmung: 63 %) als auch aktuelle Top-Maßnahme (Zustimmung: 70 %) ist nach Ansicht der Befragten die Kennzahlendefinition (vgl. Abbildung 10 und 15). Bei der Definition von Kennzahlen, der augenscheinlich wichtigsten Aufgabe derzeit, muss es den CFOs gelingen, Wirkzusammenhänge aufzuzeigen und in Form von KPIs messbar zu machen. Das nötige KPI-Set muss dabei allen bekannten Gütekriterien der Kennzahlendefinition genügen: Allgemeingültige und -verständliche Definition, Quantifizierbarkeit, Beeinflussbarkeit, eindeutige Verantwortung und gute Datenverfügbarkeit – um nur einige sehr zentrale Kriterien anzuführen.
Von wesentlicher Bedeutung ist allerdings allen weiteren Kriterien voran, dass die formulierten Kennzahlen eindeutige Steuerungsrelevanz haben. Sie müssen dazu geeignet sein, kausale Wirkzusammenhänge hinreichend gut abzubilden. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist es nötig, dass sich der Finanzbereich bereits früh in die strategische Diskussion rund um das Nachhaltigkeitsthema mit einschaltet. Gemeinsam mit den operativen Bereichen muss bewertet werden, welches die wesentlichen Hebel für mehr Nachhaltigkeit sind und wie sie adäquat in einer KPI-Logik abgebildet werden können. Nur auf diese Weise gelingt eine aktive Mitgestaltung der Nachhaltigkeitstransformation.
2.5.1 CFOs als "ökonomisches Gewissen"
70 % der Studienteilnehmer sehen klare Einflüsse des Themenkomplexes Nachhaltigkeit im Aufgabenbereich Controlling (vgl. Abbildung 14). Nachhaltigkeit erweitert als Einflussfaktor bzw. zusätzliche Dimension das interne Performance Management der Unternehmen.
Zielführend kann es dabei nicht sein, eine disjunkte Nachhaltigkeitssteuerung parallel zu bereits etablierten ökonomischen Steuerungsprozessen zu etablieren. Vielmehr muss es die Ambition sein, vor allem die ökologische Nachhaltigkeitsperspektive zusätzlich zu rein ökonomischen Erwägungen in Entscheidungs- und Steuerungsprozesse zu integrieren. Die genannten Perspektiven stehen – zumindest im Status quo – nicht selten im Zielkonflikt zueinander. Beispielhaft kann dieser Zielkonflikt durch Fragestellungen aufgezeigt werden wie: Welchen Aufpreis bin ich als Unternehmen bereit, für den Bezug regenerativ erzeugten Stroms, den Einkauf "grünen" Stahls oder für den Einsatz von Kunststoff-Rezyklaten in der Fertigung zu bezahlen?
Abb. 15: Aufgaben des Finanzbereichs beim Thema Nachhaltigkeit (in %, Mehrfachnennungen möglich)
Hebt man die zugrundeliegende Fragestellung von der operativen Maßnahmenebene auf die strategische Ebene, stellt sich im Kern die Frage, was die Nachhaltigkeitstransformation in Summe kostet bzw. kosten darf. Im eigentlichen Wortsinn ist davon auszugehen, dass Nachhaltigkeitsmaßnahmen auf lange Sicht auch zu ökonomischen Vorteilen führen.
Kurzfristig...