Prof. Dr. Klaus-Michael Ahrend
1.1 Der Begriff der Nachhaltigkeit
Die Herausforderungen des Anthropozäns, also des Zeitalters, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist, sind der Klimawandel, die intensivierende Ressourcenverknappung, die Bedrohung von Ökosystemen, aber auch soziale Missstände. Dies stellt nicht nur jedes Individuum, sondern auch jedes Unternehmen vor die Frage der Reflexion im eigenen Handeln. Viele Akteure aus Real- und Finanzwirtschaft erkennen mehr und mehr die Bedeutung von Nachhaltigkeit für ihren zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg. Aus der Reflexion ergeben sich Risiken, aber auch neue unternehmerische Chancen.
Der Begriff der Nachhaltigkeit geht zurück auf die Prinzipien der deutschen Forstwirtschaft von 1713. Dort wird empfohlen, dass nicht mehr Bäume geerntet bzw. gefällt werden sollen, als im gleichen Zeitraum wieder nachwachsen können. Anlass war die übermäßige Waldvernichtung, die umfassende Aufforstung notwendig machte, um die Waldbestände zu erhalten. Ein weiterer wichtiger Beitrag war der des Club of Rome über die Grenzen des Wachstums. Es ist ähnlich wie bei der Abhängigkeit des Steueraufkommens vom Einkommen oder dem gewerbesteuerlichen Gewinn: Je höher der Grad der menschlichen Entwicklung, umso höher ist in der Tendenz der ökologische Fußabdruck. Der Begriff der Nachhaltigkeit schließt als Akteure für nachhaltiges Handeln neben der Politik, die private Wirtschaft, die öffentliche Wirtschaft, den dritten Sektor mit gemeinnützigen Organisationen und die BürgerInnen und Verbraucher ein. Damit betrifft Nachhaltigkeit auch jedes Unternehmen.
Für den unternehmerischen Kontext erwuchs daraus das Verständnis der Corporate Social Responsibility (CSR). Danach integrieren Unternehmen freiwillig Umweltbelange und soziale Belange in ihre Tätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit ihren Anspruchsgruppen. Das umfasst auch den Einbezug in die Unternehmensstrategie und geht damit weit über das Einhalten von Gesetzen hinaus.
Der Dreiklang der Nachhaltigkeit
Ein nachhaltiges Unternehmen verfolgt neben ökonomischen Zielen auch ökologische und soziale Ziele.
Der Dreiklang aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem wird auch als Triple-Bottom-Line bezeichnet. Die jeweilige Bottom Line (im Sinne eines steuerlichen Ergebnisses) entspricht dem Saldo des Nutzens abzüglich der Kosten (mit einem ökonomischen Saldo, einem ökologischen Saldo und einem sozialen Saldo). Dabei sollen die 3 Dimensionen gleichwertig verfolgt werden.
Eine andere Sicht ist die des Rats für nachhaltige Entwicklung. Danach muss unsere Art zu leben und zu wirtschaften weltweit übertragbar sein. Die planetaren Grenzen müssen geachtet werden. Der gesellschaftliche Zusammenhalt muss gesichert werden. Ziel ist das Ermöglichen einer wirtschaftlichen Grundlage und Entwicklung für alle – hier und weltweit.
1.2 Die globale Ebene
Was heißt das auf globaler Ebene? In seiner heutigen Bedeutung wurde der Begriff der Nachhaltigkeit maßgeblich durch die UN-Klimakonferenz von 1992 geprägt. Danach handelt es sich bei einer nachhaltigen Entwicklung um eine, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. In der Fortsetzung der UN-Konferenz von 1992 stehen die Ergebnisse des UN Klimagipfels von 2015 in Paris unter dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung und der Armutsbekämpfung. Das Pariser Klimaschutzabkommen wurde von Deutschland und 194 anderen Staaten als Verpflichtung beschlossen, um die globale Erwärmung auf 2 Grad, möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Entsprechend soll der weltweite CO2-Ausstoß bis 2050 um 80 - 95 % verringert werden. Darauf basierend haben die Europäische Kommission, die Bundesregierung, die Regierungen der Bundesländer und die Regierungen zahlreicher Städte, Pläne für den Klimaschutz beschlossen. Neben dem Klimaziel wurde in Paris auch beschlossen, dass die Staatengemeinschaft Maßnahmen vorantreibt zur Unterstützung der … "resilience of socioeconomic and ecological systems, including through economic diversification and sustainable management of natural resources". Es gilt die Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit der sozioökonom...