Sylvia Meier, Santha Zeiher
3.1.1 New Work: Selbstorganisierte Mitarbeiter
Die Arbeitswelt wird immer dynamischer und komplexer. Und am Markt werden immer öfter schnelle und individuelle Lösungen gesucht. Traditionelle Organisationsstrukturen, die auf hierarchische Strukturen und Abteilungen setzen, können den aktuellen Anforderungen häufig kaum noch standhalten. Die FSM AG hat deshalb vor 3 Jahren ihre Organisation vollkommen verändert. Sie arbeitet komplett selbstorganisiert.
Es gibt keine Titel, Manager, Abteilungen, Mitarbeiterjahresgespräche oder Budgets. Mit der Reise zur Selbstorganisation will das Unternehmen anpassungsfähig, kundenorientiert und leistungsstark sein. Das Unternehmen hat daher keine Manager, dafür aber 140 Tourguides, die je nach Thema die Reiseplanung übernehmen. Die Rollen sind dabei nicht vorgegeben, sondern werden abhängig von der jeweiligen Expertise und Erfahrung eingenommen. Das gilt wirklich für jeden – einschließlich Vorstand.
Ein Team besteht aus Mitgliedern unterschiedlicher Fachbereiche, also bspw. ein Software-Entwickler, ein Hardware-Entwickler, ein Einkäufer, ein Vertriebler, ein Qualitätsmanager usw. – also immer aus den Funktionen, die es braucht um eine Wertschöpfung weitestgehend innerhalb des Teams selbst zu erfüllen. Das Team ist für diese Wertschöpfung komplett eigenständig verantwortlich. Keiner der Mitglieder ist einem anderen Mitglied gegenüber weisungsbefugt – jeder hat seine eigene Expertise (intern "Könnerschaft" genannt), für die er Verantwortung übernimmt und in der er quasi die Führung übernimmt. So kann es z. B. sein, dass in einem Team der Techniker die Führung für die technische Weiterentwicklung des Produktes übernimmt, die Hilfskraft aber die Schichtplanung übernimmt.
Die Vorteile sprechen für sich:
- Die Mitarbeiter identifizieren sich noch mehr mit dem Unternehmen.
- Die Entscheidungswege sind kürzer.
- Bürokratische Prozesse wurden praktisch abgeschafft.
- Die Mitarbeiter übernehmen Verantwortung für ihre Entscheidungen
- Jeder Mitarbeiter ist quasi selbst ein Unternehmer
- Sowohl Rendite als auch Umsätze konnten gesteigert werden.
- Jeder Mitarbeiter hat großes Interesse daran, dass Gewinne erzielt werden (vgl. nachfolgende Ausführungen).
Die Umstellung wurde in einem radikalen Hauruck-Verfahren vorgenommen: Der Startschuss fiel im April 2019, innerhalb von 3 Monaten wurde die Umstellung umgesetzt. Das war zwar für alle eine Herausforderung, hat sich jedoch für das Unternehmen bewährt. Während in anderen Firmen häufig zunächst einzelne Abteilungen umgestellt werden, bei denen sich durch Schnittstellen mit anderen Fachbereichen dann Schwierigkeiten ergeben, hat die FSM AG beschlossen, keine langen Schleifen drehen zu wollen. Was noch nicht perfekt läuft, wird Schritt für Schritt optimiert.
3.1.2 Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter
Ein wesentlicher Faktor bei den ökonomischen Maßnahmen liegt bei der Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Es liegt an allen, die Zukunft von FSM zu gestalten, das Geschäftsmodell weiterzuentwickeln und die Zusammenarbeit zu optimieren. Alle Mitarbeiter tragen Verantwortung für die Arbeit und sind dafür auch am Gewinn des Unternehmens beteiligt. So werden aus Mitarbeitern auch Unternehmer. Seit etwa 2 Jahren (Stand 2022) können die Mitarbeiter transparent auf alle Daten zugreifen und daraus ersehen, ob sie im laufenden Jahr mit einer Gewinnbeteiligung rechnen können.
Der Bonus richtet sich nach dem Jahresergebnis. Je höher dieses ausfällt, desto höher ist auch der Anteil, der an die Mitarbeiter fließt. Es ist für alle transparent einsehbar, wie viel in Rücklagen und Steuern fließt, was die Aktionäre ausgeschüttet bekommen und wie viel die Mitarbeiter bekommen. Der Bonus wird gleichmäßig pro Mitarbeiter verteilt (relevant ist hier die Wochenarbeitszeit), nicht gehaltsabhängig.