Gina Heller-Herold, Prof. Dr. Patrick Link
Mit Blick auf die immer höhere Komplexität von Strategien und das Einbeziehen der Mitarbeiter in den Strategieprozess, sollten Strategien iterativ entwickelt und die wichtigsten strategischen Hypothesen getestet werden.
Die Mitgliedsstaaten der UN haben sich 17 UN-Nachhaltigkeitsziele oder Sustainable Development Goals (SDGs) gesetzt, die in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung dargestellt sind. Die SDGs dienen heute Unternehmen, ihre Ziele und Tätigkeiten auf eine nachhaltige Entwicklung hin auszurichten und sind somit Grundlage für die ESG-Strategie in Unternehmen, um damit die Unternehmensziele zu bestimmen. Gleichzeitig können diese nach außen über die Internetseiten veröffentlicht werden.
Template
Das ESG-Strategie-Template in Abb. 3 unterstützt das Team, die ESG-Strategie zu erarbeiten, um sie danach erfolgreich umzusetzen.
Abb. 3: Entwicklung der ESG-Strategie
Basis & Teilnehmer
Die Basis für die Strategie bilden der Purpose, die Vision und Mission. Bei der Entwicklung der ESG-Strategie werden die
- Enabler (wie die Geschäftsleitung, die Investoren, ausgewählte Aufsichtsräte),
- Strategie-Owner (z. B. Führungskräfte, Abteilungs- und Bereichsleiter), aber auch
- Hypothesen-Owner (Produktmanager, Fachspezialisten) sowie
- VIP-Kunden
involviert. Die Hypothesen-Owner helfen, die definierten Hypothesen oder Ideen im kleineren Rahmen zu testen und daraus zu lernen. Gerade im ESG-Bereich haben die Kunden und Lieferanten zum Teil wenig Erfahrungen und vieles ist neu.
Praktische Anwendung
Im ersten Schritt werden die internen und externen Herausforderungen und Einflussfaktoren aus ESG-Sicht sowie die strategischen Stoßrichtungen und strategischen Hypothesen auf übergeordneter Ebene aus der bisherigen Analyse abgeleitet. Im zweiten Schritt macht sich das Team Gedanken über die ESG-Integration. Folgende Fragen können dabei unterstützen:
Im Vorfeld der ESG-Strategieentwicklung:
- Wie entwickeln sich der Markt und die Wettbewerbssituation in Bezug auf ESG?
- Welche regulatorischen Anforderungen treten – gerade bezogen auf ESG – in Zukunft in Kraft?
- Welche veränderten Umweltbedingungen – auch im Sinne der doppelten Materialität – sind für das Unternehmen von Bedeutung?
- Wie sehen die Liquidität und Ertragslage aus? Welche finanziellen Mittel stehen zur Verfügung?
- Welche personellen, technischen und organisatorischen Ressourcen sind vorhanden?
Im Rahmen der ESG-Strategieentwicklung:
- Welche Erkenntnisse aus der Analyse und der Risikoinventur zu ESG sind relevant?
- Was ist das individuelle ESG-Ambitionsniveau des Unternehmens? Das Ambitionsniveau ist in die Bereiche ESG-Starter, ESG-Konformer, ESG-Steuerer, ESG-Star eingeteilt (vgl. Abbildung 4).
- Welche Standards (z. B. Äquatorprinzipien etc.) und Regulatorien haben einen wesentlichen Einfluss?
- Wie muss die Produktpalette bzgl. ESG kurz-, mittel- und langfristig angepasst werden?
- Welche finanzwirtschaftlichen Szenarien ergeben sich aus der ESG-Transformation?
Im dritten Schritt werden auf Basis der SDGs die für das Unternehmen relevante Ziele bestimmt und klarer definiert, d. h. inkl. dem konkreten Ziel, was genau bis wann erreicht werden sollen. Weiterhin wird die Wesentlichkeit anhand einer Wesentlichkeitsskala bestimmt, um eine Priorität für die Umsetzung zu erhalten.
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) definiert Wesentlichkeit: Das Unternehmen legt demnach offen, welche Aspekte der eigenen Geschäftstätigkeit wesentlich auf Aspekte der Nachhaltigkeit einwirken und welchen wesentlichen Einfluss die Aspekte der Nachhaltigkeit auf die Geschäftstätigkeit haben. Es analysiert die positiven und negativen Wirkungen und gibt an, wie diese Erkenntnisse in die eigenen Prozesse einfließen.
Eine Wesentlichkeitsanalyse – häufig auch Wesentlichkeitsmatrix oder Materiality Matrix genannt – wird zur strategischen Unternehmenssteuerung herangezogen. Weiterhin wird sie im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung benötigt, was zurückgeht auf die Global Reporting Initiative (GRI). Darin heißt es: "Wesentlich sind solche Themen, die einen direkten oder indirekten Einfluss auf die Fähigkeit einer Organisation haben, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Wert für sich selbst, ihre Stakeholder und die Gesellschaft insgesamt zu schaffen, zu bewahren oder zu mindern.". Die Wesentlichkeitsmatrix enthält daher die Achsen Relevanz des Themas für die Stakeholder und Auswirkung des Themas für das Unternehmen (vgl. Punkt 3 in Abb. 3).
Die für die Stakeholder relevanten Maßnahmen mit einer hohen Auswirkung für das Unternehmen sollten favorisiert und umgesetzt werden (vgl. Punkt 4 in Abb. 3).
Abb. 4: Ambitionsniveau von ESG in der ESG-Strategie
Next Steps
Die Erkenntnisse aus der Strategieentwicklung sollten kritisch reflektiert werden und die Ergebnisse in Umsetzungsprojekte integriert werden. In den nächsten Jahren werden immer mehr TCFD-Klimastrategien gefordert. Die Industrie-geführte Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) hat Empfehlungen für die freiwillige und konsistente Offenleg...