Rudolf Grünbichler, Barbara Petschacher
Zusammenfassung
Die Optimierung der Kostensituation gehört zum Tagesgeschäft in Unternehmen. Die Controlling-Forschung hat viele Instrumente und Methoden entwickelt, um Einsparpotenziale zu berechnen und den Entscheidungsträgern zu vermitteln. Um in Zukunft nachhaltiger zu wirtschaften, ist es notwendig, Optimierungsmaßnahmen auch unter ökologischen Gesichtspunkten zu betrachten.
In diesem Beitrag wird am Beispiel biotechnologischer Prozesse dargestellt, wie eine Optimierung unter ökologischen und ökonomischen Aspekten erfolgen kann.
1 Herausforderungen für das Controlling
Aus Controller-Perspektive gehört die Kostenoptimierung zum Tagesgeschäft in Unternehmen. Viele bisher auf Controlling spezialisierte Lehrprogramme verschiedener Bildungseinrichtungen als auch Lehrbücher zum Thema Controlling und Kostenrechnung umfassen Instrumente und Verfahren zur (Gewinn-)Optimierung, indem bspw. das optimale Produktionsprogramm mit und ohne Engpasssituationen berechnet, die Wahl der kostengünstigsten Maschine inkl. Fremdvergleich ("Make-or-Buy-Entscheidungen") vorgeschlagen oder Gemeinkostenanalysen durchgeführt werden. Die Auswirkungen auf die Umwelt in Form von z. B. Schadstoffausstoß werden in Controlling-zentrierten Studien oder Lehrbüchern i. d. R. vernachlässigt.
Die Auswirkungen der Erderwärmung verdeutlichen jedoch, dass die Optimierung nicht nur unter ökonomischen, sondern auch unter ökologischen Gesichtspunkten erfolgen sollte. Daraus ergeben sich für Controller 2 Probleme:
- Die gleichzeitige ökologische und ökonomische Optimierung führt oftmals zu einem Zielkonflikt, da umweltfreundlichere Produktionsfaktoren mit höheren Kosten einhergehen können. Als Beispiele können Einwegverpackungen aus Kunststoff oder nachhaltigere Mehrwegverpackungen genannt werden.
- I. d. R. fehlt Controllern das methodische Rüstzeug, um die ökologische Auswirkung von Veränderungsmaßnahmen sichtbar zu machen.
In diesem Beitrag wird dargestellt, wie Prozessoptimierungen unter ökologischen und ökonomischen Prozessen an Beispielen biotechnologischer Prozesse von deutschen Industrieunternehmen dargestellt werden können. Zur Bewertung der ökologischen Auswirkungen wird das von Krotscheck und Narodoslawsky entwickelte Webtool SPIonWeb vorgestellt, mit welchem der ökologische Fußabdruck berechnet werden kann.
2 Verknüpfung von technologischer, ökonomischer und ökologischer Betrachtung
Ansätze zur Optimierung unter technologischen, ökologischen und ökonomischen Aspekten sind bereits für einzelne Bereiche beschrieben worden. Ribeiro et al. (2008) verwenden bspw. eine Methode, um eine Reihe von Materialkandidaten zu vergleichen und die "besten Materialbereiche" zu ermitteln, indem sie die 3 Dimensionen technisch, wirtschaftlich und ökologisch zusammenfassen. Diese "besten Materialbereiche" werden in einem Diagramm dargestellt. Dies ermöglicht einen globalen Vergleich der in Frage kommenden Materialien, um eine Entscheidung über die Auswahl des besten Materials in Abhängigkeit von verschiedenen Geschäftsszenarien und Unternehmensstrategien zu unterstützen.
Aktuellere Literatur zeigt, dass ein umfassender Ansatz zur Prozessoptimierung aus technischer, ökologischer und wirtschaftlicher Sicht immer mehr Aufmerksamkeit erhält. Ögmundarson et al. (2020) schlagen bspw. einen Rahmen für die Optimierung von biochemischen Prozessen vor, der die ökologischen und wirtschaftlichen Komponenten in die Bewertung einbezieht. Ihr Rahmen verwendet eine Reihe von quantitativen Indikatoren aus der Ökobilanz und der technisch-ökonomischen Bewertung (TEA). Als Ergebnis der vorangegangenen LCA-Analysen werden die gesamten Nachhaltigkeitskosten für eine bestimmte funktionelle Einheit berechnet. Dieser Wert spiegelt die Kosten für die menschliche Gesundheit, die Qualität des Ökosystems und die natürlichen Ressourcen wider und kann schließlich mit den technisch-ökonomischen Kosten zu einem einzigen monetären Ausgangswert kombiniert werden. Dieser einzige Ausgangswert für eine kombinierte LCA- und LCC-Analyse trägt zu der oben erwähnten leicht verständlichen Kommunikation bei. Die Autoren erkennen jedoch die Herausforderungen an, die mit subjektiven Wertentscheidungen bei der Monetarisierung der Gesundheit von Mensch und Umwelt verbunden sind und moralische Fragen aufwerfen. Für einen umfassenden Überblick über die Integration von Ökobilanzen und Lebenszykluskosten wird auf França et al. (2021) verwiesen.
Der Sustainable Process Index (SPI)
In diesem Beitrag wurde zur Ermittlung des ökologischen Fußabdrucks die Methode des Sustainable Process Index (SPI) verwendet. Der SPI basiert auf der Annahme, dass eine nachhaltige Ökonomie als einzige Einnahmequelle die solare Einstrahlung besitzt...