Zusammenfassung
Krisenprävention kann eine wertvolle Ergänzung des klassischen Risikomanagements sein. Sie zielt darauf ab, ein schnelles und erfolgreiches Handeln nach Eintritt eines nicht vorhergesehenen Ereignisses zu ermöglichen. Anhand einfach anwendbarer Checklisten lässt sich die aktuelle Situation eines Unternehmens in Bezug auf seine Krisenfestigkeit rasch ermitteln. So können Handlungsfelder zur Steigerung der Krisenreaktionsfähigkeit schnell identifiziert und wirksam angegangen werden. Das Controlling eines Unternehmens kann dabei wesentliche Beiträge erbringen.
1 Systematische Krisenprävention: aus den Krisen der Vergangenheit lernen
Krisen sind wie schwarze Schwäne. Eigentlich sollte es sie nicht geben. Aber es gibt sie. Und als disruptive Ereignisse liegen Krisen oft außerhalb der Risikobetrachtungen von Unternehmen. Die Häufigkeit globaler Krisen, die unmittelbare Auswirkungen auf Unternehmen hierzulande haben, nimmt in den vergangenen Jahren stetig zu (Abb. 1). Und es kommt möglicherweise noch schlimmer: Was passiert, wenn China seine Drohungen wahr macht und Taiwan überfällt? Welche Auswirkungen die absehbare Reaktion des Westens auf die globalen Lieferketten und die Weltwirtschaft insgesamt haben wird, kann kaum unterschätzt werden. Es gibt aber auch naheliegendere Krisenszenarien: ein großflächiger Stromausfall oder ein kritischer Lieferant, der durch ein Schadenereignis (Brand, Überflutung, Insolvenz, …) schlagartig und für längere Zeit ausfällt. Wie stellen Sie in solchen Situationen Ihre Handlungs- und Lieferfähigkeit sicher?
Abb. 1: Die globalen (Wirtschafts-)Krisen in diesem Jahrhundert
Die Schwierigkeit ist dabei: niemand kann sicher sagen, wann die nächste Krise kommt und welche Auswirkungen sie genau haben wird. Krisen sind nicht planbar, der Umgang mit ihnen jedoch schon. Risikobewusste Unternehmen bereiten sich deshalb auf kommende Krisen vor. Nicht inhaltlich, denn dazu müsste man ja wissen, welches Krisenszenario als nächstes auf das Unternehmen zukommt. Aber methodisch, indem man die Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit, des Unternehmens und seiner Führungskräfte im Hinblick auf Krisensituationen stärkt.
2 Krisenprävention trägt zum Risikomanagement bei
Systematische Krisenprävention kann Krisen nicht verhindern, aber sie kann Unternehmen widerstandsfähiger machen und Reaktionsfähigkeit und Handlungsspielräume in der Krise entscheidend verbessern. So trägt Krisenprävention unmittelbar zum Risikomanagement des Unternehmens bei.
Krisenprävention bedeutet in erster Linie, die Resilienz einer Organisation insgesamt zu stärken. Resilienz oder Widerstandskraft steht für die Fähigkeit, auf eine akute Veränderung mit der Anpassung des eigenen Verhaltens angemessen reagieren zu können. Bezogen auf Krisen in Unternehmen ist dies also die Kompetenz, angesichts der krisenbedingten Belastungen in einen an die Krisensituation angepassten Arbeitsmodus zu wechseln. Diese Kompetenz erwirbt ein Unternehmen durch die gezielte Ausbildung der Führungskräfte und durch die Festlegung von Verantwortlichkeiten und Prozessen sowie die Bereitstellung von Ressourcen für den Krisenfall. Nur so kann ein Unternehmen auch in der Krise handlungsfähig bleiben oder zumindest seine Handlungsfähigkeit schnell wiedergewinnen.
3 Typischer Ablauf einer Krise
Aus Abb. 2 lassen sich der typische Verlauf einer Krise, der Einfluss wirksamer Krisenprävention und ihre Auswirkungen auf das Unternehmen ablesen. Mit Eintritt einer Krise wird die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens unweigerlich einbrechen. Der entscheidende Unterschied liegt in der Tiefe und zeitlichen Dauer dieses Einbruchs.
Ohne geeignete Präventionsmaßnahmen ist ein Verlauf entsprechend der gestrichelten Kurve zu erwarten. Die Leistungsfähigkeit des Unternehmens ist auf lange Zeit massiv gemindert, mit entsprechenden Folgen für Liquidität und Eigenkapital. Hinzu kommen schwer bezifferbare, langfristige Auswirkungen auf Marktanteile und Reputation.
Ein gut vorbereitetes Unternehmen wird wesentlich besser in der Lage sein, mittels professionellem Krisenmanagement zu intervenieren und dadurch den Leistungseinbruch deutlich zu reduzieren. Der Krisenverlauf wird dann eher dem durchgezogenen Verlauf folgen.
Die schraffierte Fläche zwischen den beiden Kurven entspricht der Differenz der Schadensumfänge zwischen beiden Szenarien. Krisenprävention und professionelles Krisenmanagement reduzieren also das Risiko erheblicher, ggf. existenzbedrohender Schäden im Krisenfall dramatisch.
Die schnellere Rückkehr zum "Normalbetrieb" ermöglicht zudem eine wesentlich früher einsetzende Postvention ("Nachsorge"), in der der Schwerpunkt auf der Auswertung und Umsetzung von lessons-learned aus der Krise liegen. Idealerweise führt dies sogar zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens über den Ausgangszustand hinaus. Zudem kann diese Zeit genutzt werden, um verloren gegangene Marktanteile und Reputation zurückzugewinnen.
Abb. 2: Typischer Verlauf einer Krise und verschiedene Auswirkungen auf das Unternehmen
3.1 "Schleichende" Krisen frühzeitig erkennen
Im Gegensatz zu den oben beschriebenen "akuten" Krisen, gibt es auch Krisen, die sich "schleichend" entwickeln. Woran kann...