Welche Rechtsform unterstützt Nachhaltigkeit? Kann man diese Frage überhaupt beantworten?
Das Jahr 2012 wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Genossenschaften ausgerufen. Damit würdigten die UN den Beitrag der Genossenschaften zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Der damalige UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sagte dazu, Kooperativen erinnerten die internationale Gemeinschaft daran, dass es möglich sei, beides, die ökonomische Entwicklung und die soziale Verantwortung zu verfolgen.
Die Betonung der Vorzüge von Genossenschaften im Vergleich zu anderen Organisationen liegt in der Langfristigkeit des Engagements begründet, das der Idee von Genossenschaften systemimmanent ist. Und Langfristigkeit hat wiederum etwas mit Nachhaltigkeit zu tun.
Genossenschaften und Familienunternehmen haben vieles gemeinsam: Sie sind zusammen stärker als die Einzelteile der Organisation, es liegt ihnen näher, für gute soziale Bedingungen zu sorgen, weil es persönlicher zugeht, und sie haben es im Verbund auch leichter, für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen. Außerdem ist ihr Interesse an einer langfristigen Existenzsicherung in der Regel größer als das von Unternehmen, die von Managern geführt werden, die sich weder persönlich mit dem Unternehmen identifizieren noch vorhaben, über einen längeren Zeitraum für dasselbe Unternehmen tätig zu sein. Nicht umsonst zählen überproportional viele Genossenschaften und Familienunternehmen zu den nachhaltigsten Organisationen (Beispiele: GLS-Bank, Hipp, hessnatur, VAUDE, patagonia).
Welche Relevanz Genossenschaften in unserer heutigen Wirtschaftswelt haben, obwohl der Begriff ein wenig angestaubt wirken mag, zeigen die folgenden Zahlen:
Es gibt weltweit etwa 1 Milliarde Genossenschaftsmitglieder in über 100 Ländern. In Deutschland gibt es derzeit etwa 8.000 Genossenschaften mit rund 22 Millionen Mitgliedern. International bieten sie über 100 Millionen Arbeitsplätze. Seit November 2016 zählt die Genossenschaftsidee zum immateriellen UNESCO‐Weltkulturerbe. |
Ein weiterer wichtiger Aspekt, durch den sich Genossenschaften in Bezug auf Nachhaltigkeit von klassischen Kapitalgesellschaften abheben, ist die Tatsache, dass die Gewinnorientierung nicht an erster Stelle steht. Es gibt keine Anteilseigner, die zuallererst auf ihre Kapitalrendite "schielen" oder an einem gewinnbringenden Verkauf des Unternehmens interessiert sind. Stattdessen schließen sich in Genossenschaften Menschen und Organisationen zusammen, die einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb führen wollen mit dem Ziel der sozialen oder wirtschaftlichen Förderung ihrer Mitglieder. Das heißt, eventuell erwirtschaftete Gewinne kommen direkt den Mitgliedern zugute und werden somit nicht zum Selbstzweck oder zur Befriedigung der Renditeforderungen von Aktionären erwirtschaftet, sondern dienen der Fortführung der Genossenschaft und der in ihr organisierten Unternehmen oder Personen.
2 Beispiele, um das Gesagte zu veranschaulichen:
- Eine Wohnungsgenossenschaft besteht aus einer Mitgliedergemeinschaft aus Mietern (also latent wohnungssuchenden Personen) und Bauunternehmen (auch genossenschaftlich organisiert). Der Verbund ermöglicht es den Bauunternehmen, die gebauten Wohnungen auch mit Mietern zu füllen und diesen, an vergleichsweise preiswerte Mietwohnungen heranzukommen. Es gibt also ein gemeinschaftliches Ziel, das durch die Zusammenlegung der Interessen in einer Genossenschaft zu einer "Win-win-Situation" für alle Beteiligten wird.
- Ein anderes Beispiel sind die genossenschaftlich organisierten Banken wie z. B. die Volks- und Raiffeisenbanken. Der ursprüngliche Zweck von Genossenschaftsbanken bestand darin, speziell "kleine Leute" beim Sparen und bei der Kreditaufnahme zu unterstützen. Zudem sind die Genossenschaftsbanken untereinander verbunden, was bis heute einen Vorteil hinsichtlich ihrer regionalen Verbreitung und lokalen Präsenz darstellt, auch wenn in Zeiten des Onlinebankings diese Funktion nicht mehr so stark in Anspruch genommen wird wie in den Anfängen. Mitglieder können sowohl Einzelpersonen (natürliche Personen) als auch Organisationen (juristische Personen) sein. Die 3 ersten Prinzipien für Genossenschaften (nach Raiffeisen) lauten Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung und passen somit wunderbar in die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit.