Unter Fluktuation verstehe ich den Einstieg und Ausstieg von Mitarbeitern in ein bzw. aus einem Unternehmen. Dabei bedeutet niedrige Fluktuation, dass die meisten Mitarbeiter lange Zeit im Unternehmen verbleiben und kein ständiger Wechsel erfolgt (Unternehmenstreue). Man muss ein bisschen vorsichtig sein, wenn man Ziele im Hinblick auf Fluktuationsraten formuliert. Auch wenn ich die Richtung in der Überschrift scheinbar vorgebe, ist eine niedrige Fluktuation nicht grundsätzlich positiv zu bewerten. Sie könnte auch ein Signal dafür sein, dass die Mitarbeiter Angst vor einem Wechsel haben, weil die Arbeitsmarktbedingungen insgesamt nicht günstig sind. Die Dauer der Unternehmenszugehörigkeit muss nicht unbedingt ein Symptom für die generelle Zufriedenheit der Belegschaft mit ihrem bestehenden Arbeitsplatz sein. Zudem könnte eine sehr niedrige Fluktuationsrate zu einer allgemeinen "Betriebsblindheit" führen und Innovationen verhindern.
Es geht also wie so oft um die Balance, in diesem Fall die Balance zwischen der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit und der Fortentwicklung des Unternehmens. Ein häufiger kurzfristiger Wechsel von Mitarbeitern hat eine Menge Nachteile:
- Es verursacht einen hohen Aufwand, wenn immer wieder neue Personen einzuarbeiten sind.
- Zudem geht schnell "das Gedächtnis des Unternehmens" verloren, wenn diejenigen, die Erfahrung im Betrieb angesammelt haben, das Unternehmen verlassen.
- Die "Nach-mir-die-Sintflut"-Mentalität von leitenden Managern, die sich alle 2 Jahre ein neues Betätigungsfeld suchen, führt auch nicht gerade dazu, dass diese in der Zeit ihrer Anwesenheit Verantwortung für die längerfristige Zukunft des Unternehmens übernehmen.
Auf der anderen Seite können – wie gesagt – "altgediente" Mitarbeiter durchaus auch moderne und notwendige Entwicklungen im Unternehmen blockieren, indem sie auf Vorschläge mit Widerstand reagieren: "Das haben wir alles schon ausprobiert", "Das haben wir aber immer schon anders gemacht", "Das funktioniert doch sowieso nicht", "Das ist viel zu unsicher" usw. sind Sätze, mit denen wir alle wahrscheinlich schon einmal konfrontiert wurden und die man als Bremse oder Blockade empfindet.
Wenn man also "niedrige Fluktuation" als einen Wert an sich im Sinne der Nachhaltigkeit definiert, betont das den Aspekt der Langfristigkeit und Stetigkeit von Unternehmensentwicklungen. Es ist hier wie bei den meisten Kriterien für Nachhaltigkeit nicht möglich, eine konkrete Zielvorgabe zu definieren, die für alle Unternehmen gleichermaßen gilt. Jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, ob die Unternehmenszugehörigkeit seines Mitarbeiterstamms in der Balance ist zwischen "frischem Blut" und Erfahrung und Loyalität zum Unternehmen.
Wird die Fluktuation individuell als zu hoch eingeschätzt, könnten Maßnahmen zur Stärkung der "Corporate Identity" hilfreich sein. Auch eine Öffnung der Unternehmensleitung für Probleme der Mitarbeiter und/oder für Verbesserungsvorschläge wäre angebracht. Wird die Fluktuation als zu niedrig eingeschätzt, müsste sich ein Unternehmen für junge Menschen, Studierende, Absolventen bekannt und interessant machen, z. B. auf Messen, durch Zeitungsannoncen oder gezielte Ansprachen in Schulen und Universitäten.