Vom Ego zum Öko: nachhaltige Führung durch positive Psychologie
Der Stuttgarter Frank Kübler ist Mitgründer der Synk Group, einer Unternehmensberatung die sich auf die Themen Leadership, Collaboration und Change konzentriert. Das Ziel: Unternehmen und deren Mitarbeitenden dabei helfen, zukunftsfähig und gesund zu bleiben. Daneben ist Kübler CEO der Leada AG, die Nutzerinnen und Nutzern mit einer Smartphone-App täglich kleine Lernimpulse zu den Themen Führung und Zusammenarbeit gibt. Wir sprachen mit ihm über nachhaltige Führung, Achtsamkeit und die Gesundheit von Mitarbeitenden.
Haufe Sustainability: Herr Kübler, sollte es Führungsaufgabe sein, Change-Begleitung für Nachhaltigkeit im Unternehmen zu bieten?
Frank Kübler: Nachhaltigkeit als Fokus erfordert einen mentalen und organisatorischen Paradigmenwechsel im Unternehmen. Diese Kultur zu fördern ist originäre Führungsaufgabe. Einerseits sollten Führungskräfte hier als Vorbilder agieren, indem sie den Wandel proaktiv vorleben und unterstützen. Andererseits können sie Nachhaltigkeit als Chance für Wachstum und Innovation präsentieren, um das gesamte Team zu motivieren, sich aktiv einzubringen. Auch hier gilt es, die Stärken und das Wissen aller Mitarbeitenden anzuzapfen und für den Change zu nutzen.
Was bedeutet nachhaltige Führung genau?
Nachhaltige Führung ist für mich der Schlüssel zu einer zukunftsorientierten Unternehmensführung. Es bedeutet, Verantwortung für ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte zu übernehmen, um langfristige Werte zu schaffen. Es geht darum, die Bedürfnisse der heutigen Generation zu erfüllen, ohne die Chancen zukünftiger Generationen zu gefährden. Im speziellen bedeutet nachhaltige Führung, dass diese so wirkt, dass die Mitarbeitenden nicht nur jeden Tag ihre Arbeitskraft investieren, sondern, dass sie auch etwas zurückbekommen, wie Wertschätzung, Feedback und eigene Entwicklung. Wir verstehen Führung auch als Kreislauf, ähnlich dem biologischen und technischen Kreislauf.
Gibt es erprobte Methoden, um Nachhaltigkeit als Denkhaltung im Unternehmen etablieren?
Ja, wie bei jeder Veränderung bieten hier positive Psychologie und Stärkenorientierung wertvolle Ansätze. Durch Fokus auf individuelle Stärken können Mitarbeitende in Richtung nachhaltiges Denken gelenkt werden. Auch das Schaffen von klaren Verknüpfungen zwischen Nachhaltigkeit und Unternehmenszielen kann die Akzeptanz fördern. Und nicht zu vergessen, sondern nach ganz vorne zu stellen: die Sinnstiftung, die hier ja besonders weitgreifend ist, da es um nichts Geringeres geht als die Welt zu retten. Aus Sicht der Mitarbeitenden heißt das Arbeitsplatzsicherung und an einer guten Sache mitzuwirken.
„Nachhaltige Führung ist ein Magnet“
Welche Rolle spielt nachhaltige Führung für die Mitarbeitergewinnung und die Unternehmenskultur?
Nachhaltige Führung ist ein Magnet für talentierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach sinnstiftenden Unternehmen suchen oder, wie man neuschwäbisch so schön sagt, nach Purpose. Sie prägt eine positive Unternehmenskultur, die auf Vertrauen, Zusammenarbeit und Respekt basiert. Dies stärkt die Bindung der Mitarbeitenden ans Unternehmen und fördert deren Engagement. Anders könnte man auch sagen: Unternehmen, die es nicht schaffen, eine nachhaltige Führung zu schaffen, werden in Zukunft nicht mehr existieren, zumindest nicht im europäischen Raum.
Bei der Synk Group befassen Sie sich stark mit der sozialen Komponente von Nachhaltigkeit und hier insbesondere der psychosozialen Gesundheit. Wie können Unternehmen diese fördern?
Die soziale Dimension ist das Herzstück der Nachhaltigkeit. Die psychosoziale Gesundheit der Mitarbeitenden beeinflusst ihre Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit. Daher haben wir die Synk Group vor 22 Jahren mit dem Fokus gegründet, über gute und nachhaltige Führung die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden zu erhalten und zu steigern. Indem Unternehmen hier investieren, zeigen sie Wertschätzung für ihre Mitarbeitenden und fördern eine Kultur des Miteinanders und der Achtsamkeit. Unternehmen können flexible Arbeitsmodelle, Weiterbildungsangebote für Stressbewältigung und Mentoring-Programme einführen. Zudem sollten Führungskräfte coaching- und stärkenorientiert agieren, um ihre Mitarbeitenden in ihrer Entwicklung zu unterstützen und eine offene Kommunikationskultur zu fördern.
Chancen und Risiken in Geschäftsmodellen intern transparent kommunizieren
Viele Menschen haben Ängste in Bezug auf die Klimakrise, aber auch vor möglichen ökonomischen Folgen dieser, wie zum Beispiel Arbeitsplatzunsicherheit. Wie können Unternehmen diesen Ängsten begegnen?
Unternehmen sollten Ängste ernst nehmen und transparente Kommunikation fördern. Wo sind die Chancen und Risiken in unserem Geschäftsmodell und wie können wir diesen begegnen? Es bietet sich auch an, immer auf zwei Ebenen zu arbeiten, übergreifend für das Unternehmen und persönlich für jeden einzelnen Mitarbeitenden. Welchen Beitrag können wir als Unternehmen leisten und wie? Und mit welchem positiven Beispiel kann jeder Einzelne in Familie und Gesellschaft voran gehen? Das Ideen- und Innovationsmanagement bekommt dadurch eine ganz neue Bedeutung. Ein Nachhaltigkeitsbeauftragter kann als Anlaufstelle und Koordinator dienen. Gleichzeitig sollten Führungskräfte als Mentoren agieren und aufzeigen, wie das Unternehmen aktiv Lösungen für diese Herausforderungen entwickelt. Verantwortlich und zuständig ist die Unternehmensleitung, im Mittelstand ist das selbstverständlich, da hier die Unternehmen schon immer generationsübergreifend geführt wurden. Eine verpasste Chance wäre, das nur auf Stabsstellen und Beauftragte abzuwälzen und Beratungen nur zu nutzen, um „optisch“ schön da zu stehen. Das wird nicht funktionieren.
Mit der App Leada möchten Sie „gute Führung“ in Unternehmen fördern. Beschreiben Sie bitte in drei Sätzen, wie das funktionieren soll.
Leada nutzt Coaching-Prinzipien und positive Psychologie, um Führungskräften bei der Stärkenentwicklung und -anwendung zu helfen. Ganz konkret mit täglichen Impulsen. Sie bietet personalisiertes Feedback, Übungen und Ressourcen, um Führungskräfte zu inspirieren und ihre Führungskompetenzen zu stärken und handlungsfähig zu bleiben.
Welche Rolle spielt Achtsamkeit dabei?
Achtsamkeit fördert bewusstes Handeln und Empathie. In der Führungskultur schafft sie Raum für reflektierte Entscheidungen und respektvolle Kommunikation. Führungskräfte, die achtsam sind, können ihre Teams besser verstehen und unterstützen, was zu einer positiven und förderlichen Führungskultur führt.
Vielen Dank für das Gespräch!
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