Nachhaltigkeitsberichtspflicht: Bereit in 7 Schritten

Die Nachhaltigkeitsberichtpflicht bringt selbst für reportingerfahrene Unternehmen einige Herausforderungen mit sich. Um auch die strategischen Chancen der Wesentlichkeitsanalyse für sich zu nutzen, sollten Nachhaltigkeitsverantwortliche jetzt einen individuellen Reporting-Fahrplan entwickeln.

Mit der EU-Reform der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) werden viele Unternehmen schon ab 2024 berichtspflichtig. Spätestens ab 2026 sind auch mittelständische Firmen betroffen.

Die neuen Richtlinien bringen einen enormen Aufwand mit sich. Denn die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sehen eine kennzahlengestützte Analyse der Geschäftstätigkeit vor. Im Klartext: Unternehmen sind verpflichtet, die für die Leitlinie notwendigen Daten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung zu sammeln und zu bewerten.

Wesentlichkeitsanalyse ist nicht gleich Wesentlichkeitsanalyse

Das zentrale Analyseinstrument, um unternehmensrelevante Nachhaltigkeitsthemen innerhalb eines Unternehmens zu bestimmen, wird durch den sogenannten „Double Materiality“- Ansatz deutlich anspruchsvoller. Im Vergleich zu früheren Vorgehensweisen muss in Zukunft erstens bestimmt werden, welchen Einfluss das Unternehmen auf Nachhaltigkeitsthemen hat, und zweitens, wie sich diese Themen finanziell auf das Unternehmen auswirken.

Die ESRS bieten dafür – zumindest in der Theorie – umfassende inhaltliche Auflagen, aber kaum praktische Leitlinien für die Umsetzung und Dokumentation. Der Knackpunkt: Bei vielen Unternehmen liegen die Daten zu vielen Anforderungen noch nicht vor. Diese zu erheben, kann zu einem mühseligen Prozess werden, da alle Unternehmensbereiche einbezogen werden müssen. Die jeweiligen Stakeholder:innen zu involvieren, ist daher ein fester Bestandteil der doppelten Wesentlichkeitsanalyse.

Von Minimalanforderung zum strategischen Mehrwert

Die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung nach europäischen Standards (ESRS) ist nicht nur Pflichtprogramm, sondern bietet einen bisher wenig beachteten Mehrwert: Die Chance liegt vor allem in einer umfassenden Meinungsbildung zum Thema Nachhaltigkeit unter den beteiligten Stakeholder:innen. Dadurch ist mit mehr Akzeptanz aus Sicht der Betroffenen zu rechnen und operative Entscheidungen lassen sich leichter verargumentieren. Gerade für kapitalmarktorientierte Unternehmen wird es zukünftig wichtig sein zu belegen, inwiefern eine nachhaltige Unternehmensausrichtung die wirtschaftliche Performance beeinflusst. Organisationen, die von diesem Wissensvorsprung profitieren wollen, sollten mit den Vorbereitungen für das Reporting zeitnah anfangen. Dabei helfen folgende sieben Schritte:

  1. Top Management einbinden und Rückhalt sichern
    Die Anforderungen des Nachhaltigkeitsmanagements werden meist nicht von allen in der Organisation widerstandslos aufgenommen. Umso wichtiger ist es, dass die höchste Führungsebene dahintersteht und bei Zielkonflikten klar Position bezieht.
     
  2. Nachhaltigkeitsteam zusammenstellen und intern positionieren
    Die Vorbereitung für die Berichterstattung bindet Kapazitäten und setzt voraus, dass alle Unternehmensbereiche vernetzt sind. Idealerweise sind Vertreter:innen aller Fachbereiche in dem eigens etablierten Nachhaltigkeitsteam involviert, um später leichter an verschiedene Daten zu gelangen. Die Mitglieder dieses Teams müssen aktiv als Nachhaltigkeitsexpert:innen geschult und positioniert werden, interne Prozesse verstehen und Führungsstärke beweisen. Nur so werden ihre, damit deren Anfragen innerhalb der Organisation ernst genommen werden.
     
  3. Daten-Inventar für die Berichterstattung anlegen
    Wer jetzt bereits die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen bestimmt, kann leichter Chancen, Risiken sowie Ziele und Maßnahmen definieren. Damit geht eine Daten-Inventarisierung einher. Folglich gilt es, alle relevanten Quellen und Belege, die für die Berichterstattung erforderlich sind, zu identifizieren und zu listen. Die Wesentlichkeitsanalyse ist jedes Jahr zu aktualisieren und alle zwei Jahre neu zu erheben. Im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses können dabei Lücken geschlossen und Datenquellen verfeinert werden.
     
  4. Datenmanagement und IT-Systeme implementieren
    Um die quantitativen und qualitativen Datenpunkte – etwa zu Emissionen, zu Abfallbilanzen oder dem Wasserverbrauch – zu pflegen und aktuell zu halten, bedarf es statt Excel-Tabellen einem effizienten und automatisierten Datenmanagementsystem. Durch den Umfang und die Detailtiefe der Offenlegungsanforderungen ist eine spezielle Reporting Software dringend erforderlich.
     
  5. Corporate Carbon Footprint (CCF) berechnen
    Ein verpflichtender Teil ist die Berichterstattung über den eigenen CO2-Fußabdruck. Der Prozess kann mehrere Monate dauern, je nach Komplexität und Verfügbarkeit der erforderlichen Daten. Es lohnt sich, dieses Projekt als eines der ersten anzugehen. Unternehmen sollten sich hier langfristig aufstellen und über eine Verpflichtung zur Science Based Target Initiative ( SBTi) nachdenken.
     
  6. ESG-Strategie entwickeln
    Eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse bildet eine fundierte Ausgangslage, um eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Definieren Unternehmen ein ESG-Ambitionsniveau für die nachhaltige Entwicklung mit jährlichen Zielen und konkreten Messgrößen im Rahmen einzelner Maßnahmen-Programme, fällt es prinzipiell leichter, Prioritäten in der Unternehmensführung zu setzen und der gesamten Organisation Orientierung zu geben.
     
  7. Roadmap mit ausreichend Vorlaufzeit aufstellen
    Datenerhebung, Prozesskommunikation, Veröffentlichung und Implementierung der Maßnahmen sind – jedes für sich genommen – jeweils umfassende Projekte, die ausreichend Kompetenzen in Projektmanagement und Stakeholder:innenmanagement erfordern. Umso wichtiger ist es, sich rechtzeitig intensiv mit der eigenen Nachhaltigkeitsstrategie auseinanderzusetzen, die eigenen Potenziale richtig auszuschöpfen und Stakeholder:innen in und außerhalb der Organisation mitzunehmen.

Fakt ist: Ein Nachhaltigkeitsbericht ist am Ende ein Instrument, um die Nachhaltigkeitsperformance vergleichbar und für andere transparent und nachvollziehbar zu machen. Wer als Unternehmen jetzt engagiert ans Werk geht, legt den Grundstein, um sich frühzeitig im Markt durch nachhaltiges Wirtschaften differenzieren zu können.