Junge Arbeitnehmer als stärkste Nachhaltigkeitstreiber
Die Relevanz von Nachhaltigkeit für Unternehmen nimmt zu - trotz multipler Krisen. Für mehr als drei Viertel der Befragten ist das Thema wichtiger oder viel wichtiger geworden. Mehr als die Hälfte der Unternehmen integriert Nachhaltigkeit als zentralen Bestandteil in die Unternehmensstrategie. Die Autorinnen und Autoren des am 1. Februar veröffentlichten Sustainability Transformation Monitors (STM) stellen in diesem Zusammenhang eine Professionalisierung des Nachhaltigkeitsmanagements fest. Es gehe in den Unternehmen nicht mehr um das „Ob“, sondern um das „Wie“.
Die Studie untersucht insbesondere die Schnittstellen zwischen Real- und Finanzwirtschaft. Der Investitionsbedarf zur Finanzierung der Transformation wird von den Unternehmen als hoch eingeschätzt. Mehr als die Hälfte wird voraussichtlich auf Fremdkapital angewiesen sein. Kristina Jeromin vom Green and Sustainable Finance Cluster Germany sagte anlässlich der Veröffentlichung: „Nie war es so wichtig wie in diesen Tagen, ein gemeinsames Zeichen von Finanzbranche, Realwirtschaft und Politik zu setzen, dass Strukturwandel gelingen wird.“
Wichtigste Treiber der Nachhaltigkeitstransformation: Junge Fachkräfte, Klimakrise, Energiepreise
Zukünftige Arbeitnehmer:innen werden von 72 Prozent der Befragten in der Realwirtschaft als Treiber wahrgenommen. „Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels und der gestiegenen Ansprüche von potenziellen Mitarbeitenden an die Nachhaltigkeit ihrer Arbeitgeber können es sich Unternehmen oft nicht leisten, das Thema zu ignorieren“, kommentiert Laura Marie Edinger-Schons, Professorin für nachhaltiges Wirtschaften an der Universität Hamburg und Chief Sustainability Officer der Hochschule.
Bemerkenswert: Aktivist:innen werden selten als Treiber der Nachhaltigkeitsaktivitäten von Unternehmen wahrgenommen. Nur fünf Prozent der Befragten aus der Realwirtschaft sehen in ihnen einen „starken Treiber“ für nachhaltigeres Wirtschaften. Diese Zahl wurde in der Vorjahresstudie nicht gesondert erhoben.
Unter den globalen Entwicklungen wird die Klimakrise (und ihre Folgen) als zentraler Treiber für das Thema Nachhaltigkeit in den Unternehmen gesehen: 83 Prozent der Befragten bewerten sie als (starken) Treiber. „Der Klimawandel ist das größte Risiko für unser Wirtschafts- und Finanzsystem. Klimaschutz muss daher als zentrales Ziel bei Investitionsentscheidungen integriert werden. Für die Realwirtschaft ist dies eine strategische Notwendigkeit“, erklärt Philipp Wesemann, Klimaschutz-Experte bei der Stiftung Mercator.
Nachhaltigkeitsbemühungen werden in vielen Unternehmen auch aus finanziellen Gründen angestoßen: 60 Prozent der Befragten aus der Realwirtschaft gaben an, dass steigende Energiepreise ein entscheidender Treiber für Nachhaltigkeit sind.
Berichterstattung schafft Mehrwert, Verankerung meist im Vorstand
67 Prozent der Unternehmen sehen in der erweiterten Berichterstattung einen Mehrwert für die Weiterentwicklung der eigenen Organisation sowie mehr Transparenz für die Stakeholder. Gleichzeitig fühlt sich nur etwas mehr als ein Drittel der Unternehmen bereits tendenziell gut auf die regulatorischen Anforderungen vorbereitet, die ab diesem Jahr sukzessive 15.000 Unternehmen in Deutschland betreffen werden. Als größte Hürden bei der Berichterstattung werden die Komplexität der regulatorischen Rahmenbedingungen und Schwierigkeiten bei der Konsolidierung der relevanten Daten gesehen.
Bei 80 Prozent der Befragten – acht Prozent mehr als im Vorjahr – ist die Verantwortung für Nachhaltigkeit im Vorstand verankert. Gut die Hälfte (54 Prozent) der Unternehmen der Realwirtschaft gibt an, dass Nachhaltigkeit als strategisches Ziel festgeschrieben ist. Jakob Kunzlmann, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung, sagt dazu: „Unser Sustainability Transformation Monitor zeigt, dass Nachhaltigkeit viel stärker in den Fokus der Unternehmen gerückt ist. Es geht voran, vor allem die regulatorische Architektur scheint zu wirken. Aber es gibt keinen Grund, sich auf dem Erreichten auszuruhen.“
Sustainable Finance: Finanzwirtschaft als Katalysator
Heiko Thoms, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen sagte anlässlich der Veröffentlichung der Studie: „Der STM zeigt: Die Finanzwirtschaft ist der Katalysator der Nachhaltigkeitstransformation.“ Ein Drittel der Unternehmen gab an, dass Nachhaltigkeit schon eine wichtige Rolle bei der Finanzierung ihrer Organisation spielt. Immerhin die Hälfte der befragten Banken berücksichtigt Nachhaltigkeitskriterien bei der Kreditvergabe und Zinsgestaltung. Vertreter der Real- und Finanzwirtschaft waren sich jedoch einig, dass Nachhaltigkeit in der Finanzierung in Zukunft weiter an Relevanz gewinnen wird. Mit Blick auf die politische Umsetzung sagte Thoms, die Bundesregierung wolle Expertise, Infrastruktur und einen praxistauglichen Ordnungsrahmen für ein nachhaltiges Finanzsystem fördern.
Über den Sustainability Transformation Monitor 2024
Der STM wird ab 2023 jährlich als Kooperation der Bertelsmann Stiftung, der Stiftung Mercator, der Universität Hamburg und der Peer School for Sustainable Development durchgeführt. Ziel der Befragung ist es, die Nachhaltigkeitstransformation der Wirtschaft evidenzbasiert zu begleiten. 2024 nahmen Nachhaltigkeitsverantwortliche aus 362 Unternehmen teil, davon 271 aus der Realwirtschaft und 91 aus der Finanzwirtschaft.
Die vollständige Studie zum Download finden Sie unter sustainabilitytransformation.org.
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