Wie Babor bis 2025 die Hälfte seiner CO2-Emissionen sparen will
Das inhabergeführte Unternehmen Babor mit Hauptsitz in Aachen produziert seit über 65 Jahren in Deutschland hochpreisige Kosmetik. Nachhaltigkeit gehört traditionell zu den Kernwerten des Global Players. Bis 2017 gab es zig verschiedene Nachhaltigkeitsinitiativen und -projekte im Unternehmen, die aber nicht koordiniert waren. „Wir haben gemerkt, dass wir eine konzertierte Vorgehensweise brauchen, um die großen Herausforderungen anzugehen“, erzählt Horst Robertz, der als Geschäftsführer der Babor Beauty Group die Abteilungen Forschung, Beschaffung und Produktion verantwortet. Also etablierte Horst Robertz ein Sustainability Board mit Menschen aus allen Hierarchiestufen und Abteilungen – vom Marketing über die Produktentwicklung bis hin zur Logistik.
Im ersten Schritt verschaffte sich das neue Board einen Überblick über den Status quo: Welche Initiativen gibt es schon? Wo kann das Unternehmen besser werden? Wo fallen überhaupt welche Emissionen an?
Nun war Babor zu diesem Zeitpunkt keineswegs Anfänger in puncto CO2-sparen: Die Produktionsstätte am Headquarter in Aachen ist dank Ökostrom, Photovoltaik und mit CO2-Zertifikaten kompensiertem Erdgas schon seit dem Jahr 2014 CO2-neutral. Es galt, so Horst Robertz, mit der neuen Strategie die „blinden Flecken“ im gesamten Corporate Carbon Footprint zu finden.
Eine Green Agenda definiert Ziele und Maßnahmen
Nachdem alle Fakten auf dem Tisch lagen, formulierte das Sustainability Board eine „Green Agenda“ mit Zielen – und mit den nötigen Maßnahmen, um diese Ziele auch tatsächlich zu erreichen. Die grüne Agenda, da waren sich alle einig, sollte kein Papiertiger sein. Sie ist in drei Themen-Schwerpunkte gegliedert: CO2, Packaging und Inhaltsstoffe.
Für alle Board-Mitglieder unbefriedigend: Gerade in puncto CO2-Emissionen konnte Babor immer nur um ein Jahr zeitversetzt reagieren, denn die Messergebnisse sind Ex-post-Betrachtungen. Schnelles Agieren ist mit einer solchen Messmethode nicht möglich. Ein innovatives Verfahren musste her.
Vorteil inhabergeführter Familienunternehmen sind bekanntlich schnelle Entscheidungen und deren rasche Umsetzung. So auch bei Babor: Interne IT-Spezialisten programmierten mit Unterstützung des TÜV Rheinland ein CO2-Dashboard. Dahinter verbirgt sich ein Monitoring-Tool, das nutzerorientiert, anschaulich und in Echtzeit anzeigt, wo und wie viel CO2-Emissionen gerade im Unternehmen entstehen. Grundlage für die zu messenden Kennziffern lieferte das Greenhouse Gas Protocol.
Bei den Messungen trat Überraschendes zutage: „Mehr als die Hälfte unseres Corporate Footprints kommt durch die Mitarbeitermobilität. Das habe ich so nicht erwartet“, berichtet Horst Robertz. Rund 700 Menschen arbeiten am Standort in Aachen. Um überhaupt berechnen zu können, wie viel CO2 bei der Mitarbeitermobilität anfällt, ist die Parkschranke des Mitarbeiterparkplatzes an die Messung angeschlossen. Nach allen Regeln des Datenschutzes wird erfasst, welches Auto auf den Parkplatz fährt, wie viele Arbeitsweg-Kilometer das Fahrzeug zurückgelegt hat und wie viel CO2 es dabei emittiert hat. Diese Werte fließen automatisiert ins System.
Babors Schritte zur Nachhaltigkeitsstrategie
1) Sustainability Board gründen
2) Einen Überblick verschaffen, was schon gut läuft und was schlecht
3) Ziele und Maßnahmen festlegen
4) Konkrete Kennzahlen definieren
5) Valide Messmethode etablieren
6) Messen und optimieren
Die Kennzahlen liefern Impulse fürs CO2-sparen
Mit dem Wissen um die hohen Emissionen, die auf den Arbeitswegen anfallen, entwickelte Babor ein ganzheitliches Mobilitätskonzept. Das Unternehmen stattete seinen Parkplatz mit E-Ladesäulen aus, an denen die Mitarbeitenden kostenlos Strom tanken können. Außerdem gibt es Anreize, aufs Fahrrad oder Öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Den Mitarbeitenden stehen zudem fünf E-Fahrzeuge kostenlos und auch zur privaten Nutzung zur Verfügung, wenn sie sich verpflichten, Kolleginnen und Kollegen morgens mit zur Arbeit zu nehmen und nach Feierabend wieder nach Hause zu fahren. Die Reiserichtlinien wurden geändert, Flüge sind nur noch gestattet, wenn es gar nicht anders geht. Außerdem wird jede Aktivität von Klimaanlagen, Druckern oder Kopierern erfasst.
Es ist gut, sich im ersten Schritt überhaupt erstmal einen Überblick zu verschaffen. Einfach zu schauen: Wo stehen wir eigentlich aktuell? Wo sind wir schon gut und wo sind wir noch nicht so gut? Wir dachten, wir machen ganz viel richtig, und haben dann gesehen, dass noch viel Raum für Verbesserungen ist.
(Horst Robertz, Geschäftsführer Babor Beauty Group)
Babors Maßnahmen zur CO2-Reduktion (Auswahl)
• Verwendung von Ökostrom, Photovoltaik und klimaneutralem Öko-Erdgas
• Flüge nur noch in Ausnahmefällen
• Firmenwagen sind E-Autos
• E-Mobilität, Fahrradfahren und das Nutzen Öffentlicher Verkehrsmittel werden gefördert
• Mitarbeitende bekommen kostenlos E-Autos zur Verfügung gestellt, wenn Sie sich verpflichten, Kolleginnen und Kolleginnen mitzunehmen.
• Der Gebrauch von Klimaanlagen, Druckern und Kopierern wird erfasst und reduziert.
• Der Neubau der Produktions- und Logistikanlage
Alternative Energiekonzepte amortisieren sich schneller als gedacht
Und dann ist da noch der Bau von zusätzlichen 60.000 Quadratmetern Produktions- und Logistikflächen in Eschweiler. Es ist die größte Investition in der Unternehmensgeschichte: 60 Millionen Euro fließen in die, so der offizielle Anspruch, „nachhaltigste Kosmetikfabrik der Welt“. Mitte 2023 soll sie eröffnen. Gebaut wurde nach dem Energie-Effizienzstandard KfW 40 – die Gebäude werden also 60 Prozent weniger Energie verbrauchen als ein Standardbau.
Eine Photovoltaikanlage soll in Verbindung mit Wärmepumpen und Wärmerückgewinnung dafür sorgen, dass das Gebäude nahezu ohne fossile Brennstoffe auskommt. Vor gut eineinhalb Jahren investierte Babor in eine Anlage, die die aus der Photovoltaik gewonnene Energie speichert. Das Unternehmen entschied sich trotz hoher Kosten und – zu diesem Zeitpunkt noch – langer Amortisationszeit für die Investition. Heute steht es mit dieser Entscheidung sehr gut da, denn es ist unabhängig von der Energiepreisentwicklung. „Das ist ein schönes Beispiel dafür, dass sich Ökonomie und Ökologie immer öfter die Hand reichen. Es ist unsere feste Überzeugung, dass sich Investitionen in eine nachhaltige industrielle Zukunft langfristig tragen werden“, ist Horst Robertz überzeugt.
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