Tenor
Auf die Revision des Beklagten und die Anschlußrevision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Dezember 1998 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte erwarb zu Beginn des Jahres 1991 ein unerschlossenes, etwa 86.000 qm großes Grundstück auf der Halbinsel Z. in der Absicht, das Grundstück auf der Grundlage eines Vorhaben- und Erschließungsplans zu erschließen, zu parzellieren und die Parzellen als Bauland weiterzuverkaufen. Durch Vertrag vom 5. April 1991 verkaufte er eine Teilfläche von 2.150 qm an den Kläger zum Preis von 13 DM/qm zuzüglich maximal 5 DM Erschließungskosten pro Quadratmeter (§ 3 Abs. 1) sowie insgesamt 1.397,50 DM für die Bereitstellung von Straßen und Wegen.
Der Beklagte erfüllte trotz Nachfristsetzung und Ablehnungsandrohung des Klägers den Kaufvertrag nicht. Er verkaufte das ungeteilte Grundstück vielmehr der Firma S. GmbH und ließ ihr das Eigentum auf. Die S. GmbH wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Sie erschloß etwa 36.000 qm des Grundstücks und errichtete auf dieser Teilfläche den „Wohnpark L.”. Die dem Kläger verkaufte Teilfläche ist Bestandteil dieses Parks.
Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Die Ersatzpflicht des Beklagten ist dem Grunde nach rechtskräftig festgestellt. Die Parteien streiten um ihre Höhe.
Das Landgericht hat den Wert des Kaufgrundstücks mit 215.000 DM (100 DM/qm) festgestellt und den Beklagten nach Abzug der von ihm vertraglich geschuldeten Leistungen zur Zahlung von 174.902,50 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 25. März 1992 verurteilt. Die Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat den Wert des Grundstücks mit 90 DM/qm festgestellt und den Betrag der Verurteilung des Beklagten dementsprechend auf 153.402,50 DM reduziert. Die Revision gesteht den heutigen Grundstückswert mit 30 DM/qm zu. Sie erstrebt die Abweisung der Klage, soweit der Beklagte zur Zahlung eines 24.402,50 DM übersteigenden Betrages zuzüglich der erkannten Zinsen verurteilt worden ist. Die Anschlußrevision des Klägers erstrebt die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht schätzt den Wert des Kaufgrundstücks auf 90 DM/qm. Sachverständig beraten hat es den Wert auf der Grundlage eines Bebauungsplans erschlossener Grundstücke auf der Halbinsel Z. mit grundsätzlich 100 DM/qm festgestellt. Es meint, eine Erschließung durch einen Betonplattenweg ohne Anlegung einer Kanalisation sei in der Anfangszeit nach der Wiedervereinigung Deutschlands noch zulässig gewesen. Dies führe zu einem Abschlag von 10 DM/qm. Eine weitergehende Minderung sei nicht vorzunehmen, weil es den Käufern baureifer Grundstücke darauf ankomme, ihren Bauwunsch möglichst schnell zu verwirklichen, und sie der Art der Erschließung und insbesondere der Entwässerung der Grundstücke keine besondere Bedeutung zumäßen.
Das hält den beiderseitigen Rechtsmitteln nicht stand.
II.
1. Die Schätzung des heutigen Grundstückswertes durch das Berufungsgericht bei vertragsgerechtem Verhalten des Beklagten findet in den Feststellungen des Sachverständigen keine hinreichende Grundlage.
a) Der Sachverständige hat den Wert der Grundstücke des Wohnparks in unerschlossenem Zustand mit etwa 30 DM/qm festgestellt, den Erschließungsaufwand schätzt er auf etwa 70 DM/qm, den Wert der erschlossenen Grundstücke beziffert er auf 100 DM/qm. Die Wertdifferenz drängt die Annahme auf, der Sachverständige habe die Wertsteigerung mit dem Erschließungsaufwand begründet. Dann ist aber nicht plausibel, daß ein Erschließungsaufwand von etwa 5 DM/qm, wie er nach dem Kaufvertrag kalkuliert wurde, zu einer Wertsteigerung von rd. 60 DM/qm führen kann.
b) Auf der Halbinsel Z. gibt es außer den Grundstücken des „Wohnparks L.” keine Grundstücke, die auf der Grundlage eines Bebauungsplans erschlossen sind. Der Preis dieser Art erschlossener Grundstücke liegt nach den Feststellungen des Sachverständigen in anderen Gemeinden der Insel R., nämlich in A. F., R. und S., zwischen 98 DM/qm und 150 DM/qm, während der Wert „teilerschlossener” Grundstücke in A. F. 88 DM/qm beträgt. Was unter „teilerschlossen” von dem Sachverständigen verstanden wird, hat er nicht ausgeführt. Seine Angaben sind daher für eine Erschließung durch einen Betonplattenweg ohne Anlage einer Kanalisation nicht ergiebig.
c) Die Feststellung, daß im Verkehr der Art der Erschließung keine nachhaltige Bedeutung für die Preisbildung zukomme, entbehrt der Grundlage in den Ausführungen des Sachverständigen. Woher das Berufungsgericht die zu der getroffenen Feststellung damit notwendige eigene Sachkenntnis hat, ist nicht dargelegt.
d) Da die Schätzung des Schadens, den der Kläger infolge des Verhalten des Beklagten erlitten hat, auf keiner hinreichenden tatsächlichen Grundlage beruht, ist auch der Anschlußrevision stattzugeben.
e) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage, daß die geschuldete Erschließung des Grundstücks keiner Kanalisation des Planungsgebietes bedurft hätte, geben Anlaß zu dem Hinweis, daß nicht unterstellt werden kann, die Bebaubarkeit des Grundstücks sei bei vertragsgerechtem Verhalten des Klägers noch vor dem Inkrafttreten des Erlasses des Umweltministers vom 7. Dezember 1993 und damit ohne die Anlage einer Kanalisation gesichert gewesen. In seiner Stellungnahme zum Bebauungsplan hat der zuständige Landkreis schon am 28. Januar 1992 das Fehlen der Darstellung der Abwasserentsorgung der Grundstücke des geplanten Baugebiets bemängelt. Sollte sich ergeben, daß die Anlage einer Kanalisation Voraussetzung der Bebaubarkeit des Grundstücks war und der Beklagte im Rahmen der von ihm geschulden Erschließung des Grundstücks auch die Anlage einer Kanalisation schuldete, wird zu beachten sein, daß die Leistungspflicht des Beklagten nicht unbegrenzt ist. Die Parteien sind bei der Kalkulation der Erschließungskosten davon ausgegangen, daß es zur Bebauung des Grundstücks keiner Kanalisation bedurfte. Hierauf beruht das Schreiben des Beklagten vom 20. Januar 1991 und die Kostenverpflichtung in § 3 des Kaufvertrages. Traf die Annahme der Parteien nicht zu, ist für die den vereinbarten Rahmen übersteigenden Kosten im Wege ergänzender Vertragsauslegung die Opfergrenze der Leistungspflicht des Beklagten zu bestimmen.
2. Zur abschließenden Entscheidung ist der Senat nicht in der Lage. Hierzu bedarf es weiterer Feststellungen und erneuter Befragung des Sachverständigen.
Unterschriften
Wenzel, Lambert-Lang, Krüger, Klein, Lemke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.09.2000 durch Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen