Dipl.-Ing. Andreas Terboven, Dipl.-Ing. Michael Haug
Atemgifte mit Wirkungen auf Blut, Nerven und Zellen sind die eigentlich giftigen Stoffe bei Bränden, da der Schädigungsmechanismus im Körper erfolgt. Atemgifte dieser Kategorie wirken auf unterschiedliche Art und Weise auf Organe und Stoffwechselvorgänge. Dadurch können z. B. lebensnotwendige Vorgänge gehemmt oder gar manipuliert werden.
1.4.1 Kohlenstoffmonoxid
Kohlenstoffmonoxid (CO) ist ein farbloses, geruchsneutrales Gas, das fast gleich schwer ist wie Luft. Das hat zur Folge, dass CO leicht über die Atmungsorgane in den Körper aufgenommen werden kann. CO wirkt als Blutgift. Dies rührt daher, dass es eine ca. 400-mal höhere Bindungsaffinität als Sauerstoff (O2) an die roten Blutkörperchen hat. Die Folge ist, dass sich die roten Blutkörperchen (O2 Transporteure im Blut) eher ein CO-Molekül zum Transport in die Zellen übernehmen als ein O2-Molekül.
"Keine Verbrennung ohne Sauerstoff"; da in den menschlichen Zellen zu den Stoffwechselvorgängen Sauerstoff benötigt wird, kommt es zur Sauerstoffverarmung im Körper. Die daraus resultierende Bewusstlosigkeit kann tödlich enden. Bereits eine CO-Ansammlung von 0,02–0,03 Vol.-% kann, auch bei ausreichend Sauerstoff, eine Gesundheitsgefährdung darstellen.
Darüber hinaus ist CO ein brennbares Gas, das einen sehr breiten Zündbereich (12,5–74 Vol.-%) aufweist. Tab. 1 enthält die Symptome einer CO-Vergiftung.
CO Konzentration [Vol.-%] |
Symptome |
0,005 |
Keine Gesundheitsgefährdung zu erwarten |
0,01 |
Nach mehreren Stunden leichte Kopfschmerzen möglich |
0,05 |
Nach mehreren Stunden heftige Kopfschmerzen möglich, Schwindel, Neigung zur Bewusstlosigkeit |
0,1–0,2 |
Tödliche Folgen nach ca. 30 Min. |
0,3–0,5 |
Tödliche Folgen nach wenigen Minuten infolge Atemlähmung und Herzversagen |
Tab. 1: Symptome in Abhängigkeit der Konzentration von CO
1.4.2 Kohlenstoffdioxid
Kohlenstoffdioxid (CO2) entsteht bei einer vollständigen Verbrennung von organischen Stoffen. Dafür muss ein ausreichendes O2-Angebot zur Verfügung stehen. CO2 ist ein farbloses, geruchsloses Gas, das schwerer ist als Luft. Sein Geruch ist leicht säuerlich. Es ist nicht brennbar und eignet sich als Löschmittel. Ab einer Konzentration von 8 Vol.-% in der Einatemluft, wirkt es lähmend auf das Atemzentrum. 20 Vol.-% wirken tödlich. Da es schwerer als Luft ist, verdrängt es den Sauerstoff, neigt zur Pfützenbildung und weist ein Fließverhalten wie Wasser auf.
1.4.3 Cyanwasserstoff
Cyanwasserstoff (Blausäure) ist eine farblose Flüssigkeit mit einem sehr niedrigen Siedepunkt (25 °C). Daher bilden sich über der Flüssigkeit Dämpfe in sehr hoher Konzentration, die leicht entzündbar sind. Der Flammpunkt liegt bei -20 °C, der Zündbereich bei 5 bis 47 Vol.-%. Blausäure bildet sich dann, wenn die Cyanwasserstoffdämpfe in Lösung mit Wasser gehen. Auch hier sind hohe Konzentrationen von Cyanwasserstoffdämpfen über der Flüssigkeit möglich.
Cyanwasserstoff ist ein sehr starkes Atemgift, das auch über die Haut aufgenommen werden kann. D. h., dass Cyanwasserstoff hautresorptiv ist. Durch Cyanwasserstoff wird, ähnlich wie beim CO, die innere Atmung verhindert, was eine Sauerstoffverarmung in den Körperzellen zur Folge hat. Man spricht vom "inneren ersticken". Allerdings wird bei einer Cyanwasserstoffvergiftung der Stoffwechsel in den Zellen verhindert, d. h., es befindet sich genügend O2 in der Blutbahn, die Zellen werden aber nicht mit O2 versorgt. Der Stoffwechsel kommt zum Erliegen.
Cyanwasserstoff entsteht hauptsächlich bei der Verbrennung von stickstoffhaltigen Kunststoffen und von Daunenfedern (Federbetten).