Gefahrenpotenzial: Lithium-Ionen-Akkus überall im Einsatz

Heutzutage muss fast alles irgendwie mobil sein: Handy mit Kamera, Akkuschrauber, Akkusense, selbst fahrende Saug- und Mähroboter, E-Scooter, E-Bike und E-Auto. Dabei haben die Erfindung und die ständigen Weiterentwicklungen moderner wiederaufladbarer Batterien erheblich zu unserer Mobilität und Bequemlichkeit beigetragen.

Neue Geräte sollen möglichst klein und möglichst leicht sein. Am Beispiel von E-Scootern zeigt sich deutlich die Ursache dafür: Ein E-Scooter hat eine Reichweite, die durch die maximale Akkuleistung begrenzt ist. Ist der Akku leer, muss der E-Scooter geladen werden, also in der Zeit stehen. Je größer und je schwerer der E-Scooter ist, desto kürzer sind Akkulaufzeit und Reichweite. Daher darf nicht ausgerechnet der Akku selbst das Schwerste am Fahrzeug sein.

Moderne Lithium-Ionen-Akkus

Eine maximale Ausbeute an speicherbarer Energie gemessen auf das Volumen und gemessen auch auf das Eigengewicht bieten hier moderne Lithium-Ionen-Akkus. Sie können leicht und klein sein und lassen sich der Form des Gerätes weitgehend anpassen. Aus diesem Grund sind in den allermeisten batteriebetriebenen Geräten heutzutage Lithium-Ionen-Akkus.

Die Leistungen der Batterien haben dabei in den letzten zehn Jahren so deutlich zugenommen, dass zum einen ein Auto damit betrieben werden kann und zum anderen dieses Auto inzwischen auch Reichweiten schafft, die es alltags- und massentauglich werden lassen.

Chemische Funktionsweise von Lithium-Ionen-Akkus

Damit der Lithium-Ionen-Akku möglichst viel Energie in wenig Material bei geringem Gewicht speichern kann, ohne dabei mit dem früher üblichen Memory-Effekt ständig an Kapazität zu verlieren, wurde der Aufbau und die Zusammensetzung über die Jahre immer weiter optimiert. Ein Lithium-Ionen-Akku besteht hauptsächlich aus Elektrolyten, Anode, Separator und Kathode.

Es gibt verschiedene Kathoden-Zusammensetzungen. Dabei ist das Schichtoxid aus LiMO2 (M=Co, Ni, Mn, Al) am unsichersten, gefolgt vom Spinelle mit LiM2O (M=Ni, Mn) und mit am sichersten aus Phosphate mit LiMPO4 (M=Fe, Co, Ni, Mn). Dies begründet sich aus dem Sauerstoffpotenzial in der Reihenfolge (abnehmend) NiO2, COO2, Mn2O4 und FePO4. Dies ist von außen jedoch nicht ersichtlich.

Die Elektrolyten bestehen aus dem Leitsatz und einem Lösungsmittel. Meistens sind es organische Lösemittel, diese variieren im Flammpunkt zwischen -17°C (Tetrahydrofuran) und 160°C (Ethylencarbonat).

Die Anode besteht aus Graphit und Kupferfolie. Beim Separator handelt es sich in aller Regel um eine Kunststofffolie, die die Aufgabe hat, Anode und Kathode voneinander zu isolieren. Die Kathode besteht aus Aluminiumfolie und aktivem Material, meist Schwermetallen. Je eine Einheit mit Elektrolyten, Anode, Separator und Kathode heißt Zelle oder Batteriezelle. In einem Akku sind mehrere Zellen zu einem Modul zusammengefasst.

Während des Ladevorgangs, bei dem begrenzter, kontinuierlicher, konstanter elektrischer Strom durch die Batteriezelle geleitet wird, wandern aufgrund chemischer Prozesse Lithium-Ionen aus dem Kathodenmaterial durch den Separator in das Anodenmaterial. Sie lagern sich im Kohlenstoff ab. Beim Laden entsteht zusätzlich ein sauerstoffähnliches Material, was zu erheblichem Sauerstoffpotential führt. Je stärker der Akku geladen ist, desto mehr ist von diesem Material eingelagert. Bei geringerer Ladung ist entsprechend mehr Lithium in der Zelle enthalten.

Beim Benutzen des Akkus wird dieser entladen, der chemische Prozess wird umgekehrt und die Lithium-Ionen wandern wieder in das Kathodenmaterial. Die gespeicherte Energie wird also verbraucht. Die Materialien im Lithium-Ionen-Akku verschleißen während des wiederholten Ladens und Entladens nur minimal, sodass der Vorgang sich sehr häufig wiederholen lässt.

Bei beiden Prozessen können die Zellen sich erwärmen. Grob gilt dabei, dass bei einem Zustand mit unter 25 % Akkuladung keine Erwärmung der Zellen mehr stattfindet.

Gefahren durch Lithium-Ionen-Akkus

Trotz der signifikanten Vorteile hinsichtlich Gewicht und Größe haben Lithium-Ionen-Akkus auch Nachteile. Die Vorteile überwiegen zwar deutlich, dennoch müssen die Nachteile bekannt sein und im Umgang mit ihnen besonders berücksichtigt werden.

Von Lithium-Ionen-Akkus gehen deutliche Gefahren aus. Sie können explodieren, Brände auslösen, hochgiftige Stoffe freisetzen und elektrische Kurzschlüsse verursachen. Diese Gefahren sind erheblich und dürfen nicht ignoriert werden. Gäbe es ungefährliche leistungsstarke Alternativen für Lithium-Ionen-Akkus, so würde sehr sicher auf diese zurückgegriffen werden.

Um das Schadensrisiko der genannten Gefahren so gering wie möglich zu halten ist die wichtigste Voraussetzung, zu verstehen, was genau passieren kann, was genau dabei abläuft und wie man sich gegen die Folgen schützen kann. Jeder mögliche Schaden hat eine oder mehrere konkrete Ursachen. Auf viele davon hat der jeweilige Benutzer selbst den größten Einfluss.

Lithium-Ionen-Akkus sind sehr empfindlich. Schon kleinste Beschädigungen können große Schäden verursachen. Wird der Akku von außen erwärmt, kann es zu einer Instabilität zwischen Kathode und Anode kommen und eine Reaktion mit den Elektrolyten ausgelöst werden. Das dabei entstehende Gas sorgt für einen Überdruck im Inneren der Zelle, der sie zum Platzen bringt.

Ab etwa 80 °C Innentemperatur droht der Separator aus Kunststoff im Inneren der Zellen zu schmelzen. Dann kann er Kathode und Anode nicht weiter voneinander isolieren. Es kann zu einem internen Kurzschluss kommen und infolgedessen zu einer unkontrollierten Wärmeentwicklung. Mögliche Folgen sind Feuer, Brand, Rauch und Gasfreisetzung.

Bei mechanischer Überstrapazierung, wie bei einem Sturz, dem Durchschlagen mit einem Nagel oder einem gewaltsamen Öffnen, kann es zu einem internen Kurzschluss kommen, der im Inneren weitere Reaktionen und Schädigungen zur Folge haben kann. Das Lithium-Penta-Fluorid kann mit dem Wasser aus der Luftfeuchtigkeit reagieren und dann entsteht Flusssäure (HF). Diese ist ein sehr giftiger, ätzender, flüchtiger und farbloser Stoff mit stechendem Geruch. Sie kann bereits im Akku mit anderen Bestandteilen weiter reagieren, aber auch im entstehenden Rauch enthalten sein.

Bereits kleinste Risse in der Akku-Hülle können bei Dehnungsaktivitäten im Inneren des Akkus explosionsartig aufreißen und den Weg für hinausschießende Stichflammen öffnen.
Reagieren das Leitsalz mit dem Lösungsmittel, kann es zu einem Feuerball kommen. Von der Kathode geht die Gefahr aus, dass Nanopartikel oder Schwermetalle freigesetzt werden. Bei Aufladen eines Lithium-Ionen-Akkus entsteht im Inneren ein Stoff, der dem Sauerstoff sehr nahe ist. Kommt es zu einer chemischen Reaktion, kann Sauerstoff freigesetzt werden. Damit liefert der Akku selbst den Sauerstoff, der für einen Brand notwendig ist. Das Material ist damit stark brandfördernd und das Sauerstoffpotenzial ist mit höherem Ladezustand umso größer.

Sicher mit Lithium-Ionen-Akkus umgehen

Es gibt ein paar ganz grundsätzliche Regeln, wie sich die Gefahren, die von Lithium-Ionen-Akkus ausgehen können, deutlich reduzieren lassen. Sie stehen i.d.R. in den Anleitungen zu den Geräten mit Lithium-Ionen-Akkus. Wenn man die Wirkungsweise und Zusammensetzung der Akkus verstanden hat, prägen sich diese Handlungsempfehlungen erfahrungsgemäß viel leichter ein, weil die Zusammenhänge und der Sinn der einzelnen Empfehlungen klar werden. Um einen Lithium-Ionen-Akku möglichst lange und möglichst sicher verwenden zu können, gelten folgende Handlungsempfehlungen und Sicherheitsvorgaben:

  • Die Bedienungsanleitungen von Elektrogeräten sollten stets vollständig gelesen werden. Sie geben Auskunft über eingesetzte Akkus und die zu beachtenden Sicherheitsvorschriften.
  • Lithium-Ionen-Akkus sind von kleinen Kindern fernzuhalten. Vor allem unbemerkte Stürze lassen sich so verhindern.
  • Größere Kinder und sonstige Nutzer sollten im Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus geschult werden. Gerade bei inneren Beschädigungen kommt es leicht zu Fehleinschätzung der bestehenden Gefahren.
  • Für die jeweiligen Geräte sollen stets nur die Originalzubehör- und Originalersatzteile verwendet werden. Dies gilt insbesondere auch für Akku-Ladegeräte. Dadurch wird gewährleistet, dass die Maximalspannung beim Aufladen nicht überschritten wird.
  • Alle Lithium-Ionen-Akkus sollten regelmäßig auf Schäden und Risse geprüft werden. So lassen sich Gefahren durch bereits vorgeschädigte Akkus reduzieren.
  • Es sollen stets nur unbeschädigte Akkus verwendet werden. Sobald Schäden schon äußerlich sichtbar sind, können im Inneren weitere Schäden vorhanden sein und schnell chemische Prozesse gestartet werden.
  • Lithium-Ionen-Akkus sollen vor Stößen, Gewalteinwirkung, Hitze und unsachgemäßer Stromzufuhr geschützt werden. Sie sollen nur an sicheren Orten gelagert werden.
  • Lithium-Ionen-Akkus sollen nach einem Sturz, nach äußerer Gewalteinwirkung, nach Überhitzung und nach Überladung fachgerecht entsorgt und entsprechend ersetzt werden. Auch wenn sie äußerlich unbeschädigt wirken, können im Inneren bereits gravierende Vorschädigungen entstanden sein.
  • Ladegeräte sollten stets nur auf einer feuerfesten Unterlage betrieben werden. So wird ein möglicher kleiner Brand daran gehindert, sich weiter auszubreiten.
  • Bei Minusgraden und bei Extremtemperaturen darf ein Lithium-Ionen-Akku nicht aufgeladen werden. Die Umgebungstemperaturen können während einer Aufladung chemische Prozesse im Inneren auslösen.
  • Ein ausreichender Umkreis um das Ladegerät und um lagernde Akkus herum sollte frei sein von jeder Brandlast. Lithium-Ionen-Akkus können explodieren. Brennende und glimmende Teile können weit geschleudert werden und dabei Brände auslösen.
  • Beim Aufladen von Lithium-Ionen-Akkus ist stets darauf zu achten, dass diese während des Ladevorgangs beaufsichtigt werden. Mögliche Dehnungsprozesse oder Überhitzungen können auf diese Weise schneller festgestellt werden. Ein Brand kann dadurch möglicherweise verhindert werden.
  • Der Ladeort sollte so ausgewählt sein, dass brennende Akkus schnell nach draußen transportiert werden können. Die frei werdenden Gase werden im Freien rascher verdünnt.
  • Lithium-Ionen-Akkus unterliegen Gefahrgut-Vorschriften, so müssen z. B. Versandpakete mit Lithium-Ionen-Akkus entsprechend gekennzeichnet sein.

Was passiert im Fall der Fälle?

Kommt es trotz aller Vorsicht zu einem Schaden mit einem Lithium-Ionen-Akku, so gilt:

  • Die Batteriezellen können sich bis zwischen 800 °C und 1.000 °C erhitzen.
  • Der Vorgang des Durchbrennens lässt sich praktisch nicht unterbrechen.
  • Ein Übergreifen des Durchbrennens auf benachbarte Akkuzellen innerhalb eines Moduls kann durch ausreichende Abkühlung verhindert werden.
  • Die geeignetsten Löschmittel sind aufgrund ihres Kühlungseffekts Wasser, Wasser mit Gelbildner und Löschschaum.
  • In der Nähe des Brandherdes und bei Rauchentwicklung muss Atemschutz mit Pressluft getragen werden.
  • Die Kleidung, die in die Nähe der Schadensstelle kam, muss entsprechend gereinigt werden.

Arbeitsschutz und Lithium-Ionen-Akkus

Der richtige Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus ist im Rahmen des Arbeitsschutzes nicht nur für Händler ein wichtiger Schulungsinhalt, die mit Geräten mit diesen Akkus handeln, sondern für alle Betriebe, die Lithium-Ionen-Akkus im Einsatz haben.
Durch die weite Verbreitung dieser Technik und die vergleichsweise seltenen Schadensmeldungen kann leicht der Eindruck entstehen, Lithium-Ionen-Akkus seien nicht so gefährlich.


Schlagworte zum Thema:  Brandschutz, Gefährdungsbeurteilung, Gefahrstoff