Zusammenfassung
Alleinarbeit ist eine Tätigkeit, die von einer Person allein außerhalb Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen ausgeführt wird. Sie kommt fast überall vor, auch temporär. Alleinarbeit löst an sich noch keine Abfolge von Schutzmechanismen aus. Es kommt auf die betrieblichen Umgebungsbedingungen an, einschließlich des vorhandenen Gefährdungspotenzials. Alleinarbeit nimmt durch zunehmende Rationalisierung und Digitalisierung zu.
Wichtig ist es, die betreffenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rechtzeitig in die Überlegungen zu geplanter Alleinarbeit einzubeziehen. Denn schlussendlich sind es die Mitarbeiter, die mit der Arbeitssituation verlässlich umgehen und dabei ihre Arbeitsaufgabe zufriedenstellend erledigen müssen.
Die Begriffe Alleinarbeit und Einzelarbeit werden im vorliegenden Beitrag als gleichwertig betrachtet.
Das staatliche Arbeitsschutzrecht enthält aktuell nur punktuelle Regelungen zur Alleinarbeit. Deshalb ist im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach ArbSchG der Alleinarbeit ein gesondertes Augenmerk zu schenken. Ebenfalls anzuwenden sind unter dem Aspekt der Hilfe im Notfall § 10 ArbSchG und § 4 Abs. 5 ArbStättV sowie die ASR A4.3 "Erste-Hilfe-Räume, Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe".
Im berufsgenossenschaftlichen Regelwerk fordert § 8 DGUV-V 1, dass bei Durchführung einer gefährlichen Arbeit durch eine Person der Unternehmer über die allgemeinen Schutzmaßnahmen hinaus für geeignete technische oder organisatorische Personenschutzmaßnahmen sorgen muss.
Konkretisierungen enthalten die
1 Gefahren bei der Alleinarbeit
1.1 Was ist Alleinarbeit?
Alleinarbeit ist eine Tätigkeit, die eine Person allein ausführt und bei der keine andere Person in der Nähe ist oder regelmäßig vorbeikommt.
Ein Alleinarbeitsplatz
- ist räumlich von anderen Arbeitsplätzen abgetrennt,
- kann stationär oder mobil sein,
- kann ein Arbeitsplatz mit oder ohne erhöhte Unfallgefährdung sein.
Alleinarbeit kommt häufig in der Praxis vor, z. B.:
- Arbeiten in automatisierten Produktionsabläufen,
- Instandhaltungs-, Reinigungs-, Wartungs- oder Kontrollarbeiten,
- Arbeiten außerhalb der üblichen Kernarbeitszeit (Überstunden, Schicht-, Sonn- oder Feiertagsarbeit),
- Berufskraftfahrer, Lokführer, Straßenbahnfahrer,
- Maschinenführer, z. B. Bagger, Turmdrehkran, Radlader, Raupen, Landwirtschaftsmaschinen,
- Schornsteinfeger,
- Förster,
- Außendienst, z. B. Monteur im Kundendienst,
- Hausmeister,
- Straßenreinigung, Winterdienst,
- mobiler Pflegedienst,
- Lehrer, Dozent,
- Wachschutz.
Alleinarbeit lässt sich auch hinsichtlich möglicher Konsequenzen charakterisieren: sie liegt vor, wenn einer allein arbeitenden Person in einem Notfall nicht unverzüglich Hilfe geleistet werden kann. Ein Notfall oder eine kritische Situation können entstehen durch
- einen Unfall,
- eine plötzliche Erkrankung,
- Einwirken von Gefahrstoffen,
- psychische Belastungen,
- einen Überfall.
Alleinarbeit an Arbeitsplätzen mit erhöhter Unfallgefahr liegt vor, wenn die allein arbeitende Person außerhalb der Ruf- und Sichtweite ("und"-Verknüpfung beachten!) anderer Personen arbeitet. Folglich handelt es sich nicht mehr um Alleinarbeit, wenn sich eine andere Person
- in Ruf- und Sichtweite,
- in Ruf-, aber nicht in Sichtweite,
- in Sicht-, aber nicht in Rufweite
befindet.
Die "andere Person" ist in den veröffentlichten Informationsschriften zu Alleinarbeit nicht näher beschrieben. Ob es sich dabei um Beschäftigte handelt, ist für den Arbeitgeber aber von Bedeutung. Betriebsfremde Dritte, wie Kunden, Besucher, Gäste können zweifellos nicht als Helfer in einem Konzept zum Schutz eigener Beschäftigter bei Alleinarbeit eingeplant werden. Anderseits müssen Fahrgäste in Bussen helfen, wenn dem Busfahrer etwas zustößt. Das Strafgesetzbuch bedroht den mit Strafe, der bei Unglücksfällen nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten ist.
Auch sollten Arbeitgeber die in ihrem Betrieb allein tätig werdenden Personen von Fremdfirmen im Blick haben. Diese sind oftmals über den Tag verteilt bei mehreren Kunden unterwegs. Passiert ihnen etwas, fällt das kaum auf.
1.2 Risiken der Alleinarbeit
Alleinarbeit ist grundsätzlich erlaubt, soweit es nicht durch spezielle Regelungen untersagt ist. Daher löst Alleinarbeit nicht automatisch Überwachungsmaßnahmen aus. Wäre dies der Fall, müsste dies auch für Büroarbeitsplätze in Einzelräumen gelten.
Die in Alleinarbeit ausgeübten Tätigkeiten müssen nicht gefährlicher sein, als wenn sie in Gruppen ausgeführt werden. Es sind die gleichen Gefährdungen vorhanden. Allerdings ist im Falle eines Notfalls niemand in der Nähe, der diesen bemerkt und selbst helfen oder Hilfe herbeirufen kann.
Auch wenn es sich um Tätigkeiten mit geringen, alltäglichen Gefahren handelt und das allgemeine Lebensrisiko angenommen werden kann, sollte der Arbeitgeber im Rahmen der allgemeinen Fürsorgepflicht das Thema Alleinarbeit in seinem Betrieb einer Prüfung unterziehen, indem Alleinar...