[Vorspann]
Die Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) geben den Stand der Arbeitsmedizin und sonstige gesicherte arbeitsmedizinische Erkenntnisse wieder. Sie werden vom
Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed)
ermittelt oder angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben.
Diese AMR konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen des § 5 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 3 Absatz 2 Nummer 4 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Bei Einhaltung der AMR kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen. Der Arzt oder die Ärztin im Sinne des § 7 ArbMedVV hat diese AMR als dem Stand der Arbeitsmedizin entsprechende Regel zu berücksichtigen (§ 6 Absatz 1 Satz 1 ArbMedVV).
1. Vorbemerkungen und Zielsetzung
(1) Arbeitgeber haben Beschäftigten nach § 5 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 3 Absatz 2 Nummer 4 ArbMedVV vor Aufnahme der Tätigkeit und anschließend in regelmäßigen Abständen arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten bei Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen, die mit Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System verbunden sind durch
a) |
Lastenhandhabung beim Heben, Halten, Tragen, Ziehen oder Schieben von Lasten, |
b) |
repetitive manuelle Tätigkeiten oder |
c) |
Arbeiten in erzwungenen Körperhaltungen im Knien, in langdauerndem Rumpfbeugen oder -drehen oder in vergleichbaren Zwangshaltungen. |
(2) Liegt nach fachkundiger Beratung oder nach Durchführung eines Grobscreenings (siehe Abschnitt 4.1) offenkundig keine wesentlich erhöhte oder hohe körperliche Belastung vor, ist eine weitere Prüfung nach dieser AMR nicht notwendig. Beschäftigten muss Wunschvorsorge ermöglicht werden, da körperliche Überbeanspruchung im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden kann.
(3) Diese AMR konkretisiert, wann in den Fällen von Absatz 1 Buchstabe a bis c wesentlich erhöhte körperliche Belastungen anzunehmen sind, die zu einer gesundheitlichen Gefährdung für das Muskel-Skelett-System fuhren können.
(4) Die Fristen für die Angebotsvorsorge sind in der AMR 2.1 konkretisiert.
2. Begriffsbestimmungen
2.1 Wesentlich höhere Belastungen
(1) Körperliche Arbeitsbelastungen erfordern das Aufbringen von Muskelkräften zur Erfüllung einer Arbeitsaufgabe. Unter bestimmten Bedingungen können aus beruflichen Tätigkeiten erhöhte körperliche Belastungen resultieren und abhängig von Intensität und Dauer der Einwirkung zu arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System führen. Die Belastungshöhe bzw. die Intensität und Dauer der unterschiedlichen Arten körperlicher Belastung stehen in direktem Zusammenhang zur Wahrscheinlichkeit körperlicher Überbeanspruchung und dem Risiko für das Auftreten unerwünschter gesundheitlicher Folgen. Nach der Intensität und Dauer der körperlichen Belastungen werden daher aufsteigend vier Risikobereiche mit geringer, mäßig erhöhter, wesentlich erhöhter und hoher Belastungshöhe differenziert [15, 17]. Abzugrenzen sind Arbeitssituationen, in denen die jeweilige Belastungsart generell nicht auftritt.
(2) Wesentlich erhöhte körperliche Belastungen im Sinne dieser AMR umfassen die beiden Risikobereiche "wesentlich erhöhte" und "hohe" körperliche Belastungen (siehe Anhang):
- Risikobereich 3: Wesentlich erhöhte Belastungen beinhalten dauerhafte oder regelmäßig wiederkehrende Belastungen am Arbeitsplatz, die zu einer körperlichen Überbeanspruchung mit der Folge von Beschwerden (Schmerzen) und meist reversiblen Funktionsstörungen am Muskel-Skelett-System, jedoch ohne morphologische Manifestation, führen können.
- Risikobereich 4: Unter hohen körperlichen Belastungen ist körperliche Überbeanspruchung wahrscheinlich. Stark ausgeprägte Beschwerden und Funktionsstörungen, aber auch Strukturschäden mit Krankheitswert sind kurz- und langfristig möglich.
(3) Kriterien für wesentlich erhöhte und hohe körperliche Belastungen bei den zutreffenden Belastungsarten sind in Abschnitt 4.2 dargestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Höhe der Belastungen bei den meisten Tätigkeiten innerhalb der Arbeitsschicht und zwischen den Schichten wechseln kann.
2.2 Körperliche Belastungsarten
[Vorspann]
Zu körperlichen Belastungsarten im Sinne dieser AMR gehören [17]:
- - Manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten, - Manuelles Ziehen und Schieben von Lasten,
- - Manuelle Arbeitsprozesse,
- - Ganzkörperkrfte und
- - Körperzwangshaltungen.
Diese Belastungsarten werden in 2.2.1 bis 2.2.3 den drei im Anhang Teil 3 Absatz 2 Nummer 4 ArbMedVV genannten Vorsorgeanlässen zugeordnet.
2.2.1 Lastenhandhabung
(1) Lastenhandhabung im Sinne von Anhang Teil 3 Absatz 2 Nummer 4 ArbMedVV ist manuelle Lastenhandhabung.
(2) Manuelle Lastenhandhabung ist jedes Befördern oder Abstützen einer Last ab 3 k durch menschliche Kraft. Dazu gehört das Heben, Halten, Tragen, Ziehen oder Schieben einer Last und vergleichbare Belastungen. Bei der Verwendung von Hebehilfen oder bei der ...