Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
In Unternehmen, deren Geschäftssprache nicht deutsch ist, kann selbstverständlich nicht davon ausgegangen werden, dass alle Mitarbeiter deutsch sprechen bzw. verstehen. Es steht außer Frage, dass sicherheitsbezogene Informationen wie Betriebsanweisungen und Unterweisungen so zu erfolgen haben, dass jeder Beschäftigte sie verstehen kann. In der Niederlassung eines ausländischen Unternehmens kann das in der Geschäftssprache erfolgen, was in der Praxis keine Probleme aufwerfen dürfte.
Wenn darüber hinaus Führungskräfte nicht deutschsprachig sind, wird es zur wesentlichen Frage, in welcher Sprache Arbeits- und Gesundheitsschutz im Unternehmen generell betrieben wird. Weil Arbeitsschutz Führungssache ist und sein muss, damit effektiv gearbeitet werden kann, müssen Führungskräfte in der Lage sein, das System zu verstehen, Dokumente zu lesen und an den erforderlichen Kommunkationsprozessen teilzunehmen. Andererseits muss die externe Kommunikation in Sachen Arbeitsschutz in deutsch erfolgen, der Geschäftssprache von Berufsgenossenschaften und staatlicher Arbeitsschutzaufsicht. Es gibt also eine Schnittstelle, an der übersetzt werden muss, und es gilt bewusst zu entscheiden, wo diese liegen soll.
Sprachbarrieren in der Hierarchie vermeiden
Für nicht deutschsprachige Führungskräfte ist der Wunsch naheliegend, die gesamte Abwicklung des als unübersichtlich und wenig nachvollziehbar empfundenen deutschen Arbeitsschutzsystems deutschen Mitarbeitern zu übertragen, von denen in diesem Fall erwartet wird, dass sie jegliche mögliche "Betriebsstörung" aus diesem Bereich erfolgreich abwehren bzw. beheben. Auch für die deutschsprachige Seite ist eine solche Arbeitsteilung zunächst praktisch, weil der Kontakt mit Aufsichtsbehörden auf deutsch abläuft und Dokumentationen sowie die gängigen Arbeits- und Infomaterialien z. B. der Berufsgenossenschaften meist nicht in der nicht-deutschen Geschäftssprache des Unternehmens vorliegen.
Jedoch ist eine solche Organisationsstruktur nicht nachhaltig und gerät unweigerlich an ihre Grenzen, sobald Arbeitsschutzerfordernisse in laufenden Prozessen mehr als nur am Rande eine Rolle spielen müssen – eigentlich also immer! Anlassbezogen muss über Arbeitsschutzfragen auf jeder Ebene der Hierarchie – also ggf. auch innerhalb des nicht-deutschsprachigen Managements eines internationalen Unternehmens – entschieden werden, und das geht nur, wenn ein Mindestmaß an Akzeptanz und Kenntnis der Spielregeln bei allen Führungskräften vorhanden ist. Daher muss sichergestellt sein, dass wesentliche Entscheidungen, die im Arbeitsschutzausschuss zu treffen sind, auf allen Ebenen kommuniziert werden und Rückmeldungen über Abweichungen und Probleme alle Verantwortlichen erreichen. Es spricht also viel dafür, den gesamten internen Arbeitsschutzprozess in der Geschäftssprache abzuwickeln, um hier Sprachbarrieren zu vermeiden.
Englisch ist mit Abstand die am weitesten verbreitete Geschäftssprache in Niederlassungen internationaler Unternehmen in Deutschland. Dementsprechend sind einige wichtige Arbeitsschutzvorgaben und -informationen auf Englisch verfügbar. Gemessen am Gesamtaufkommen von Arbeitsschutzmedien hierzulande sind das jedoch nur verschwindend wenige. Insgesamt ist der "Markt" für englischsprachige Dokumente und Materialien zum deutschen Arbeitsschutzsystem aller Internationalisierung zum Trotz so gering, dass sich nur langsam eine Nomenklatur typisch deutscher Arbeitsschutzbegriffe herausgebildet hat.
Gängige Begriffe sind (aus den englischen Versionen von DGUV Vorschrift 1 und ArbSchG):
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung |
German Social Accident Insurance |
Gefährdungsbeurteilung |
Assessment of the conditions of work |
Unterweisung |
Instruction, training |
Fachkraft für Arbeitssicherheit |
OSH professional |
Betriebsarzt |
Occupational physiscian |
Sicherheitsbeauftragter |
Safety delegate |
Arbeitsmedizinische Vorsorge |
Occupational health care |
Für das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) gibt es keine offizielle Übersetzung. Hier bietet sich z. B. der Begriff "Safety committee" für Arbeitsschutzausschuss an.
Achtung Missverständnisse
Noch eher als im Deutschen ist es in der Geschäftssprache Englisch wichtig darauf zu achten, dass englische Begriffe für spezifisch deutsche Funktionen richtig verwendet und nicht durcheinandergebracht werden. In internationalen Unternehmen ist z. B. die Funktion eines Health and Safety Managers die am meisten bekannte. Seine Aufgaben sind mit denen der Fachkraft für Arbeitssicherheit vergleichbar, er ist aber in internationalen Konzernen oft mit einer gewissen Weisungsbefugnis ausgestattet und wird nicht vorrangig nur als Berater des Unternehmers bzw. der Führungskräfte verstanden.
Die Funktion des Sicherheitsbeauftragten (Safety delegate) ohne Weisungsbefugnis und ohne spezifische Verantwortung ist im internationalen Bereich eher unbekannt und muss gründlich erläutert werden, damit es nicht zu Missverständnissen und Verwechslungen kommt.
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