Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Eine gute Organisationsstruktur ist in internationalen Unternehmen besonders wichtig, um trotz möglicher struktureller, unternehmenskultureller oder sprachlicher Unterschiede Arbeitsschutzprozesse praktikabel und für alle nachvollziehbar abzubilden. Die verbindlich vorgegebenen Funktionen und Strukturen müssen abgedeckt sein, auch wenn die Bezeichnungen und Besetzungen vielleicht aufgrund der Besonderheiten internationaler Unternehmen im Detail etwas abweichen können. Dazu gehören:
- Beauftragte Person, die die Organisationspflichten des Arbeitgebers in Sachen Sicherheit und Gesundheit übernimmt,
- Arbeitsschutzausschuss,
- Fachkraft für Arbeitssicherheit,
- Betriebsarzt,
- Sicherheitsbeauftragte,
- Betriebsratsmitglieder, die im Arbeitsschutz mitwirken,
- Ersthelfer,
- Brandschutzhelfer.
Pflichtenübertragung in internationalen Unternehmen
Besonders in Unternehmen, deren Geschäftssprache nicht deutsch ist bzw. die einen stark abweichenden unternehmenskulturellen Hintergrund haben, sollte sehr darauf geachtet werden, dass Führungskräfte nach ihren Möglichkeiten in Arbeitschutzverantwortung eingebunden werden bzw. bleiben, damit der Unternehmensarbeitsschutz auf lokaler Ebene effektiv und realitätsnah gestaltet werden kann. Dazu sind neben einer guten internen Kommunikation eine schriftliche Pflichtenübertragung und entsprechende Schulungen hilfreich, damit längerfristig alle an einem Strang ziehen.
Wegen möglicher sprachlicher und kultureller Barrieren kommt ergänzend dazu dem Beauftragten der Unternehmensleitung, der die organisatorischen Pflichten im Arbeitsschutz abdeckt, eine besondere Bedeutung zu. Meist handelt es sich dabei um einen deutschsprachigen Mitarbeiter, der alle externen Arbeitsschutzkontakte zu Aufsichtsbehörden und Fremdfirmen regelt, Arbeitsschutzausschusssitzungen, Unterweisungen, Vorsorgetermine, Erst- und Brandschutzhelferschulungen usw. organisiert – Aufgaben, die ein ausländisches Firmenmanagement noch viel weniger als ein deutsches persönlich vornehmen wird. Diese Funktion stellt eine wichtige Schnittstelle zwischen der Konzern- und der deutschen Arbeitswelt dar und sollte sich in beiden Bereichen gut auskennen. Es kann sich dabei sowohl um einen professionellen Arbeitsschutzexperten oder auch einen Mitarbeiter aus der Unternehmensorganisation handeln. Eine schriftliche Pflichtenübertragung erleichtert auch hier die Transparenz und Rollenzuweisung. Die Pflichtenübertragung sollte in diesem besonderen Fall deutlich machen, dass es sich hier wirklich nur um die Übernahme organisatorischer und nicht etwa sämtlicher unternehmerischer Arbeitsschutzpflichten handelt.
i. d. R. arbeiten internationale Unternehmen sehr strukturiert. Ein gut strukturierter lokaler Arbeitsschutzansatz weckt daher Vertrauen und erleichtert die Zusammenarbeit mit den internationalen Kräften, die durch die gewachsenen Besonderheiten des deutschen Systems, besonders von der parallelen Arbeit von gesetzlichen Unfallversicherungsträgern und staatlicher Arbeitsschutzaufsicht, gelegentlich irritiert sind.
Wie immer sind danach die besonders wesentlichen Anforderungen im Arbeitsschutz umzusetzen wie:
- Gefährdungsbeurteilung,
- Unterweisung,
- arbeitsmedizinische Vorsorge,
- ggf. Gefahrstoffmanagement, Betriebssicherheits-, Brandschutzfragen usw.
Alle diese Grundbausteine sind internationalen Unternehmen in aller Regel gut vertraut, sodass es vor allem darauf ankommt. konzerneigene Strukturen, Vorstellungen und Ziele mit den lokalen Gegebenheiten und Anforderungen in Einklang zu bringen, was i. d. R. kein sehr großes Problem darstellt.
Unterweisungskultur
Besonders der Bereich Unterweisung (instruction, training) hat in vielen internationalen Unternehmen einen hohen Bekanntheitsgrad und Stellenwert. Das fördert zwar zunächst die Akzeptanz und Durchsetzbarkeit, bedeutet allerdings nicht automatisch, dass damit ein umfassender Kompetenzerwerb einhergeht. Manchmal führen gut ausgebaute und standardisierte Unterweisungssysteme auch zu einer gewissen Übersättigung, die sich z. B. darin äußern kann, dass es unternehmensintern nicht als Problem angesehen wird, wenn Teilnehmer ein "training" in einem offensichtlichen Ruhezustand mit geschlossen Augen absolvieren. Das ist besonders in Unternehmenskulturen zu beobachten, in denen es nicht üblich ist, Probleme und Schwierigkeiten offen zu kommunizieren – ein Anspruch, den eine Unterweisung nach deutscher Vorstellung durchaus haben sollte.
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Dass arbeitsmedizinische Untersuchungen erforderlich sein können, ist für Mitarbeiter internationaler Unternehmen i. d. R. vertraut und stellt daher kein Problem dar. Das System von Angebots- und Pflichtvorsorgen ist allerdings landesspezifisch und bringt Erläuterungsbedarf mit sich. Es ist davon auszugehen, dass ausländische Beschäftigte noch eher als deutsche bei einem vom Arbeitgeber organisierten Einsatz des Arbeitsmediziners zunächst immer von einer Pflichtuntersuchung ausgehen und auf die Freiwilligkeit von Angebotsvors...