Die Grundpflichten des Arbeitgebers werden im Gesetz durch die vom Arbeitgeber zu beachtenden allgemeinen Grundsätze konkretisiert (§ 4 ArbSchG).
4.3.1 Arbeitsgestaltung
Der Arbeitgeber muss Arbeit so gestalten, "dass eine Gefährdung für Leben und physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird" (§ 4 Nr. 1 ArbSchG). Die Definition der Gesundheitsgefährdung als "physische und psychische" erfolgte durch den Gesetzgeber mit Wirkung zum 25.10.2013 im Wege einer Klarstellung. Bereits zuvor ist man davon ausgegangen, dass auch die psychische Gesundheit vom Schutzzweck des ArbSchG umfasst ist.
Gefährdung
Der Begriff "Gefährdung" erfasst im Gegensatz zur "Gefahr" bereits die bloße Möglichkeit eines (Gesundheits-)Schadens. Das notwendige Maß der Schadenswahrscheinlichkeit kann dabei also viel geringer sein. Letztlich entscheidend ist unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Schwere möglicher Folgen bei den Beschäftigten.
4.3.2 Bekämpfung der Gefahr an der Quelle
Der Arbeitgeber muss Gefahren an ihrer Quelle bekämpfen (§ 4 Nr. 2 ArbSchG). Auch insoweit betont das Gesetz den Grundsatz der Prävention. Erforderlich sind eine vorausschauende Bewertung potenzieller Gefährdungen und Belastungen sowie die aus deren Ergebnis resultierende Entwicklung und Verhinderungs- und Beseitigungsmaßnahmen. In den Fällen, in denen eine Gefahrenquelle nicht grundsätzlich vermieden werden kann, z. B. beim mit Risiken verbundenen Betrieb einer Maschine, müssen entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, z. B. durch Anbringen von Schutzeinrichtungen.
4.3.3 Berücksichtigung des Stands der Technik und arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse
Der Arbeitgeber muss den aktuellen Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie der sonstigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigen (§ 4 Nr. 3 ArbSchG). Unter dem "Stand der Technik" versteht man allgemein den Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Erreichung des jeweils vorgegebenen Sicherheits- oder Schutzziels als gesichert erscheinen lässt. Einer allgemeinen praktischen Erprobung oder gar Bewährung oder Anerkennung bedarf es also nicht. Gleiches gilt für den Stand der Arbeitsmedizin und Hygiene.
Zu den "sonstigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen" gehören z. B. Gestaltungsrichtlinien, die in Fachkreisen überwiegend als geeignet angesehen werden, um das jeweilige Ziel zu erreichen. Allerdings muss deren Anwendung zweckmäßig und mit angemessenen Mitteln durchführbar sein. Dies kann z. B. bei DIN-Normen oder Sicherheitsregeln der Berufsgenossenschaften angenommen werden.
4.3.4 Planung von Arbeitsschutzmaßnahmen
Der Arbeitgeber muss Arbeitsschutzmaßnahmen mit dem Ziel planen, "Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen" (§ 4 Nr. 4 ArbSchG). Das bedeutet, dass eine rein technische Ausrichtung von Arbeitsschutzmaßnahmen nicht ausreicht. Vielmehr sind die denkbaren Wechselwirkungen zu beachten, z. B. von Bildschirmarbeit (= tätigkeitsspezifische Belastung), Lichtschwankungen (= Arbeitsumwelt) und Schichtarbeit (= Arbeitsorganisation).
4.3.5 Nachrang individueller Schutzmaßnahmen
Individuelle Schutzmaßnahmen sind gegenüber anderen (objektiven) Maßnahmen nachrangig (§ 4 Nr. 5 ArbSchG).
Nachrang individueller Schutzmaßnahmen
Der Einsatz von Atemschutzmasken, Gehörschutz und Körperschutzcremes ist nachrangig gegenüber präventiven baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen, die das Auftreten giftiger Dämpfe, von Lärm oder von hautschädigenden Immissionen verhindern.
4.3.6 Besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen
Der Arbeitgeber muss bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes spezielle Gefahren für "besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen" berücksichtigen (§ 4 Nr. 6 ArbSchG).
Besonders schutzbedürftige Personengruppen
Besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind z. B. Jugendliche, schwangere Frauen, stillende Mütter und behinderte Beschäftigte, aber auch ältere Beschäftigte.
4.3.7 Geeignete Anweisungen
Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes geeignete Anweisungen erteilen, damit diese ausreichend vor Unfall- und Gesundheitsgefahren geschützt sind (§ 4 Nr. 7 ArbSchG).
Unterweisung
§ 12 ArbSchG ("Unterweisung") enthält konkretisierende Regelungen: "Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen. Die Unterweisung umfasst Anweisungen und Erläuterungen, die eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind. Die Unterweisung muss bei der Einstellung, bei Veränderungen im Aufgabenbereich, der Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen, an die Gefährdungsentwicklung angepasst sein und erforderlichenfalls regelmäßig wiederholt werden."
4.3.8 Keine geschlechtsspezifischen Differenzierungen
Mittelbar oder unmittelbar geschlechtsspezifisch wirkende Regelungen sind nur zulässig, wenn dies aus biologischen Gründen zwingend geboten ist (§ 4 Nr. 8 ArbSchG). Damit so...