Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse berichtet. Die nachfolgende Zusammenfassung enthält keine Einzelnachweise, da sich der Beitrag sonst unnötig aufblähen würde. Die zugrundeliegenden Studien können im Online-Dokument eingesehen werden.
4.1.1 Zusammenhänge zwischen Überwachung und Leistung
Leistung ist eine zentrale Variable im Zusammenhang mit Überwachung. Im Review zeigte sich eine heterogene Befundlage: bei Überwachung konnten sowohl Leistungssteigerungen als auch Leistungsminderungen der Beschäftigten festgestellt werden. Einige Studien zeigten keine signifikanten Effekte. Dies sei, so Backhaus, sicherlich auch der meta-analytischen Vorgehensweise geschuldet.
2 interessante Aspekte in Bezug auf die Überwachungswirkung sind zu berichten:
- Einfluss der Aufgabenkomplexität: die Erledigung einfacher Aufgaben werden durch Überwachung begünstigt, bei der Bearbeitung von schwierigen Aufgaben wirkt sich Überwachung negativ aus.
- Einzelüberwachung versus Gruppenüberwachung: Leistungssteigerungen waren bei Einzelüberwachung zu verzeichnen. Dies wird mit dem Aspekt des "sozialen Faulenzens" (social loafing) erklärt, was bedeutet, dass man sich auf Team-Kollegen bei der Bearbeitung von Aufgaben verlässt und selbst weniger Leistung einbringt.
Soziales Faulenzen und soziale Erleichterung
Die Theorie des sozialen Faulenzens (social loafing) beschreibt das sozialpsychologisch begründete Phänomen des Leistungsrückgangs von Personen in einer Gruppe, wenn die Einzelleistung nicht unmittelbar überwacht und zur Beurteilung herangezogen wird. Ist der Beitrag der Einzelleistung nicht eindeutig zu identifizieren, reduzieren Personen ihre Anstrengung (Ringelmann-Effekt).
Das gegenteilige Phänomen beschreibt die Theorie der sozialen Erleichterung (Social Facilitation). Diese besagt, dass die bloße Anwesenheit Dritter eine Leistungssteigerung bewirkt. Dies gilt aber überwiegend nur bei einfachen Aufgaben, bei schweren Aufgaben kann der entgegengesetzte Effekt eintreten: die Leistung sinkt durch die Anwesenheit anderer Personen, weil man sich beobachtet glaubt, Angst hat, sich zu blamieren oder Fehler zu machen.
4.1.2 Zusammenhänge zwischen Überwachung und Stresserleben, Belastung und Beanspruchung
Auch in Hinblick auf das Stresserleben sind die Ergebnisse heterogen. Teilweise werden Effekte gefunden, teilweise nicht. Quasiexperimentelle Befunde (Untersuchung natürlicher Gruppen ohne gezielte und systematische Zuordnung von Versuchspersonen) zeigten, dass sich überwachte Personen stärker gestresst und negativ beansprucht fühlten als nicht überwachte Personen. Individuelle Überwachung wird als stressiger erlebt als Gruppenüberwachung.
4.1.3 Zusammenhänge zwischen Überwachung und Kontrollerleben
Die Studien zeigen: je höher das Ausmaß der Überwachung, desto stärker das Erleben von Kontrollverlust. Videoüberwachung zeigt keine signifikanten Zusammenhänge. Das Kontrollerleben wird erhöht, wenn Beschäftigte Einfluss auf die Überwachung haben, sei es durch die Beeinflussung der Resultate, sei es durch die vorübergehende Abschaltung der Überwachung.
4.1.4 Zusammenhänge zwischen Überwachung und Arbeitsmotivation und -zufriedenheit
Auch bei der Auswirkung von Überwachung auf die Arbeitsmotivation zeigen sich heterogene Befunde: festgestellt wurden förderliche, hinderliche oder gar keine Effekte. Weitere Dritteinflüsse auf die Akzeptanz von Überwachungssystemen sind: das Vertrauen in die Organisation, das individuelle Bedürfnis nach Struktur sowie die Wahrnehmung der Überwachung als gerecht (= nachvollziehbar). Ist dies gegeben, wirkt sich Überwachung nicht negativ auf die Arbeitszufriedenheit aus.
4.1.5 Zusammenhänge zwischen Überwachung und Vertrauen
Die wenigen Studien, die diesen Zusammenhang untersuchen, zeigen konsistent negative Zusammenhänge zwischen Vertrauen seitens der Arbeitgeber und Führungsverantwortlichen in die Beschäftigten und Überwachung und die Intensität der Überwachung. Das heißt: je geringer das Vertrauen in die Beschäftigten, desto höher der Grad und das Ausmaß der Überwachung.
Dies gilt auch im umgekehrten Sinn: Je geringer das Vertrauen der Beschäftigten in das Unternehmen, desto negativer wird die Überwachungsintensität wahrgenommen. Dieser Zusammenhang ist bei Arbeitern deutlich ausgeprägter als bei Angestellten. Anmerkung: Die Unterscheidung Arbeiter und Angestellte existiert seit der Zusammenlegung der Rentenversicherungen 2005 nicht mehr. Arbeiter und Arbeitnehmer arbeiten nicht mehr nur ausschließlich körperlich, deshalb ist diese Differenzierung auch nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht mehr zulässig.
4.1.6 Zusammenhänge zwischen Überwachung und Gerechtigkeit
Eine wichtige Moderatorvariable ist die wahrgenommene Gerechtigkeit der Überwachung: wird die Überwachung als gerecht wahrgenommen, wird sie eher von den Beschäftigten akzeptiert und hat weniger negative Effekte auf die Motivation, Zufriedenheit und das Verhalten der Beschäftigten.
4.1.7 Zusammenhänge zwischen Überwachung und Commitment bzw. Verhalten gegenüber der Organisation und den Führungsverantwortlichen
Ein hohes Überwachungsausmaß und eine negative Einstellung zur Überwachung führt häufiger zu kontraproduktivem und aggressivem Verhalten gegenüber der Organisation und den Führungsverantwortlichen, wie Absentismus, Unterminierung des Vorgesetzten, Kritik an der Organisation und Arbeiten mit reduzierter Anstrengung. Bei einer von Misstrauen oder Mangel an Vertrauen geprägten Arbeitskultur hat die Einführung eines Überwachungssystems deutlich stärkere negati...