Orientiert man sich eng am Strafgesetzbuch (§ 241 StGB), so gilt als Bedrohung jede ernsthafte Drohung mit einer schwerwiegenden Tat gegenüber dem Opfer. Gemeint sind schwere Verbrechen im juristischen Sinn, wie Körperverletzung, Tötungsdelikte, Sexualdelikte oder auch Raubüberfälle. Im alltäglichen Sprachgebrauch verbergen sich jedoch eine Vielzahl weiterer Bedeutungen hinter dem Begriff der Bedrohung. Vorfälle wie Beschimpfungen, sogenannte verbale Aggressionen, Randale oder schwere körperliche Übergriffe werden häufig mit dem Gefühl der Bedrohung in Verbindung gebracht. Was aber kann getan werden, wenn ein Notfall eintritt, wenn ein Beschäftigter Opfer von Bedrohungen wird? Hier gilt es im Ernstfall schnell und strukturiert zu reagieren. Wer ist bei welchem Vorfall in welcher Reihenfolge zu benachrichtigen? Was geschieht mit dem betroffenen Mitarbeiter? Gibt es ein Nachsorgekonzept?
Mindestens genauso wichtig zu wissen, wie im Ernstfall zu handeln ist, ist die Prävention, also der Schutz vor Übergriffen. Welche Strategien und Handlungsoptionen haben Sie als Unternehmer?
Die folgenden Ausführungen werden Ihnen verschiedene Maßnahmen vorstellen, die Ihnen helfen können, das Risiko von Bedrohungen zu minimieren und die Sicherheitslage in Ihrem Unternehmen zu optimieren sowie das Sicherheitsgefühl Ihrer Mitarbeiter zu verbessern. Um einen optimalen Überblick über mögliche Handlungsfelder zu gewährleisten, sind die Maßnahmen nach dem TOP-Modell (Technik, Organisation, Person) strukturiert.
Die Ergebnisse aus dem abba-Projekt haben gezeigt, dass es je nach Unternehmen verschiedene Umsetzungsstrategien gibt. Jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, welche Maßnahmen für die eigene Einrichtung sinnvoll und notwendig sind. So haben beispielsweise einige Jobcenter die Frage des Einsatzes eines Sicherheitsdienstes heftig diskutiert. Haupterkenntnis war, dass es die einen aufgrund der strukturellen Gegebenheiten im Haus für notwendig und sinnvoll erachtet haben und andere wiederum nicht. Zu beachten ist allerdings, dass grundlegende Elemente des Arbeitsschutzes und der Prävention auch bei aller Handlungsfreiheit notwendigerweise umgesetzt werden müssen. So ist es unter anderem unabdingbar, ein Notfallkonzept vorliegen zu haben, welches für den Notfall regelt, wer wie zu handeln hat.
Situationsbeschreibung: Übergriff in einem Jobcenter
Die Polizei wird informiert. Nach einigen Minuten klingelt in dem Jobcenter das Telefon. Die Polizei meldet sich, weil sie das Jobcenter leider nicht finden kann.
Die Bewertung der Bedrohungssituation sollte natürlich auch nicht aus einem "Bauchgefühl" heraus erfolgen. Im optimalen Fall erfolgen eine fundierte Bewertung der Situation mittels Befragung der Mitarbeiter, eine Begehung der Arbeitsplätze und eine Analyse der Kranken- und Unfallstatistik. Um eine adäquate Bewertung der Situation und die angemessene Ableitung der Maßnahmen zu gewährleisten, ist es sinnvoll, Strukturen innerhalb des Unternehmens zu etablieren (Steuerkreise, Arbeitskreise), welche die Kontinuität der Situationsanalyse und der Maßnahmenumsetzung sicherstellen können.
Im Folgenden sind einige technische und organisatorische Maßnahmen zur Gewaltprävention aufgeführt, die sich als Beispiele guter Praxis erwiesen haben:
- Anbringung der Raumnummer in den Büros (Standortangabe in Notfallsituationen)
- Ausreichende Beleuchtung im Flur- und Parkplatzbereich (Verbesserung des Sicherheitsgefühls)
- Besuchsleitsystem im Gebäude (z. B. farbige Markierung an Wänden und Böden)
- Begrenzung der Öffnungszeiten
- Arbeiten mit Terminvorgaben
- Erweiterung der Wartezone (Optimierung der Kundenfreundlichkeit)
- Freundlichere Gestaltung der Wartezone (z. B. helle Farben, Pflanzen, Kinderspielecken, ausreichende Sitzmöglichkeiten, mehrsprachiges Informationsmaterial)
- Aufrufsysteme (optische oder akustische Signale)
- Installation von Videotechnik (Monitore sowie Hinweisschilder)
- Farbliche Markierung der Notfalltasten auf der PC-Tastatur
- Austeilung von Personenschutzalarmgeräten (Akustische Alarmierung in Notfallsituationen)
- Installation eines 2-stufigen Alarmierungssystems, das leichte Bedrohungen von schweren Übergriffen, bei denen ein Polizeieinsatz notwendig ist, unterscheidet
- Verbindliche Absprachen bei auffälligen Personen oder Gegenständen.