§ 2 (1) LasthandhabV
Der Arbeitgeber hat unter Zugrundelegung des Anhangs geeignete organisatorische Maßnahmen zu treffen oder geeignete Arbeitsmittel, insbesondere mechanische Ausrüstungen, einzusetzen, um manuelle Handhabungen von Lasten, die für die Beschäftigten eine Gefährdung für Sicherheit und Gesundheit, insbesondere der Lendenwirbelsäule mit sich bringen, zu vermeiden.
Hier wird als vorrangiges Schutzziel die Vermeidung von gefährdenden Tätigkeiten genannt - in dieser DGUV Information das Bewegen/die Bewegungsunterstützung von mobilitätseingeschränkten Menschen.
Vermeiden
Es ist von der Unternehmensleitung als erstes zu prüfen, ob sich zur Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) eine Gefährdung verhindern lässt, ob also beispielsweise ein Mensch überhaupt bewegt bzw. bei Bewegung unterstützt werden muss. In der Pflege und Betreuung ist eine Vermeidung jedoch nur dann möglich, wenn die erforderliche Bewegung durch den Menschen selbst ausgeführt werden kann; beispielsweise wenn
- das selbstständige Anheben eines Körperteiles, wie z. B. eines Beines oder Armes, möglich ist,
- ein Transfer nicht erforderlich wird, weil der Mensch sich ohne fremde Hilfe vom Bett in den Rollstuhl oder von Trage zu Bett bewegt,
- der Mensch sich mit dem Rollstuhl oder zu Fuß selbstständig in die Röntgenabteilung oder den Speiseraum begibt,
- ein Mensch zu Boden gestürzt ist und für das Aufstehen vom Beschäftigten angeleitet wird und beispielsweise lediglich ein Stuhl als Hilfestellung bereitgestellt wird.
Geeignete organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung
Dies sind beispielsweise:
1. |
Die möglichst genaue Ermittlung der Eigenschaften und Ressourcen des Menschen einschließlich evtl. Maßnahmen zur Verbesserung seines Aktivitätsgrades. Nur so kann vermieden werden, dass Bewegungsunterstützung gegeben wird, die nicht erforderlich ist. |
2. |
Die Qualifizierung der Beschäftigten in der ressourcenorientierten Arbeitsweise (insbesondere ist dabei auch sicherzustellen, dass diese mit der ergonomischen Arbeitsweise und dem Einsatz von Hilfsmitteln verknüpft wird), um den Menschen zu fördern, seine eigenen Ressourcen gezielt einzusetzen. |
3. |
Die Bereitstellung der Hilfsmittel vor Ort im Pflegezimmer, damit diese vom Menschen selbstständig eingesetzt werden können. |
4. |
Die Sicherstellung, dass die Hilfsmittel jederzeit einsatzbereit und funktionsfähig sind. Voraussetzung hierfür ist die regelmäßige Prüfung, Instandhaltung und hygienische Aufbereitung der Hilfsmittel gemäß Herstellerangaben, Betriebssicherheitsverordnung, DGUV Vorschrift 3 und 4 und Medizinproduktebetreiberverordnung. |
5. |
Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Beschäftigten ermöglichen, dem Menschen die erforderliche Zeit zu lassen, sich selbstständig zu bewegen. |
6. |
Die Prüfung von Schnittstellen in der Einrichtung, ob Umlagerungen oder Transfers vermieden werden können, z. B. beim Röntgen, bei Untersuchungen oder einer Therapie vor Ort im Pflegezimmer. |
7. |
Eine ergonomische Umgebungsgestaltung, die dem Menschen das selbstständige Bewegen ermöglicht. |
8. |
Ein regelmäßiges Bewegungsangebot für Menschen zum Erhalt bzw. zur Förderung der Mobilität und zur Sturzprophylaxe. |
Geeignete Arbeitsmittel, insbesondere mechanische Ausrüstungen zur Vermeidung
In gewerblichen Einrichtungen geschieht das Vermeiden des Bewegens einer Last z. B. durch Automation oder Einsatz von Maschinen. In der Pflege und Betreuung kommen zum Bewegen/zur Bewegungsunterstützung als Arbeitsmittel bzw. mechanische Ausrüstung verschiedene Medizinprodukte zum Einsatz. Diese werden als Hilfsmittel bezeichnet. Es handelt sich in diesem Zusammenhang um die sogenannten Technischen und Kleinen Hilfsmittel sowie Hilfsmittel zur Positionsunterstützung.
Die Bereitstellung von geeigneten Hilfsmitteln, die die Vermeidung der Gefährdung sicherstellen, muss nach geeigneter Auswahl in ausreichender Anzahl erfolgen. Die Ermittlung der benötigten Art und Anzahl der Hilfsmittel muss auf Basis einer individuellen Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf die Ressourcen des Menschen erfolgen. Das Ziel ist, dass Hilfsmittel selbstständig und personenbezogen verwendet werden können.
Abb. 2
Bewegungsfreiraum durch die geeignete Größe und Einrichtung des Pflegezimmers
Beispielsweise ermöglicht
- ein vollelektrisch verstellbares Bett das selbstständige Verstellen des Kopfteils, der Beinhochlagerung oder das Einstellen der Betthöhe, um ohne Hilfe in das Bett ein- oder aus dem Bett aussteigen zu können,
- ein elektrischer Rollstuhl eine Erweiterung des Bewegungsraums,
- ein Rutschbrett den selbstständigen Transfer eines nichtstehfähigen Menschen in den Rollstuhl,
- eine im Bett verbleibende gepolsterte Gleitmatte die selbstständige Positionsveränderung zur Dekubitusprophylaxe,
- ein Bettzügel das selbstständige Aufrichten zum Sitzen,
- ein Deckenschienen-Liftersystem den selbständigen Transfer eines Menschen durch einen Raum, auf die Toilette oder sogar durch die ganze Wohnung.
Auf die räumliche und bauliche Gestaltung der Umgebung ist besonders zu achten:...