Diese DGUV Information hat die spezifische Gefährdungsbeurteilung gemäß Lastenhandhabungsverordnung für das Bewegen von Menschen und insbesondere für die diesbezüglich definierten Sicher gefährdenden Tätigkeiten im Fokus. Das Bewegen von Menschen ist hochkomplex und stellt somit – in Bezug auf die Gefährdungsbeurteilung – eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar. Es gibt keine pauschalen Lösungen für die Vermeidung von Gefährdungen bzw. Reduzierung von physischen Belastungen der Beschäftigten bei Aktivitäten zum Bewegen von Menschen mit Unterstützungsbedarf im Sinne eines Patentrezeptes. Jede Bewegungsaktivität mit einem Menschen erfordert eine Lösung, die an die jeweilige Tätigkeit mit deren Rahmenbedingen, den unterstützungsbedürftigen Menschen sowie an die unterstützende Person angepasst ist. Und ebenso herausfordernd ist es, die tatsächlich vorhandenen Gefährdungen für die Beschäftigten in diesen ganz individuellen Situationen einzuschätzen.
Mit der vorliegenden DGUV Information wird eine entscheidende Hilfestellung zu einer angemessenen Gefährdungsbeurteilung gegeben. Die darin beschriebene Vorgehensweise ermöglicht es, Belastungen des Muskel-Skelett-Systems bei Tätigkeiten, die mit dem Bewegen von Menschen verbunden sind, situationsentsprechend zu bewerten und resultierende Gefährdungen wissenschaftlich begründet zu beurteilen.
Die Erstellung der Tabellen im Anhang zur orientierenden und zur vertiefenden Gefährdungsbeurteilung erfolgte auf Basis der Messergebnisse der BGW-IfADo-Studie. Im Rahmen dieser Studie wurden u. a. physikalische Kenngrößen wie Kräfte und Momente an der Lendenwirbelsäule ermittelt. Diese wurden als Maß für die Belastung insbesondere des unteren Rückens der Beschäftigten beim Bewegen von Menschen herangezogen. Die ermittelten Werte beispielsweise zu Bandscheiben-Druckkräften verdeutlichen die besonders hohe Belastung bei den Sicher gefährdenden Tätigkeiten. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen aber vor allem, dass Maßnahmen wie der Einsatz von Hilfsmitteln beim Bewegen von Menschen in Verbindung mit einer "optimierten", d. h. ergonomischen und ressourcenorientierten Arbeitsweise zur erheblichen Verminderung oder sogar vereinzelt zur Vermeidung von Gefährdungen der Beschäftigten entscheidend beitragen.
Um eine nachhaltige Prävention von Muskel-Skelett Belastungen zu gewährleisten, muss unter anderem für genau diese Maßnahmen das Bewusstsein bei Beschäftigten und insbesondere bei Entscheidungstragenden gestärkt werden. Arbeitsbedingungen müssen so gestaltet sein, dass die Gesundheitsgefahr für die Beschäftigten gar nicht erst entsteht oder zumindest so gering wie möglich gehalten wird. Es muss sichergestellt sein, dass einerseits Technische Hilfsmittel und andererseits Kleine Hilfsmittel in ausreichender Anzahl und in geeigneter Art zur Verfügung stehen. Kleine Hilfsmittel sollten zum personenbezogenen Einsatz bereitgestellt werden. Ein entsprechendes Budget insbesondere für die Beschaffung und Wartung von Hilfsmitteln muss zur Verfügung stehen. Eine alleinige Qualifizierung der Beschäftigten in der Arbeitsweise, ohne Maßnahmen auf der technischen und organisatorischen Ebene zu treffen, reicht nicht aus und wird langfristig keinen Erfolg bringen.
Mit dem Einsatz der in Anhang 4 vorgeschlagenen Hilfsmittel erreicht man nicht nur eine Reduzierung der Belastung für die Beschäftigten; in Verbindung mit der optimierten Arbeitsweise kann auch die Mobilität der zu unterstützenden Menschen erhalten und gefördert werden.
Bei der Anwendung dieser DGUV Information muss zudem Folgendes bedacht werden:
- Gefährdungen des Muskel-Skelett-Systems können nicht nur bei den Sicher gefährdenden Tätigkeiten, sondern auch bei anderen Tätigkeiten in der Pflege und Betreuung, die mit dem Bewegen von Menschen verbunden sind, auftreten – und darüber hinaus auch z. B. beim Schieben und Ziehen von Betten, Wäsche- oder Essenwagen, beim Tragen von Wäschesäcken oder Heben von Getränkekisten. Die Gefährdungen bei diesen Tätigkeiten müssen mit anderen Instrumenten ermittelt und bewertet werden. Die Gefährdungsbeurteilung nach der vorliegenden DGUV Information deckt also nur einen Teil der gesamten Gefährdungsbeurteilung für das Muskel-Skelett-System gemäß Lastenhandhabungsverordnung ab.
- Das Bewegen von Menschen kann auch im günstigsten Fall der Ausführungsbedingungen und der Tätigkeiten in der Summe der täglichen Aktionen noch gefährdend sein – besonders dann, wenn die entsprechenden Tätigkeiten häufig durchgeführt werden (z. B. wenn eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter sehr viele unterstützungsbedürftige Menschen versorgt). Somit erklärt sich, dass selbst bei optimalen Voraussetzungen (Einsatz Technischer Hilfsmittel und überwiegend selbstständiger Mensch mit Unterstützungsbedarf) die Gesamttagesbelastung kritisch sein kann und somit eine Gefährdung vorliegen kann.
- Bei den in der DGUV Information vorgeschlagenen Maßnahmen wird vor allem auf den Einsatz von Hilfsmitteln und die Art der Ausführung der Tätigkei...