Anforderungen an eine sichere Begehbarkeit von Treppen ergeben sich bereits aus dem Bauordnungsrecht, dem staatlichen Regelwerk zum Arbeitsschutz, dem Regelwerk der Unfallversicherungsträger und den einschlägigen Normen.
Für Menschen mit eingeschränkten motorischen und/oder sensorischen Fähigkeiten sind darüber hinaus bei der Gestaltung von Treppen weitergehende Anforderungen zu berücksichtigen. Diese werden im Folgenden dargestellt.
Treppen sowie Stufen und Podeste als deren Elemente sind wesentliche Bestandteile der vertikalen Gebäudeerschließung. Insbesondere für Menschen mit kognitiven und visuellen Einschränkungen ist die Erkennbarkeit der Elemente von Treppen durch geeignete Markierungen zu gewährleisten. Dies ist von besonderer Bedeutung für die notwendigen Treppen, die als erster Flucht- und Rettungsweg dienen. Deshalb sind die Anforderungen an die barrierefreie Gestaltung der Treppen sowie Stufen und Podeste einzuhalten.
Die nachfolgend aufgeführten Gestaltungskriterien gelten für Stufen und Podeste im Innen- und Außenbereich. Zusätzliche Informationen zu Treppen im Außenbereich finden sich im Kapitel "Gehwege und Verkehrsflächen im Außenbereich" im Abschnitt "Äußere Erschließung auf dem Grundstück".
Von besonderer Bedeutung für die Sicherheit ist eine gute Erkennbarkeit der Treppenstufen und insbesondere der Stufenkanten (siehe Abbildungen 1 und 2).
Hierzu ist eine ausreichend helle und blendfreie Beleuchtung erforderlich. Die Beleuchtungsstärke muss mindestens 100 lx betragen. Für Menschen mit visuellen Einschränkungen - auch altersbedingt - sind höhere Beleuchtungsstärken erforderlich. Die Beleuchtung soll so erfolgen, dass durch Stufenvorderkanten, Geländer oder andere Einbauten kein Schattenwurf erfolgt.
Stufen sind barrierefrei gestaltet, wenn sie u. a. leicht erkennbar sind. Eine leichte Erkennbarkeit wird z. B. erreicht durch:
- farblich unterschiedliche Gestaltung von Tritt- und Setzstufe
- farbliches Abheben der Stufenkanten
- Konturgebung an Wandflächen
- Markierungselemente an den Stufenkanten
Abb. 1 Fehlende Markierung von Podest und Austritt
Abb. 2 Gute Markierung von Podest und Austritt
Markierungen an Stufenkanten sind wie folgt auszuführen:
- als durchgehende Streifen auf Tritt- und Setzstufen (siehe Abbildung 3)
- auf den Trittstufen direkt an den Vorderkanten beginnend mit einer Breite zwischen 4 cm und 5 cm
- auf der Setzstufe in einer Breite von mindestens 1 cm, vorzugsweise 2 cm
- mit deutlichem Kontrast sowohl gegenüber Tritt- und Setzstufe als auch gegenüber den jeweils unten anschließenden Podesten bzw. Verkehrswegen.
Sind Höhenausgleiche durch Stufenanlagen (bis zu drei Stufen) nicht vermeidbar, muss auch hier aus Gesichtspunkten der barrierefreien Gestaltung jede Stufe mit dieser Markierung versehen werden. Dies gilt auch für Treppen, die frei im Raum beginnen oder enden (siehe Abbildung 4).
In Treppenhäusern sind mindestens die erste und letzte Stufe - aus Sicht einer barrierefreien Gestaltung alle Stufen - mit einer solchen Markierung zu versehen (siehe Abbildung 5 und 6).
Abb. 3 Markierung von Treppen
Abb. 4 Markierung von Stufenanlagen
Abb. 5 Treppenmarkierung bei uneingeschränktem Visus
Abb. 6 Treppenmarkierung bei eingeschränktem Visus
Zur Vermeidung des Abrutschens von Gehhilfen an freien seitlichen Stufenenden ist z. B. eine Aufkantung geeignet.
Trittstufen dürfen über die Setzstufen nicht vorkragen (siehe Abb. 7). Für Menschen mit Fußhebeschwäche besteht ansonsten die Gefahr des Hängenbleibens. Schräge Setzstufen sind zulässig (siehe Abbildung 8).
Für die barrierefreie Gestaltung von Treppen sind Setzstufen z. B. für Blinde zwingend erforderlich. Bei fehlenden Setzstufen ist das Ertasten der Stufen mit dem Weißen Langstock (Blindenstock) nur erschwert möglich (siehe Abbildung 9).
Setzstufen von Treppen müssen undurchsichtig sein, um einen für das Auge fokussierbaren gleichmäßigen Sehabstand zwischen den Stufenkanten bilden zu können. Darüber hinaus können durchsichtige Setzstufen bei bestimmten Nutzergruppen zu Angstzuständen führen.
Abb. 7 Bündiger Abschluss von Trittstufen und Setzstufen
Abb. 8 Schräge Setzstufen
Abb. 9 Taktile Erkennbarkeit von Treppen
In Arbeitsstätten wird gefordert, dass nach maximal 18 Stufen ein Zwischenpodest erforderlich ist. Aus Gesichtspunkten der barrierefreien Gestaltung sollte jedoch nach höchstens 12 Stufen ein Zwischenpodest angeordnet werden.
Die Zwischenpodestlänge muss dem im Steigungsverhältnis berücksichtigten Schrittmaß sowie der Lauflinie angepasst sein. Sie sollte, gemessen auf der Lauflinie, mindestens die dreifache Auftrittstiefe der angrenzenden Stufen betragen.
Die Tiefe des Podestes ist darüber hinaus so auszuwählen, dass der Gangrhythmus nicht gestört wird.
Folgende Formel erleichtert die Berechnung des Gesamtmaßes der Podesttiefe:
N |
Anzahl des Schrittmaßes, min. 3 |
SL |
Schrittmaß der Treppe |
A |
Auftritt |
Beispielrechnung:
3 x 63 cm + 28 cm = 2,17 m |
Abb. 10 Ermittlung der Podesttiefe
Dam...