Während die Gestaltungsrichtlinien für barrierefreie Software technikübergreifend formuliert werden können, sind die verschiedenen technischen Formate und Plattformen sehr unterschiedlich auf die Barrierefreiheit vorbereitet. Am weitesten entwickelt sind die Voraussetzungen im Internet.
Websites
Informationsangebote im Internet in Text, Bild, Ton und Film können heute unter Anwendung der Gestaltungsrichtlinien von WCAG 2.1 nahezu vollständig barrierefrei gestaltet werden. Die Basis hierfür ist semantisch korrektes HTML, das für assistive Technologien zugänglich ist. Bei der Umsetzung hilft eine Vielzahl von Internetressourcen, u. a. das Portal "Einfach für Alle" der Aktion Mensch, das die im Web verfügbaren Anleitungen, Musterlösungen und Prüftools sammelt. Das verbreitete Framework "Bootstrap" bietet bereits gute barrierefreie Vorlagen. Ein praxistaugliches Verfahren für die Qualitätssicherung steht u.a. mit dem "BITV-Test" zur Verfügung.
Web-Anwendungen
Moderne browserbasierte Software verwendet im User-Interface die Formate HTML5, CSS3, JavaScript und AJAX. Barrierefreiheit wird durch die Anwendung der WCAG sichergestellt, sowie zusätzlich durch Einsatz von WAI-ARIA zur Beschreibung der dynamischen Features für assistive Technologien. Während die statischen Aspekte von Web-Anwendungen mit Websites vergleichbar sind, ist in den dynamischen Aspekten der Stand der Barrierefreiheit heute noch relativ experimentell. Sowohl HTML5 als auch WAI-ARIA sind im Fluss, mit bisher uneinheitlicher Implementierung in Browsern und Screenreadern. Javascript-Frameworks für Anwendungsentwicklungen wie "Angular" und "React" generieren nicht automatisch, wie es wünschenswert wäre, semantisch korrektes HTML. So sind barrierefreie Web-Anwendungen nach wie vor ein Pionierthema. Die Konzepte werden in den Blogs von Accessibility-Experten diskutiert.
Andere technische Plattformen
Außerhalb der Browserwelt basiert die Entwicklung von barrierefreier Software auf den Accessibility-Features des jeweiligen Betriebssystems. Die Betriebssysteme unterstützen die Barrierefreiheit im Prinzip auf ähnliche Weise. Sie stellen barrierefreie Standardroutinen für Bedienoberflächen zur Verfügung. Darüber hinaus bieten sie eine Accessibility-Schnittstelle an, der die speziellen Bedienelemente von Anwendungssoftware gemeldet werden können, um sie für assistive Technologien verfügbar zu machen.
Die Bedienung der Accessibility-Schnittstelle des Betriebssystems ist Sache der jeweiligen Programmiersprache. Konkrete technische Hinweise sollten in den Handbüchern zu den Programmiersprachen zu finden sein. Es gibt jedoch kaum produktspezifische Ratgeberliteratur oder Fachforen. Relativ gut unterstützt ist die Barrierefreiheit z. B. bei Microsoft®.net® und bei SAP®. Die Hersteller assistiver Technologien haben sich in der Vergangenheit auf Microsoft Windows® konzentriert und liefern Skripte vorzugsweise für Standardsoftware in diesem Betriebssystem.
Einen eigenen Weg geht der Hersteller Apple® mit seinen Betriebssystemen Mac-OS® für Personalcomputer und iOS® für mobile Geräte. Diese haben den Screenreader mit Sprachausgabe bereits integriert. Es werden ausführliche Empfehlungen für die Entwicklung barrierefreier Smartphone-Apps in iOS® zur Verfügung gestellt.
Als Testverfahren steht das "BIT inklusiv Prüfverfahren" für Anwendungssoftware zur Verfügung. Das Verfahren wurde in der ersten Ausbaustufe 2017 zunächst für kompilierte Anwendungssoftware unter MS Windows® fertig gestellt. Mit kleinen Anpassungen kann es auch auf andere Plattformen, u.a. für mobile Anwendungen, eingesetzt werden.