Vorbemerkungen
Diese Handlungsanleitung basiert auf den rechtlichen Vorgaben der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und enthält für den Unternehmer ergänzende Hinweise für die Gefährdungsbeurteilung und die Auswahl des zu untersuchenden Personenkreises.
1 Rechtsvorschriften
Styrol wird im Anhang Teil 1 (1) der ArbMedVV aufgeführt. Die Veranlassung bzw. das Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen durch den Arbeitgeber regeln § 4 Abs. 1 bzw. § 5 Abs. 1 ArbMedVV.
2 Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
Erstuntersuchungen sind vor Aufnahme der Tätigkeit durchzuführen. Für Nachuntersuchungen gelten in der Regel die nachstehend genannten Fristen:
Untersuchungsarten, Fristen
Erstuntersuchung |
Vor Aufnahme einer Tätigkeit |
Erste Nachuntersuchung |
Nach 24 Monaten |
Weitere Nachuntersuchungen |
Nach 24 Monaten und bei Beendigung der Tätigkeit |
Vorzeitige Nachuntersuchung |
• |
Nach schwerer oder längerer Erkrankung, die Anlass zu Bedenken gegen eine Fortsetzung der Tätigkeit geben könnte |
• |
Nach ärztlichem Ermessen in Einzelfällen (z.B. bei befristeten gesundheitlichen Bedenken) |
• |
Auf Wunsch eines Beschäftigten, der einen ursächlichen Zusammenhang zwischen seiner Erkrankung und seiner Tätigkeit am Arbeitsplatz vermutet |
Die Vorsorgeuntersuchungen sind von einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung "Arbeitsmedizin“ oder Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin“ entsprechend dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen G 45 "Styrol“ durchzuführen.
3 Untersuchungsanlässe
[Vorspann]
Gemäß ArbMedVV hat der Arbeitgeber bei Tätigkeiten mit Styrol an Arbeitsplätzen, an denen der Arbeitsplatzgrenzwert nicht eingehalten wird oder direkter Hautkontakt besteht, regelmäßig arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen (Pflichtuntersuchungen).
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind anzubieten (Angebotsuntersuchungen), wenn eine Exposition gegenüber Styrol oder Gemischen, die Styrol enthalten, besteht.
Bei den in Abschnitt 4.1 beispielhaft aufgeführten "Arbeitsverfahren/-bereichen mit höherer Exposition“ sind in der Regel arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (Pflichtuntersuchungen) zu veranlassen.
3.1 Grenzwerte
Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) aus TRGS 900
|
CAS-Nr. |
AGW |
Bemerkungen |
ml/m³ (ppm) |
mg/m³ |
Styrol |
100-42-5 |
20 |
86 |
Ein Risiko der Fruchtschädigung braucht bei Einhaltung des AGW und des BGW nicht befürchtet zu werden. |
Biologischer Grenzwert (BGW) aus TRGS 903
|
Parameter |
BGW |
Untersuchungsmaterial |
Probennahmezeitpunkt |
Styrol |
Mandelsäure plus Phenylglyoxylsäure |
600 mg/g Kreatinin |
Urin |
Expositionsende bzw. Schichtende; bei Langzeitexposition: nach mehreren vorangegangenen Schichten |
Biomonitoring ist, soweit anerkannte Verfahren dafür zur Verfügung stehen und Werte zur Beurteilung, insbesondere biologische Grenzwerte, vorhanden sind, Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen.
3.2 Spezifische Empfehlungen
Hinweise auf die besonderen Gefahren und Sicherheitsratschläge (R- und S-Sätze):
R 10 |
Entzündlich |
R 20 |
Gesundheitsschädlich beim Einatmen |
R 36/38 |
Reizt die Augen und die Haut |
S (2) |
Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen (wenn für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmt) |
S 23 |
Gas/Rauch/Dampf/Aerosol nicht einatmen (geeignete Bezeichnung(en) vom Hersteller anzugeben) |
3.3 Aufnahmewege
Styrol wird vorwiegend durch die Atemwege aufgenommen. Bei großflächigem Hautkontakt ist nicht auszuschließen, dass Styrol über die Haut resorbiert wird und somit zu einer relevanten inneren Belastung führt.
4 Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten
[Vorspann]
Die im Folgenden aufgelisteten Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten sind keine verbindliche und abschließende Auswahl von Arbeitsbereichen im Hinblick auf die Notwendigkeit arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen. Vielmehr wird mit der dortigen beispielhaften Aufzählung eine Hilfestellung zur Gefährdungsbeurteilung gegeben, bei welchen Arbeitsverfahren/-bereichen oder Tätigkeiten eine Gefährdung aufgrund des Expositionsniveaus gegeben sein kann. Die Entscheidung, ob eine Vorsorgeuntersuchung zu veranlassen bzw. anzubieten ist, kann nur in Abhängigkeit von der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung vor Ort und somit bezogen auf den Einzelfall getroffen werden.
4.1 Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten mit höherer Exposition
- Streichen, Spachteln, Laminieren im Säurebau
- Herstellung von Polymerbeton
- Verarbeitung von Produkten zum Korrosionsschutz (Spritzauftrag in geschlossenen Räumen)
- Herstellung von Kunststoffformteilen, Verarbeiten und Heißschneiden von polymerem Styrol, Heißpressen
- Oberflächenbeschichtung, Verwendung von Kunstharzlacken auf Basis ungesättigter Polyesterharze
- Umgang mit styrolhaltigen Harzen (Laminieren und Spachteln) bei der Herstellung von Bauteilen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (Boots- und Karosseriebau, Gehäuse für elektrische Anlagen, Behälterbau), Faserspritzen
- Metallkleber, Metallbau
- Abbruch-, Wartungs-, Reinigungs-, Sanierungs- oder Instandsetzungsarbeiten sowie Probenahme in P...