Arbeitsmedizinische Vorsorge ist ein Teil betrieblicher Arbeitsschutzmaßnahmen. Sie darf technische und organisatorische Arbeitsschutzmaßnahmen nicht ersetzen, kann diese aber durch individuelle arbeitsmedizinische Beratung über arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren sinnvoll ergänzen. Arbeitsmedizinische Vorsorge dient zur Beurteilung der individuellen Wechselwirkung von Arbeit und physischer sowie psychischer Gesundheit. Sie soll helfen, arbeitsbedingte Gesundheitsstörungen frühzeitig zu erkennen und dient zur Feststellung, ob bei Ausübung einer bestimmten Tätigkeit ein erhöhtes gesundheitliches Risiko besteht. Vor Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge muss sich der Facharzt bzw. die Fachärztin für Arbeitsmedizin oder der Arzt bzw. die Ärztin mit der Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 ArbMedVV) Kenntnisse über die Arbeitsplatzverhältnisse verschaffen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 ArbMedVV). Ergibt die Gefährdungsbeurteilung für die Tätigkeit oder die Tätigkeiten des oder der Beschäftigten mehrere Vorsorgeanlässe, soll die arbeitsmedizinische Vorsorge in einem Termin stattfinden (§ 3 Abs. 3 S. 2 ArbMedVV). In die Arbeitsanamnese müssen alle Arbeitsbedingungen und arbeitsbedingten Gefährdungen einfließen (§ 6 Abs. 1 S. 3 ArbMedVV). Auf diese Weise wird eine ganzheitliche Vorsorge sichergestellt, welche die gesamte Arbeitssituation der oder des Beschäftigten unter Berücksichtigung aller Ein- und Auswirkungen (z. B. psychische, somatische oder soziale) einbezieht und sich nicht lediglich auf den formellen Vorsorgeanlass beschränkt.

Diese AMR Nr. 3.3 "Ganzheitliche arbeitsmedizinische Vorsorge unter Berücksichtigung aller Arbeitsbedingungen und arbeitsbedingten Gefährdungen" (GMBl Nr. 43 vom 19. Dezember 2022, S. 978 berichtigt GMBl 2022 S. 45 [Nr. 1–2] (vom 25.01.2023)) konkretisiert die Regelungen der ArbMedVV im Sinne einer ganzheitlichen Praxis arbeitsmedizinischer Vorsorge. Zentraler Bestandteil jeder arbeitsmedizinischen Vorsorge ist ein Beratungsgespräch.

Körperliche und/oder klinische Untersuchungen werden durchgeführt, wenn der Arzt bzw. die Ärztin diese für erforderlich halten, er bzw. sie über die Inhalte, den Zweck sowie die Risiken aufgeklärt hat und die an der Vorsorge teilnehmende Person die Untersuchung nicht ablehnt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, § 6 Abs. 1 Satz 4 ArbMedVV). Das bedeutet, dass der bzw. die Beschäftigte nicht verpflichtet ist, sich körperlich untersuchen zu lassen. Er oder sie ist lediglich verpflichtet, im Rahmen einer Pflichtvorsorge mitzuwirken, die sich in diesem Fall auf eine Beratung und Aufklärung der Beschäftigten beschränkt (ohne eine Teilnahme an der Pflichtvorsorge ist die Ausübung der gefährdenden Tätigkeit ausgeschlossen, vgl. § 4 ArbMedVV).

Mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge vom 31.10.2013 (BGBl. I, S. 3882) wurde die Bescheinigung über das Untersuchungsergebnis ("dauernde gesundheitliche Bedenken / befristete gesundheitliche Bedenken / keine gesundheitlichen Bedenken unter bestimmten Voraussetzungen / keine gesundheitlichen Bedenken") abgeschafft und durch eine Vorsorgebescheinigung ersetzt. Die Vorsorgebescheinigung enthält die Angaben, dass, wann und aus welchem Anlass ein Vorsorgetermin stattgefunden hat und wann aus ärztlicher Sicht eine weitere Vorsorge angezeigt ist (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 ArbMedVV). Eine inhaltlich identische Vorsorgebescheinigung geht an den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin und an die Person, die an der Vorsorge teilgenommen hat. Ergebnis und Befunde der Vorsorge muss der Arzt bzw. die Ärztin schriftlich festhalten. Er bzw. sie muss die jeweilige Person darüber beraten und ihr auf Wunsch das Ergebnis ggf. auch in schriftlicher Form zur Verfügung stellen. Gegenüber Dritten, d. h. auch gegenüber dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin, gilt die ärztliche Schweigepflicht (§ 6 Abs. 1 Satz 6 ArbMedVV). Sofern sich allerdings aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge Erkenntnisse dazu ergeben, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes für die Beschäftigten nicht ausreichen, muss der Arzt bzw. die Ärztin den Arbeitgebenden informieren und Arbeitsschutzmaßnahmen vorschlagen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 ArbMedVV). Das hat dann zur Folge, dass der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin die Gefährdungsbeurteilung überprüfen und die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen treffen muss (§ 8 Abs. 1 ArbMedVV).

Die "DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen" können für Einstellungsuntersuchungen und Eignungsbeurteilungen ergänzend herangezogen werden. Insbesondere die Empfehlungen in Abschnitt 2.2 der "DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen" (Arbeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre, Arbeiten mit Absturzgefahr, Atemschutzgeräte, Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten und Überdruck (Arbeiten in Druckluft und Taucherarbeiten)) beziehen sich explizit auf Eignungsbeurteilungen. Als Empfehlungen eines breiten Kreises von Sachkundigen und von den paritätisch bes...

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