Dr. jur. Edgar Rose, Prof. Dr. Jürgen Taeger
Mit der ArbStättV-Reform 2016 ist der Inhalt von § 6 vollständig ausgetauscht worden. Bis zur Reform wurden in § 6 allgemeine Anforderungen an Arbeits-, Sanitär- und Sozialräume formuliert, die dann im Anhang weiter konkretisiert und in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten noch detaillierter präzisiert wurden. Um diese Zersplitterung der maßgeblichen Rechtsquellen zu reduzieren, wurden die Anforderungen aus § 6 im Anhang mit den entsprechenden Konkretisierungen zusammengefasst. § 6 wurde stattdessen mit den neuen Regelungen zur Unterweisung der Beschäftigten gefüllt.
Die Vorschriften in § 6 zur arbeitsstättenrechtlichen Unterweisung der Beschäftigten betreffen Inhalte, Umfang, Zeitpunkt, Art und Dokumentation der Unterweisung, die der Arbeitgeber hinsichtlich der arbeitsstättenspezifischen Gefährdungen und Schutzmaßnahmen durchzuführen hat. Bis dahin wurde diese Pflicht allein auf das generelle Unterweisungsgebot gemäß § 12 ArbSchG gestützt, das seit der ArbStättV-Reform 2016 für den Regelungsbereich der ArbStättV durch § 6 konkretisiert wird. Die Neuregelung sollte es dem Arbeitgeber erleichtern, Einzelheiten der Unterweisungspflicht im Bereich Arbeitsstätten besser zu erkennen. In anderen Arbeitsschutzverordnungen finden sich ähnliche Konkretisierungen der Unterweisungspflicht (z. B. § 12 BetrSichV, § 14 GefStoffV, § 11 LärmVibrationsArbSchV). Eine Ausweitung der Arbeitgeberpflichten war mit § 6 nicht beabsichtigt, wohl aber eine Präzisierung, die Anlass geben kann, die bestehende betriebliche Praxis zu überprüfen.
§ 6 Abs. 1 bis 3 ArbStättV benennt auf allgemeiner Ebene die Inhalte, auf die sich die Unterweisung zu erstrecken hat. In § 6 Abs. 1 wird streng unterschieden zwischen den Informationen, die der Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen hat, und der eigentlichen Unterweisung, die anhand dieser Informationen zu erfolgen hat. Damit wird deutlich, dass von einer Unterweisung wesentlich mehr erwartet wird als das Aushändigen der maßgeblichen Informationen. Die Unterweisung muss in Dialogform i. d. R. mündlich geführt werden. Damit kann der Unterweisende sicherstellen, dass die entscheidenden Hinweise tatsächlich verstanden werden, und zugleich die Erfahrungen der Beschäftigten für die Unterweisung nutzbar machen.
Gegenstand der Unterweisung sind laut § 6 Abs. 1 ArbStättV Informationen, die das bestimmungsgemäße Betreiben der Arbeitsstätte, alle gesundheits- und sicherheitsrelevanten Fragen im Zusammenhang mit der jeweiligen Tätigkeit sowie die durchzuführenden Arbeitsschutzmaßnahmen betreffen. In Abs. 2 und 3 werden Maßnahmen für den Gefahrenfall ergänzt: Sicherheits- und Warneinrichtungen, Erste Hilfe, innerbetrieblicher Verkehr, Brandverhütung und Verhalten im Brandfall.
Der Umfang hat sich gemäß § 6 Abs. 1 ArbStättV am Maßstab einer ausreichenden und angemessenen Unterweisung zu orientieren, der auch in § 12 ArbSchG formuliert worden ist. Er hat dem zentralen Stellenwert der Unterweisung für die praktische Umsetzung des Arbeitsschutzes zu entsprechen. Ausreichend ist die Unterweisung, wenn die Beschäftigten alle für sie relevanten Gefährdungen und die einzuhaltenden Schutzmaßnahmen so rechtzeitig und so genau kennenlernen, dass der Arbeitsschutz Wirksamkeit entfalten kann. Angemessen bedeutet, dass gezielt die tätigkeits- und arbeitsplatzbezogenen Gefährdungen und Schutzmaßnahmen zu thematisieren sind. Ein Überfrachten mit allgemeinen bzw. tätigkeitsfremden Informationen soll nicht erfolgen. Extern vorformulierte Informationen eignen sich daher nur dann, wenn sie an die tätigkeitsspezifischen Bedürfnisse präzise angepasst werden können. Denn Grundlage der Unterweisung hat laut § 6 Abs. 1 ArbStättV die für die jeweiligen Arbeitsplätze betriebsspezifisch durchgeführte Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG, § 3 ArbStättV zu sein.
Gefährdungsbeurteilung als Grundlage der Unterweisung
Im Unterschied zu § 12 ArbSchG wird in § 6 ArbStättV ausdrücklich betont, dass die Unterweisung unmittelbar an die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung geknüpft wird. Das kann am besten so erfolgen, dass bereits im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung arbeitsplatz- bzw. tätigkeitsbezogen festgelegt wird, welche Inhalte Gegenstand der Unterweisung zu sein haben. Ist das versäumt worden, muss in der Vorbereitung der Unterweisung auf die sonstige Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung zurückgegriffen werden.
Präzisiert wird in § 6 Abs. 4 ArbStättV Zeitpunkt und Häufigkeit der Unterweisungen. Sie haben vor Aufnahme der Tätigkeit bei Einstellung oder Versetzung eines Beschäftigten zu erfolgen. Laut § 12 Abs. 2 ArbSchG gilt das auch für den Einsatz eines Leiharbeitnehmers, der zuvor durch den Entleiher zu unterweisen ist. Im Unterschied zu § 12 ArbSchG wird in § 6 Abs. 4 präzise angeordnet, dass die Unterweisung mindestens einmal jährlich zu wiederholen ist, auch wenn sich keine Veränderungen ergeben haben (so auch schon § 4 Abs. 1 DGUV Vorschrift 1). Zusätzlich sind Veränderungen der Tätigkeit, der Arbeitsorganisation, der Ar...