Dr. jur. Edgar Rose, Prof. Dr. Jürgen Taeger
Schutzziel des Anhangs 3.7 ist eine Lärmbekämpfung in allen Arbeitsstätten an den Arbeitsplätzen der Arbeitsräume und in sonstigen Räumen, in denen sich Beschäftigte aufhalten. Unmittelbar auf Lärm zurückzuführende Gesundheitsschäden sollen unterbunden (Schutz gegen Lärmschwerhörigkeit, gegen Lärmstress und andere psychische Folgewirkungen) und sonstige mittelbar auf Lärm zurückzuführende negative Auswirkungen (erhöhtes Unfallrisiko durch Überhören von Warnrufen und -signalen, Störung sprachlicher Kommunikation, Minderung der Arbeitseffektivität durch fehlende Konzentration und Aufmerksamkeit) vermieden werden. Die Vorschrift enthält ein generelles Gebot, den Schalldruckpegel in Arbeitsstätten so niedrig zu halten, wie es nach Art des Betriebes möglich ist. Die Optimierung des Lärmschutzes ist damit eine Daueraufgabe, die unabhängig von der Einhaltung von Grenzwerten oder Auslöseschwellen besteht. Ein Richtwert ist in der ArbStättV seit der 5. Änderung vom 19.7.2010 nicht mehr enthalten. Allerdings findet sich in § 6 der am 9. März 2007 in Kraft getretenen Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung eine obere und eine untere Auslöseschwelle für Schutzmaßnahmen. Die ASR A3.7 "Lärm" enthält zudem in Abschn. 5 gestufte Grenzwerte.
Zum Thema Lärm existiert eine besonders große Zahl unterschiedlicher Rechtsquellen und Richtlinien. Die kurze Vorschrift in Anhang 3.7 wird seit Mai 2018 durch die sehr detaillierte ASR A3.7 konkretisiert, die im März 2021 mit einigen Ergänzungen neu gefasst worden ist. Auf der anderen Seite steht die LärmVibrationsArbSchV, die u. a. die EG-Richtlinie "Lärm" (2003/10/EG) in deutsches Recht umsetzt und ihrerseits durch eingehende Technische Regeln (TRLV) konkretisiert wird. Die ausdrückliche Abgrenzung in den Zielsetzungen dieser Regelungen leistet nunmehr Abschn. 2 Abs. 2 ASR A3.7. Die LärmVibrationsArbSchV betrifft besonders starke Lärmeinwirkungen z. B. auf Flughäfen ab einem Dauerschallpegel von 80 dB(A), die ASR A3.7 dagegen soll Lärmschutz auch unterhalb dieses Wertes, z. B. auch in Büros und Bildungseinrichtungen sicherstellen. Weitere Lärmschutzbestimmungen finden sich im Bauordnungsrecht der Länder. Außerdem sind Regelungen zum Schutz vor gesundheitsschädigendem Lärm im Jugendarbeitsschutzgesetz (§ 22 Abs. 1 Nr. 5) und im Mutterschutzgesetz (§ 11 Abs. 3) enthalten. Im Bergbau gilt seit dem 24.10.2017 auch die LärmVibrationsArbSchV anstelle von Sondervorschriften.
Darüber hinaus sind gemäß § 4 Nr. 3 ArbStättV die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen. Dazu gehören auch die Empfehlungen aus der VDI-Richtlinie 2058 Blatt 3 "Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unterschiedlicher Tätigkeiten" bzw. der DIN EN ISO 11690-1. Die VDI-Richtlinie empfiehlt, 70 dB(A) bei einfachen oder überwiegend mechanisierten Bürotätigkeiten und vergleichbaren Tätigkeiten, 55 dB(A) bei überwiegend geistigen Tätigkeiten nicht zu überschreiten. Nach der DIN EN ISO 11690-1 sollten in industriellen Arbeitsstätten 80 dB(A), bei routinemäßiger Büroarbeit 55 dB(A) und bei Tätigkeiten, die besondere Konzentration verlangen, 45 dB(A) angestrebt werden. Mit der ASR A3.7 werden für den Stand der Technik und den arbeitswissenschaftlichen Kenntnisstand im Jahre 2018 grundsätzlich Grenzwerte auf dem höheren Niveau verbindlich gemacht (55 dB(A)/70 dB(A)). Die ASR A3.7 stellt allerdings eine Vielzahl zusätzlicher Bedingungen auf, die eine fortschreitende Senkung des tatsächlichen Schalldruckpegels möglich machen.
Lärm sind alle störenden, belästigenden oder gesundheitsschädigenden Geräusche, die von einer Schallquelle (Maschinen und sonstigen geräuschträchtigen Anlagen, Arbeitsmitteln und -geräten, Fahrzeugen und Fördermitteln, menschlicher Kommunikation etc.) ausgehen. Nach § 2 Abs. 1 LärmVibrationsArbSchV ist Lärm jeder Schall, der zu einer Beeinträchtigung des Hörvermögens oder zu einer sonstigen mittelbaren oder unmittelbaren Gefährdung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten führen kann. Diese Definition ist auch in Abschn. 3.8 ASR A3.7 übernommen worden. In Abschn. 4 und in Anhang 1 der ASR A3.7 werden die einzelnen Gesundheitsgefährdungen durch Lärm differenziert dargestellt. Unterschieden werden extra-aurale und reversible aurale Lärmwirkungen. Aurale Lärmwirkungen betreffen das Gehör, extra aurale betreffen sonstige physiologische, psychische und soziale Wirkungen.
Als Grenzwerte werden in Abschn. 5.1 ASR A3.7 maximal zulässige Beurteilungspegel definiert. Zugrunde liegen die Begriffsbestimmungen von 3 Tätigkeitskategorien in Abschn. 3.16 ASR A3.7. Die Tätigkeitskategorie I betrifft Tätigkeiten, die eine andauernd hohe Konzentration oder hohe Sprachverständlichkeit erfordern. Die Tätigkeitskategorie II betrifft Tätigkeiten mit mittlerer Konzentration oder Sprachverständlichkeit. Geringere Konzentration oder Sprachverständlichkeit ist in der Tätigkeitskategorie III gefordert. Abweichend von älteren Unterscheidungen findet also keine schematische Zuor...