Lärmbelästigung am Arbeitsplatz: Grenzwerte und Maßnahmen
Was steht in der LärmVibrationsArbSchV?
Lärm ist eine der größten Gefährdungen für die Gesundheit der Beschäftigten in der modernen Arbeitswelt. Mit der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV) gibt es ein Regelwerk, das zum einen definiert, was Lärm ist und welche Lärm-Grenzwerte gelten, und zum anderen Schutzmaßnahmen benennt, mit denen Betriebe gegen zu hohe Lärmbelästigung am Arbeitsplatz vorgehen müssen bzw. können. Diese Verordnung gilt bundesweit für alle Unternehmen. Einzige Ausnahme bildet der Bergbau, für den das Bundesberggesetz zur Anwendung kommt.
So wird Lärm durch die LärmVibrationsArbSchV definiert: Hierbei handelt es sich um jeglichen Schall, der das Hörvermögen, die Gesundheit oder die Sicherheit der Beschäftigten beeinträchtigen oder gar schädigen könnte. Die Belastung der Beschäftigten wird durch den Tages- bzw. Wochen-Lärmexpositionspegel bemessen, die sich auf einen Arbeitstag von acht Stunden und eine Arbeitswoche von 40 Stunden beziehen.
Wie laut darf es am Arbeitsplatz sein? Welche Grenzwerte gibt es?
Die LärmVibrationsArbSchV legt darüber hinaus konkrete Grenzwerte fest, bei denen der Arbeitgeber sofort bestimmte Schutzmaßnahmen einleiten muss. In der Verordnung wird aber anstatt von Grenzwerten von sogenannten Auslösewerten gesprochen. Damit ist gemeint, dass ein bestimmter Messwert beim Arbeitgeber eine Reaktion auslösen soll. In Hinsicht auf den Lärm sollte ihr zufolge ein Auslösewert von 80 Dezibel (dB) möglichst nicht überschritten werden.
Die genauen Auslösewerte in Bezug auf die Tages-Lärmexpositionspegel (d.h. der Mittelwert des Lärms an einem Arbeitsplatz) und den Spitzenschalldruckpegel (d.h. maximale Lautstärke am Arbeitsplatz) sind:
Obere Auslösewerte: LEX,8h= 85 dB beziehungsweise LpC,peak= 137 dB
Untere Auslösewerte: LEX,8h= 80 dB beziehungsweise LpC,peak= 135 dB
Was muss der Arbeitgeber bei Überschreiten der Grenzwerte tun?
Arbeitsbereiche, in denen diese Auslösewerte überschritten werden, müssen als solche gekennzeichnet und möglichst auch von anderen Bereichen abgegrenzt werden. Die Beschäftigten dürfen sich nur dann in den gekennzeichneten Bereichen aufhalten, wenn es das Arbeitsverfahren verlangt und sie eine wirksame Schutzausrüstung tragen.
Ansonsten muss der Arbeitgeber bei Überschreitung der Tages-Lärmexpositionspegel folgende Maßnahmen einleiten (dieselben Maßnahmen gelten auch für den Schalldruckpegel):
- Sind 80 dB überschritten, müssen die betroffenen Arbeitnehmer unterwiesen werden, um unter anderem die Lärmsituation und das Gefährdungspotential an ihren Arbeitsplätzen richtig einschätzen zu können. Lässt sich der Lärm am Arbeitsplatz nicht verringern, muss der Arbeitgeber den Beschäftigten einen geeigneten Gehörschutz zur Verfügung stellen. Auch eine arbeitsmedizinische Angebotsvorsorge muss der Arbeitgeber für diese Beschäftigten veranlassen.
- Bei mehr als 85 dB muss der Arbeitgeber nicht nur dafür sorgen, dass die Beschäftigten mit einem geeigneten Gehörschutz ausgestattet werden. Er muss darüber hinaus auch sicherstellen, dass dieser von seinen Beschäftigten auch getragen bzw. benutzt wird. Weiterhin gilt für die Beschäftigten nun die arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge, sie müssen also an diesen Untersuchungen teilnehmen. Um die Lärmsituation zu verbessern, besteht für den Arbeitgeber schließlich die Pflicht, zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen zu planen und umzusetzen.
Drei Dinge sollten Arbeitgeber weiterhin beachten:
- Die Arbeitsstättenverordnung sieht den kritischen Grenzbereich der gesundheitsschädlichen Lärmbelastung bereits zwischen 55 dB und 70 dB, je nach Arbeitstätigkeit. In Österreich setzt die RIS Verordnung Lärm und Vibrationen den Grenzwert zumindest für geistige Tätigkeiten sogar schon bei 50 dB an, für „normale Bürotätigkeiten“ bei 65 dB.
- Wichtiger noch: Bei einer Lärmmessung wird eigentlich nur die Wirkung des Hörschalls bzw. des Schalldruckpegels auf die Beschäftigten untersucht. Aber erst wenn diese Wirkung von den Betroffenen als störend, beeinträchtigend oder gar belastend empfunden wird, kann der Hörschall bzw. Schalldruckpegel tatsächlich als Lärm bezeichnet und als Gesundheitsgefährdung eingeordnet werden – das kann aber auch schon bei dB-Werten unterhalb der zulässigen gesetzlichen Grenz- bzw. Auslösewerte sein (siehe auch Infokasten).
- Schließlich entstehen bei Lärmpegelmessungen im Betrieb häufig Fehler, die unter anderem durch die falsche Kalibrierung der Messgeräte verursacht werden.
Irrelevant Sound Effects |
Als störend während der Arbeit werden vor allem Schalleindrücke wahrgenommen, die für die eigene Arbeit und Informationsaufnahme nicht von Bedeutung sind: die sogenannten Störschalle, vor allem in der Form störender Hintergrundgeräusche. Nur diese gelten in der modernen Lärmforschung als eigentlicher „Lärm“. Wissenschaftler nennen diese Störschalle „Irrelevant Sound Effects“. Die eigentliche Lautstärke ist bei diesem Phänomen nicht allein entscheidend. Schon ein Geräuschpegel von 40 Dezibel kann die eigene Konzentration stark stören, sodass die Erinnerungsfähigkeit sinkt, teilweise um 10 bis 15 Prozent. Vor allem wenn viele Informationen aufgenommen, gespeichert oder beurteilt werden müssen und unter Zeitdruck gearbeitet wird, hat die Anwesenheit von Hintergrundlärm negative Auswirkungen auf die Entscheidungszeiten, die gespeicherte Informationsmenge und die Fehlerraten. Mit der Zeit kann aus der Belästigung und Leistungsminderung eine derart starke Belastung werden, dass gesundheitliche Folgen auftreten können. |
Was kann der Arbeitgeber darüber hinaus gegen Lärmbelästigung am Arbeitsplatz tun?
Wie bei allen Arbeitsschutzmaßnahmen bildet die Gefährdungsbeurteilung auch beim Lärmschutz die Grundlage, um mögliche Gefährdungen und Risiken für die Beschäftigten zu ermitteln. In diesem Rahmen müssen der Tages-Lärmexpositionspegel und der Spitzenschalldruckpegel an allen Arbeitsplätzen im Unternehmen ermittelt werden (siehe oben).
Der Gehörschutz, mit dem die Arbeitgeber ab einem Auslösewert von 80 dB ihre Beschäftigten versorgen müssen, ist eine personenbezogene Schutzmaßnahme und sollte nach dem S-T-O-P-Prinzip erst nach der Berücksichtigung von technischen und organisatorischen Maßnahmen erwogen werden. Zudem werden Gehörschutzmittel überwiegend in Arbeitsumgebungen mit besonders hoher Lärmexposition, beispielsweise Handwerk, Straßenbau und Industrie, eingesetzt. Generell sollten bauplanerische und raumakustische Maßnahmen den Vorrang haben, dies gilt insbesondere für die Arbeit im Dienstleistungssektor, da hier allein schon aufgrund der ständigen Kommunikation das Tragen von Gehörschutzmitteln auf Dauer problematisch wäre.
Beispiel: Lärmreduzierungsmaßnahmen für Großraumbüros
- Ein Teppichboden kann besonders gut Trittschall dämmen.
- Der Schall kann durch so genannte Desktop-Screens an seiner Ausbreitung gehindert werden. Diese können in ausreichender Höhe direkt am Arbeitsplatz befestigt werden.
- Der gleiche Effekt wie bei den Desktop-Screens lässt sich auch durch andere raumteilende oder von der Decke abgehängte Elemente erreichen.
- Schallabsorber sind besonders effektiv und sollten vorzugsweise an der Decke angebracht werden.
Lärmbelästigung nach Zeit
Der über die Zeit (Achtstundenschicht) gemittelte Lärmexpositionspegel in einer 40-Stunden-Woche darf 80 dB (A) nicht überschreiten. Wenn dieser Auslösewert nicht eingehalten wird, muss der Arbeitgeber dem Beschäftigten einen geeigneten persönlichen Gehörschutz zur Verfügung stellen.
Lärmbelästigung im Homeoffice
Auch im Homeoffice kann Lärm Stress und sogar Gesundheitsschäden verursachen. Hier gibt es zwei Lärmquellen: der Lärm im eigenen Büro/Haushalt (beispielsweise durch die Kinder oder Hausarbeit) sowie der Lärm von außen (aus den Nachbarwohnungen oder durch den Straßenverkehr). Zunächst: Kann ein Arbeitgeber seinem Beschäftigten bei einem Überschreiten der Grenzwerte keinen lärmgeschützten Arbeitsplatz im Unternehmen anbieten, muss er ihn im Homeoffice arbeiten lassen. Ab dem Auslösewert von 80 dB ist der Arbeitgeber verpflichtet, auch bei einem Beschäftigten im Homeoffice alle oben genannten Schutzmaßnahmen umzusetzen. Der Arbeitnehmer hat aber keinen rechtlichen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihm ein ruhiges Hotelzimmer oder eine andere Räumlichkeit, die nicht Teil des Unternehmens ist, zur Verfügung stellt und finanziert.
Was können Arbeitnehmer im Homeoffice selbst tun, um die Lärmbelästigung deutlich zu reduzieren? Generell ist auch für Homeoffice-Mitarbeiter ein Gehörschutz vom Vorteil, um die größte Lärmbelästigung zu vermeiden. Durch das Anbringen von Schalldämmungen, zum Beispiel sogenannte Akustikbilder, und das Auslegen von Teppichen kann der Schall von außen zwar nicht gedämpft werden, aber durch ihre absorbierenden Eigenschaften können diese Elemente den Hall innerhalb des Raumes verringern und damit die Raumakustik positiv beeinflussen.
Welcher Lärm belastet im Büro am meisten?
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