Dr. jur. Edgar Rose, Prof. Dr. Jürgen Taeger
Im Zuge der ArbStättV-Reform 2016 ist der Anhang um den Punkt 6 "Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen" erweitert worden, um die Regelungen der Bildschirmarbeitsverordnung in die ArbStättV zu überführen. Der Verordnungsgeber beabsichtigte damit (siehe BR-Drs. 506/16 S. 34 f.) u. a. eine integrale Beurteilung der Bildschirmarbeit zusammen mit Aspekten der Beleuchtung, der Lärmentwicklung und des Flächenbedarfs. Außerdem sollte damit der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) für die baldige Erarbeitung einer Technischen Regel zum Thema Bildschirmarbeit zuständig werden. Es dauerte allerdings acht Jahre, bis im Juli 2024 die ASR A6 Bildschirmarbeit in Kraft gesetzt wurde. Außer in Anhang 6, der die materiellen Vorschriften enthält, finden sich in der ArbStättV in § 1 Abs. 4 und 5, § 2 Abs. 5 bis 7 sowie § 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 bereits Regelungen zum Anwendungsbereich sowie Begriffs- und Verfahrensbestimmungen des Bildschirmarbeitsrechts.
Bildschirmarbeit ist bei Büro-, Verwaltungs- und vielen Dienstleistungstätigkeiten seit langem der Regelfall. Auch industrielle Prozesse werden am Bildschirm gesteuert. Maschinen und Werkzeuge verfügen oft ebenfalls über Bildschirme, die allerdings gemäß § 1 Abs. 5 teilweise nicht dem Bildschirmarbeitsrecht des Anhang 6 unterliegen. Unterschiedliche Berechnungen gehen davon aus, dass bis zu 70 % aller Beschäftigten mit einem Bildschirm arbeiten. Mehr als 30 % arbeiten auf einem Büroarbeitsplatz, bei dem das Bildschirmgerät klar dominiert. Gesundheitsgefahren zeigen sich in Gestalt von Augenbeschwerden, Kopfschmerzen und schmerzhaften Verspannungen bzw. eines Verschleißes des Stütz- und Bewegungsapparates (speziell im Bereich Hände/Unterarm). Auch psychische Belastungen treten auf, insbes. wenn die hohe Informationsdichte bei der Bildschirmarbeit zur Überforderung führt. Eine Übersicht über die relevanten Belastungen ergibt sich aus Abschn. 4 ASR A6.
Bei der Überführung der Regelungen der BildscharbV in Anhang 6 der ArbStättV sind verschiedene Aspekte ergänzt worden, die der Ausdifferenzierung der Technik (insbesondere in stationäre und mobile Geräte) und den gewachsenen Erfahrungen mit der Bildschirmarbeit Rechnung tragen.
Viel weitreichender sind allerdings die zahlreichen Ergänzungen des Bildschirmarbeitsrechts durch die ASR A6 die im Juli 2024 in Kraft gesetzt wurden. Allein die konkreten Anforderungen an die Gestaltung der Bildschirmarbeit füllen 22 Seiten dieser ASR. Rechtlich handelt es sich zwar nicht um unmittelbar anzuwendendes Recht. Aber wie jede ASR ist auch die ASR A6 nach § 3a Abs. 1 Satz 2 bis 4 beim Einrichten und Betreiben der Arbeitsstätte zu berücksichtigen. Soweit ihre Regeln nicht angewendet werden, müssen durch andere Maßnahmen die gleiche Sicherheit und der gleiche Gesundheitsschutz der Beschäftigten erreicht werden. Die ASR A6 fasst den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie die ergonomischen Anforderungen bei Bildschirmarbeit verlässlich zusammen. Angesichts der rasanten technischen Entwicklung ist sie deutlich aktueller als Anhang 6 ArbStättV. Außerdem werden wichtige Fragen u. a. des Anwendungsbereichs des Bildschirmarbeitsrechts oder der Telearbeit geklärt. Die Gestaltungsanforderungen in Abschn. 6 ASR A6 konkretisieren Anhang 6 ArbStättV in allerdings abweichender Abfolge der einzelnen Aspekte.
Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung erforderlich
Laut Abschn. 4 Abs. 4 ASR V3 sind Gefährdungsbeurteilungen zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren, u. a. bei der Änderung von relevanten Rechtsvorschriften oder Technischen Regeln. Das gilt selbstverständlich auch nach Inkrafttreten von völlig neuen Technischen Regeln wie der ASR A6. Eine Überprüfung, ob vorliegende Gefährdungsbeurteilungen zur Bildschirmarbeit nach Inkrafttreten der ASR A6 deren Anforderungen gerecht werden, ist also unausweichlich.
Es ist denkbar, dass eine solche Überprüfung ergibt, dass die Regeln und Erkenntnisse, die in der ASR A6 bekannt gemacht werden, bereits zuvor berücksichtigt worden sind. Denn der Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie die ergonomischen Anforderungen bei Bildschirmarbeit haben sich auch schon vor Inkrafttreten der ASR A6 aus anderen Quellen, z. B. der DGUV-I 215-410, entnehmen lassen. Angesichts der vielfältigen sehr konkreten Detailregelungen in der ASR A6 ist das aber wohl selten der Fall. Ganz überwiegend dürfte daher eine erneute aktualisierende Gefährdungsbeurteilung der Bildschirmarbeit unter Berücksichtigung der ASR A6 erforderlich sein.
3.6.1 Allgemeine Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze (Anhang 6.1)
In Anhang 6.1 werden die Anforderungen zusammengefasst, die generell für alle Bildschirmarbeitsplätze gelten. Mit der ArbStättV-Reform 2016 ist in Anhang 6.1 Abs. 1 S. 1 die Generalklausel eingefügt worden, dass Bildschirmarbeitsplätze so einzurichten und zu betreiben sind, dass die Sicherheit und der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gewährleistet sind. In Anhang 6.1 Abs. 1 S. 2 wird hervorgehoben, dass die Grundsätze der Ergonomie bei der Gestaltung und Beurteilung vo...