Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst, Dr. Petra Bernatzeder
Bei der Vorstellung und Diskussion möglicher zu überprüfender Belastungsfaktoren kam Erleichterung auf. Die meisten Faktoren waren bereits ständiger Bestandteil der regelmäßig stattfindenden Mitarbeiterbefragung. Bisher waren Verbesserungen zu konkreten Themen im Hinblick auf Effektivität und Zufriedenheit angesetzt worden. Dass damit auch die wesentlichen Einflussfaktoren psychischer Belastung erfasst werden, lag nicht gleich klar auf der Hand. Die Sorge, sich um die persönlichen Befindlichkeiten oder Stressfolgen im Rahmen dieser Analyse kümmern zu müssen, verstellte den Blick und förderte damit die Unsicherheit (vgl. auch Abb. 2).
Nur Erhebung der möglichen Belastungsfaktoren
Bevor eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen in einem Betrieb das erste Mal durchgeführt wird, bestehen oft Befürchtungen und Missverständnisse. Daher ist es wichtig, vorab festzuhalten und in der Belegschaft zu kommunizieren, dass es nur um die Erhebung und Bewertung möglicher Belastungsfaktoren geht. Ziel ist nicht, die Stressresistenz oder die Belastungsfolgen bei den Mitarbeitenden zu diagnostizieren!
Abb. 2: Konkreter Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung sind die Arbeitsbedingungen in Tätigkeitsgruppen
Die Rahmenbedingungen lassen sich in 4 wesentliche Merkmalsbereiche – Arbeitsinhalt/Arbeitsaufgabe, Arbeitsorganisation, soziale Beziehungen, Arbeitsumgebung – gliedern. Tab. 1 enthält Beispiele möglicher Belastungsfaktoren.
Merkmalsbereiche |
Belastungsfaktoren (Beispiele) |
Arbeitsinhalt/Arbeitsaufgabe |
- Vollständigkeit der Aufgabe
- Handlungsspielraum
- Variabilität (Abwechslungsreichtum)
- Information/Informationsangebot
- Verantwortung
- Qualifikation
- emotionale Inanspruchnahme
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Arbeitsorganisation |
- Arbeitszeit
- Arbeitsablauf (Zeitdruck/hohe Arbeitsintensität, Arbeitsmenge, Taktbindung, Störungen/Unterbrechungen)
- Prozesse/Kooperation
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Soziale Beziehungen |
- zu Kollegen
- zu Vorgesetzten
- Anerkennung, Wertschätzung
- Unterstützung
- Zusammenarbeit im Team
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Arbeitsumgebung |
- physikalische, chemische Faktoren
- physische Faktoren
- Arbeitsräume, Arbeitsplatz- und Informationsgestaltung
- Arbeitsmittel
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Tab. 1: Beispiele möglicher Belastungsfaktoren
Ausführlicher als die anderen Faktoren wurde die emotionale Inanspruchnahme diskutiert, die bei manchen Tätigkeiten besonders relevant erscheint – z. B. im Beschwerdemanagement und auch im Führungsalltag bei besonders kritischen Veränderungsprozessen.