Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Glas ist ein lichtdurchlässiger Baustoff, der aufgrund seiner vielfältigen architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten inzwischen in vielen Gebäude- und Anlagenteilen verwendet wird, nicht nur in Fenstern und Türen, sondern auch in Decken, Wänden, Böden, Verkleidungen usw.
Besondere Gefahren bei der Verwendung von Glas entstehen durch Anprall an Glasflächen, durch Glasbruch oder das Versagen von Bauteilen (Absturz). Vergleichbares gilt auch für die Verwendung von lichtdurchlässigen Kunststoffen. Die Vorgaben für Glasbauteile und Verglasungen in Abhängigkeit von der Anwendung haben sich in den letzten Jahren z. T. verändert (z. B. Einsatz von Drahtglas in Türen). Besondere Anforderungen an Glasbauteile ergeben sich aus weiter gehenden Sicherheitsanforderungen (Brandschutz, Schutz vor kriminellen Übergriffen, Sport- und Spielbereiche), die gesondert geregelt sind.
Die grundsätzlichen Anforderungen an Glas als Baustoff sind im Baurecht (§ 37 Abs. 2 Musterbauordnung) und im Arbeitsstättenrecht (Anhang 1.5 Abs. 3, Anhang 1.7 Abs. 2 und 4 Arbeitsstättenverordnung) verankert. Danach müssen Glastüren, Glaswände oder -dächer aus bruchsicherem Werkstoff ausgeführt oder so abgeschirmt sein, dass Personen nicht damit in Berührung kommen oder beim Zersplittern nicht verletzt werden können. Außerdem müssen durchsichtige Bauelemente so gestaltet sein, dass sie gut erkennbar sind. Konkreteres regeln die Arbeitsstättenrichtlinien ASR A1.7 "Türen und Tore" und ASR A1.6 "Fenster, Türen, lichtdurchlässige Wände". Details finden sich in DGUV-I 208-014 "Glastüren, Glaswände" und DGUV-I 202-087 "Mehr Sicherheit bei Glasbruch".
1 Risiken von Glas als Baustoff
Folgende unterschiedliche Risiken müssen bei der Verwendung von Bauteilen aus Glas beurteilt werden:
- Besteht die Gefahr, dass Personen oder Gegenstände gegen die Glaselemente prallen (Anforderungen an die Bruchfestigkeit, ferner Kennzeichnung von Glasflächen)?
- Besteht die Gefahr, dass Personen entweder durch direktes Berühren gesplitterter Gläser oder herabfallende Splitter verletzt werden können (Bruchverhalten, Splitterschutz)?
- Besteht die Gefahr, dass Personen durch Glasflächen hindurch abstürzen (Absturzsicherheit)?
2 Materialeigenschaften von Verglasungen
Eine Vielzahl von Baunormen regeln die unterschiedlichen Eigenschaften von Glasbaustoffen bzw. lichtdurchlässigen Kunststoffen. Diese sind nicht in allen Punkten einheitlich und beziehen sich auf unterschiedliche Anwendungsbereiche.
Folgende Eigenschaften und Bezeichnungen sind besonders wesentlich:
Die Bruchfestigkeit ist ein Maß für die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stoß- und Biegebelastung. Sie ist wesentlich für die Verkehrssicherheit eines Bauteils aus Glas und natürlich auch eine Frage der Dimensionierung.
Einige Glasarten wie das "normale" Fensterglas (Floatglas), Drahtglas und Profilbauglas gelten aber bereits aufgrund der natürlichen Werkstoffeigenschaften als nicht hinreichend bruchfest und deshalb nur eingeschränkt verkehrssicher.
Als bruchsicher gelten Werkstoffe, die hinreichend bruchfest sind und beim Bersten durch Stoß- oder Biegebeanspruchung keine scharfkantigen oder spitzen Teile herauslösen. Bruchsichere, lichtdurchlässige Werkstoffe sind:
Kunststoffe wie Acrylglas (Handelsbezeichnungen Plexiglas, Makrolon), Polycarbonate usw. in angemessener Dimensionierung. Diese sind in vielfältigen Ausstattungen erhältlich und besonders wegen ihres geringen Gewichts bei hoher Stabilität vorteilhaft. Dafür sind sie weniger kratz- und alterungsbeständig.
Sicherheitsgläser wie
- Einscheibensicherheitsglas (ESG) nach DIN EN 12150, das durch thermische Behandlung vorgespannt wird und so nicht nur eine erhöhte Bruchfestigkeit erreicht, sondern auch bei Zerstörung in kleine, relativ stumpfe Krümel zerfällt. ESG-Bauteile können nicht nachträglich bearbeitet werden. Sie sind an einem Stempelaufdruck erkennbar (vgl. Abb. 1).
- Verbundsicherheitsglas (VSG) nach DIN EN ISO 12543 besteht aus mindestens zwei Glasplatten, die thermisch und unter hohem Druck mit einer zähelastischen, reißfesten Folie untereinander verbunden sind. Es hat ebenfalls eine hohe Bruchfestigkeit. Bei Zerstörung haften die Scherben im Verbund. Dadurch werden Verletzungen vermieden, allerdings können solche Gläser z. B. im Brandfall nicht ohne Weiteres herausgeschlagen werden. VSG wird nicht besonders gekennzeichnet und kann vom ungeübten Auge nicht immer identifiziert werden, am ehesten an den Profilkanten. VSG wird auch mit Drahteinlagen hergestellt, darf aber nicht mit herkömmlichem Drahtglas (Einscheibenglas mit Drahteinlage, s. u.) verwechselt werden.
Abb. 1: Stempelaufdruck für Einscheibensicherheitsglas
Glasbausteine: Wände aus Glasbausteinen müssen unter Umständen aber für ausreichende Stabilität z. B. mit Betonstützen verarbeitet werden.
Drahtglas (Drahtornamentglas) wird nach heutiger Auffassung generell nicht als hinreichend bruchsicher angesehen. Die Drahteinlage fixiert zwar bei Bruch die Scherben, erhöht aber kaum die Bruchfestigkeit. Außerdem ist die Oberfläche gesplitterten Drahtg...