Dr. Josef Sauer, Dipl.-Biol. Bettina Huck
Zusammenfassung
Industriereinigung ist die Reinigung von Anlagen und Einrichtungen des Produktionsbereichs industriell genutzter Gebäude.
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
- DGUV-R 100-500"Betreiben von Arbeitsmitteln", Kap. 2.36 "Arbeiten mit Flüssigkeitsstrahlern"
- DGUV-I 214-022 "Industriereinigung – Schutzmaßnahmen und arbeitsmedizinische Vorsorge"
- DGUV-R 113-004"Behälter, Silos und enge Räume; Teil 1: Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen"
- VDMA 24389 "Anlagen für Trockeneisstrahlen – Sicherheitsanforderungen"
1 Reinigungsarbeiten
Die klassische Gefährdung bei Reinigungsarbeiten ist die chemische Gefährdung, die durch den Umgang mit Gefahrstoffen entsteht, die
- zur Reinigung eingesetzt werden,
- in der Produktion verwendet werden,
- während der Reinigung erst entstehen.
Im Folgenden werden unterschiedliche spezielle Gefährdungen der Industriereinigung näher beschrieben.
2 Spezielle Gefährdungen in der Industriereinigung
2.1 Hochdruckwasserstrahlreinigung
Behältnisse und Oberflächen können mit Wasserhochdruck gereinigt werden. Folgende Gefährdungen sind hierbei zu beachten:
- Rückstoß der handgehaltenen Spritzeinrichtung,
- Einsatz von Gefahrstoffen,
- Schneideinwirkung des Flüssigkeitsstrahls,
- Wassertemperatur (Verbrennungen),
- defekte Schlauchleitungen.
Das Reinigen mit Hochdruck wird oft unterschätzt, da "nur mit Wasser" gearbeitet wird. Dabei sind Hochdruckverletzungen nicht selten und gehen zum Teil mit ernsthaften Verletzungen einher.
Hochdruckreiniger, insbesondere die Spritzeinrichtungen, sollten regelmäßig überprüft werden. Die Rückstoßkraft in Längsachse sollte 250 N nicht überschreiten. Bei Kräften größer 250 N sind Körperstützen einzusetzen. Die Rückstoßkraft darf sich nicht schlagartig aufbauen. Aus der Betätigungseinrichtung sollte sofort nach Loslassen keine Flüssigkeit mehr austreten. Die Schalteinrichtung darf nicht versehentlich gelöst werden und nicht manipuliert sein (Feststellung). Bei der PSA ist Nässeschutzkleidung erforderlich. Bei Drücken über 250 bar und einer Lanzenlänge kleiner gleich 75 cm sind Sicherheitsschuhe (S 5) mit zusätzlicher Schutzfunktion im oberen Fußbereich zu tragen bzw. entsprechender Fußschutz mit Gamaschen zu verwenden.
2.2 Trockeneisstrahlen
Beim Trockeneisstrahlen (Schnee- und Partikelstrahlen) dient Kohlendioxid in fester Form als Strahlpartikel. Oberflächenbeläge werden schonend gelöst, der Untergrund wird nicht angegriffen. Bakterien und Viren werden abgetötet.
- Beim sog. Schneestrahlen entstehen die Partikel durch Expansion des flüssigen Gases bei Austritt aus der Düse. Die Partikel werden mit oder ohne Trägergas verstrahlt.
- Für das Partikelstrahlen wird Trockeneis zuvor zu Pellets verpresst, die dann über einen Druckluftstrom auf die zu reinigende Oberfläche treffen. Beim Auftreffen der Pellets wird der Belag spröde und bildet Risse; dies erleichtert das Ablösen. Beim Verdampfen des Trockeneises erhöht sich dessen Volumen enorm und der Belag wird schließlich von der Oberfläche abgehoben.
Mögliche Gefährdungen sind v. a.:
- Körperkontakt mit dem direkten oder reflektierten Trockeneisstrahl (Verletzungen, gesundheitsgefährdende Stoffe der abgestrahlten Oberfläche),
- Leckage oder Bersten der Strahlanlage (Kaltverbrennung, Ersticken),
- vom Trockeneis beschleunigte Gegenstände,
- Stromschlag, wenn die elektrische Ausrüstung wegen eines Fehlers spannungsführend ist,
- Lärmemission (Gehörschäden),
- Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre durch vom Trockeneisstrahl aufgewirbelten Staub.
Trockeneisstrahlanlagen müssen den Sicherheitsanforderungen und/oder den Schutzmaßnahmen nach VDMA 24389 entsprechen und nach den Leitsätzen der EN 12100 konstruiert sein. Handgeführte Applikatoren müssen so gestaltet und konstruiert sein, dass nach Loslassen der Betätigungseinrichtung weder Strahlmittel noch Druckluft weiter zugeführt werden. Die Betätigungsvorrichtung muss gegen unbeabsichtigtes Auslösen durch eine automatisch arretierende Blockiereinrichtung geschützt sein und darf in der Einschaltstellung nicht arretierbar sein. Als persönliche Schutzausrüstung können Atemschutzgerät, Gehörschutz, Schutzkleidung, Schutzbrille oder Visier, Schutzhandschuhe und -schuhe sowie Kohlendioxid-Überwachungsgeräte zum Einsatz kommen.
2.3 Reinigung in Behältern, Silos, engen Räumen
Die Reinigung ist eine der Hauptarbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen. Hier sind grundsätzlich die Schutzmaßnahmen nach DGUV-R 113-004 zu berücksichtigen. Vor Beginn der Arbeiten ist zwingend eine Gefährdungsbeurteilung in jedem Einzelfall notwendig.
Die Reinigungsverfahren an sich bringen bereits einige Gefährdungen mit sich. Bei der Ausführung in Behältern, Silos und engen Räumen jedoch, wird das Gefährdungspotenzial verstärkt, da
- Fluchtwege stark eingeschränkt sind,
- Sicherheitsabstände stark reduziert sind und man somit direkt von den Reinigungsbegleiterscheinungen betroffen ist.
Nach dem Schutzmaßnahmenkonzept sind Reinigungen im geschlossenen Verfahren empfehlenswert, sodass das Personal mit der eigentlichen Reinigung nicht mehr konfrontiert wird und somit auch die Gefährdung auf ein Minimum beschränkt ist.