Dr. rer. nat. Ulrich Welzbacher
Die TRGS 201 unterscheidet
- eine "vollständige Kennzeichnung", die im Regelfall anzuwenden ist, und eine
- "vereinfachte Kennzeichnung", die in bestimmten Anwendungsfällen ausreichend ist.
Abweichungen von der vollständigen Kennzeichnung
Abweichungen von der vollständigen Kennzeichnung setzen eine entsprechende Betriebsanweisung mit der zugehörigen Unterweisung der Beschäftigten über die an den Arbeitsplätzen auftretenden Gefahren und die Beachtung der notwendigen Schutzmaßnahmen voraus.
Bei der vereinfachten Kennzeichnung müssen mindestens die Bezeichnung des Stoffes bzw. Gemisches sowie die Gefahrenpiktogramm(e) nach CLP-Verordnung sowie die jeweilige(n) "Hauptgefahr(en)" angegeben werden durch
- physikalisch-chemische,
- gesundheitsgefährdende und
- umweltgefährliche Wirkungen.
Die Unterschiede der verschiedenen Arten der Kennzeichnung sind in Tab. 2 dargestellt:
Kennzeichnungselemente nach CLP-Verordnung |
beim Inverkehrbringen |
bei Tätigkeiten |
vollständig |
vereinfacht |
Name, Anschrift und Telefonnummer des Herstellers, Importeurs oder Lieferanten |
ja |
nein |
nein |
Nennmenge des Stoffes/Gemisches |
ja |
nein |
nein |
Produktidentifikatoren |
|
|
|
bei Stoffen |
|
|
|
– Stoffname |
ja |
ja |
ja |
– Identifikationsnummer |
ja |
nein |
nein |
bei Gemischen |
|
|
|
– Handelsname oder -bezeichnung |
ja |
ja |
ja |
– Identität bestimmter Inhaltsstoffe |
ja |
empfohlen |
empfohlen |
Gefahrenpiktogramm(e) |
ja |
ja |
ja |
Signalwort |
ja |
ja |
nein |
Gefahrenhinweise |
ja |
ja |
nein |
Sicherheitshinweise |
ja |
ja |
nein |
Ergänzende Informationen, z. B. zusätzliche Hinweise wie EUH-Sätze |
ja |
ja |
nein |
Tab. 2: Unterschiede der verschiedenen Arten der Kennzeichnung
3.1 Gefährdungsbeurteilung entscheidend
Anders als bei der Kennzeichnung für das Inverkehrbringen macht die TRGS 201 die Entscheidung darüber, ob eine vollständige Kennzeichnung erforderlich ist oder die "vereinfachte" Kennzeichnung ausreicht, vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung abhängig. Grund: Die Kennzeichnung bei Tätigkeiten soll im Wesentlichen eine Warnwirkung für die Beschäftigten bei der Verwendung des Gefahrstoffes haben.
Vereinfachte Kennzeichnung
Ist bei einer vereinfachten Kennzeichnung die Aussagekraft der reinen Gefahrenpiktogramme zur Beschreibung der Gefahr zu unspezifisch, kann es erforderlich sein, den Gefahrenhinweis oder andere Kurzinformationen, wie z. B. die Bezeichnung der Gefahrenklasse zu ergänzen.
Die Berufsgenossenschaft "Rohstoffe und Chemische Industrie" (BG RCI) hat im Zusammenhang mit der DGUV-Information 213-850 "Sicheres Arbeiten in Laboratorien – Grundlagen und Handlungshilfen" (Laborrichtlinien) für Standflaschen in Laboratorien ein solches vereinfachtes Kennzeichnungssystem mit geeigneten Kurzinformationen erarbeitet. Die dort vorgeschlagenen ergänzenden Texte sind im Zusammenhang mit den jeweiligen Piktogrammen in Abb. 1 dargestellt. Dabei können die jeweiligen Gefahrenabstufungen in den Spalten abgelesen werden.
Abb. 1: Übersicht über die Piktogramm-Phrasenkombinationen des vereinfachten Kennzeichnungssystems der DGUV für Laboratorien
Bei Gemischen ist die zusätzliche Angabe der Gefahr(en) auslösenden Komponente(n) in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung sinnvoll.
Werden bei der Gefährdungsbeurteilung mehr als eine Hauptgefahr je Gefahrenart (physikalisch-chemische Gefahren, Gesundheits- oder Umweltgefahren) ermittelt, können die Gefahrenpiktogramme reduziert werden. Die TRGS schlägt dafür eine Rangfolge vor, die gewisse Ähnlichkeiten mit der Regelung in Art. 26 der CLP-Verordnung aufweist (Abb. 2).
Abb. 2: Rangfolge von CLP-Piktogrammen bei gleichgelagerten Gefahren unterschiedlicher Schwere
3.2 Informationsermittlung
Bei allen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen stehen am Anfang die Informationsermittlung und die Bewertung der Ermittlungsergebnisse.
Informationsermittlung
Informationsermittlung bedeutet, dass der Arbeitgeber bei nicht ausreichend gekennzeichneten Gefahrstoffen die gefährlichen Eigenschaften – wie in § 6 GefStoffV beschrieben – ermitteln muss. Dazu gehört die Ermittlung der gefährlichen physikalisch-chemischen, toxischen und umweltgefährlichen Eigenschaften der Stoffe und Gemische. Aus der Bewertung der Ermittlungsergebnisse ergibt sich dann die Einstufung.
Geeignete Quellen zur Informationsermittlung finden sich in Anhang 1 der TRGS 201.
Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis
Neben den Sicherheitsdatenblättern für Inhalts- und Ausgangsstoffe kann auch das Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis ("C&L-Inventory") der Europäischen Chemikalienagentur ECHA genutzt werden. Dieses Verzeichnis enthält die wesentlichen Einstufungs- und Kennzeichnungsinformationen der gemeldeten und registrierten Stoffe sowie die Liste der harmonisierten Einstufungen (Tabelle 3 in Anhang VI 1272/2008/EG).
3.3 Mindesteinstufung bei unzureichenden Informationen
Es kann vorkommen, dass für Stoffe oder Gemische keine Daten oder entsprechend aussagekräftige Informationen vorliegen
- zu akut toxischen, reizenden, keimzellmutagenen bzw. hautsensibilisierenden Wirkungen oder
- zur Wirkung bei wiederholter Exposition.
In diesem Fall müssen diese Stoffe oder ...