Zunächst stellen wir uns die Frage, wie es zu Arbeitsunfällen kommt. Bei Unfallanalysen fällt auf, dass bei fast allen Arbeitsunfällen menschliches Fehlverhalten im Spiel ist. Nicht als einzige Ursache, aber als eine Ursache, die oftmals den Unfall auslöst. Also muss man sich die Frage stellen, wie es zu einem bestimmten Verhalten eines Mitarbeiters im Unternehmen kommt. Es gibt viele Einflussfaktoren, die wir in 3 Kategorien zusammenfassen können:
2.1 Innere Einstellung
Zunächst orientiert sich das Verhalten eines Menschen immer an seiner inneren Einstellung. Diese hat er durch seine Sozialisierung erworben, also durch all die Dinge, die in seinem Leben bisher auf ihn eingewirkt haben. Diese Einstellung bringt ein Mensch bereits mit, wenn er im Unternehmen beginnt zu arbeiten. Bekanntermaßen gibt es Menschen mit völlig unterschiedlichen Einstellungen. Es gibt sehr risikobereite und risikoscheue Menschen, sehr disziplinierte und undisziplinierte Menschen, Menschen, die sich an Regeln orientieren, und solche, die Regeln so auslegen, dass sie es dann einfacher haben.
Ein Beispiel aus dem Straßenverkehr macht dies deutlich, wo es Menschen gibt, die sich immer an ein Tempolimit von z. B. 80 km/h halten, auch wenn auf einer freien Landstraße weit und breit kein anderes Auto zu sehen ist. Dieses Verhalten ist allein auf die innere Einstellung zurückzuführen. Somit wird klar, dass bereits die Personalauswahl einen großen Einfluss auf das Unfallgeschehen im Unternehmen haben kann. Deshalb ist bereits bei der Einstellung eines Mitarbeiters auf dessen innere Einstellung zu achten.
2.2 Führungsverhalten
Das Verhalten eines Mitarbeiters ist weiterhin sehr stark geprägt durch das, was von der Führung gewünscht, gefordert, zugelassen und vorgelebt wird: Mitarbeiter tun das, was Führungskräfte zulassen.
Hier kann der Begriff Führungskraft durch Fachkraft für Arbeitssicherheit ersetzt werden. Gleichermaßen gilt dies für Seminarteilnehmer. Auch diese tun das, was der Trainer zulässt. Dies wird besonders an der Pausendisziplin deutlich.
Außerdem greift im Laufe der Zeit ein zweites Prinzip: Das, was Führungskräfte zulassen, wird dann zur Norm. Noch einmal zum Seminarbeispiel: Die Disziplin bei der Einhaltung der ersten Pause in einem Seminar ist prägend für die Disziplin der Teilnehmer im weiteren Seminarverlauf. Entscheidend ist: Ohne darüber zu sprechen, entsteht am Beginn eine Norm, die im weiteren Verlauf für alle Gültigkeit hat.
Menschen testen immer Grenzen aus. Diese entstehen nur, indem von beiden Seiten ausgelotet wird, wie weit man gehen kann. Wir alle wissen, dass dort, wo das Überschreiten einer Grenze geduldet wird, die Grenze verschoben wird.
Eltern wissen dies von ihren Kindern. Deshalb gilt auch die Aussage von Franklin D. Roosevelt: Die Begriffe Führungskraft und Erzieher sind austauschbar. D. h. für Sie als Fachkraft für Arbeitssicherheit: Wenn Sie positive Normen etablieren wollen, bitte vermeiden Sie an erster Stelle das Entstehen von negativen Normen. Es gilt das Prinzip: Verstärken Sie positives Verhalten und lassen Sie negatives Verhalten nicht zu. Gerade in Sachen Arbeitssicherheit ist die Wirkung dieses Zusammenhangs überwältigend. Die Qualität Ihrer Kommunikationsleistung können Sie am Verhalten der Mitarbeiter in Sachen Arbeitssicherheit in Ihrem Bereich erkennen.
Ein weiteres Zitat zeigt in Seminaren große Wirkung. Bitte prüfen Sie, inwiefern Sie den Zusammenhang nachvollziehen können. Es lautet: "Der machtvollste Weg, um auf Menschen Einfluss zu nehmen, ist, ein Vorbild zu sein." Das Verhalten von Autoritätspersonen wird immer als Leitschnur genommen und in vielen Fällen unbewusst auf das eigene Verhalten übertragen.
Übung für Unterweisungen und Trainings
Hier gibt es eine großartige Übung, die in Seminaren eine nachhaltige Wirkung hinterlässt. Diese Übung können Sie in Unterweisungen oder mit Führungskräften genauso machen. Sie lassen die Teilnehmer aufstehen und sagen zu Ihnen mit Blickkontakt: "Bitte machen Sie jetzt exakt das, was ich Ihnen sage. Nehmen Sie jetzt Ihren linken Arm waagerecht nach vorne." Während Sie dies sagen, nehmen Sie Ihren Arm senkrecht nach oben. Was glauben Sie, was passiert? Die meisten Teilnehmer nehmen den Arm auch nach oben. Das heißt: Autoritätspersonen werden als Leitschnur genommen! Es ist also wichtig, wie die Vorbilder ihre Vorbildfunktion im Unternehmen wahrnehmen.
Es gilt hier gleichermaßen für die Fachkraft für Arbeitssicherheit als auch für die Führungskräfte: Beide sind öffentliche Personen im Unternehmen. Es gelten die gleichen Zusammenhänge wie für eine öffentliche Person in der Gesellschaft. Diese stehen immer unter Beobachtung und deren Verhalten wird immer sehr feinfühlig wahrgenommen.
2.3 Unternehmenskultur
Als dritte Einflussgröße für das Verhalten der Mitarbeiter ist die Kultur des Unternehmens relevant. Darunter verstehen wir die Gesamtheit der Werte und die von der Mehrheit der Multiplikatoren und Meinungsbildner, also der Führungskräfte und Fachkraft für Arbeitssicherheit gelebten Verhaltensweisen. Jeder Men...