Dipl.-Ing. Matthias Glawe
Wichtigste organisatorische Schutzmaßnahme ist die Minimierung der Expositionszeit für die Beschäftigten. Außerdem sollten auch nur die tatsächlich für den Produktions- oder Forschungsprozess erforderlichen Personen in Kontakt mit den (ungebundenen) Nanomaterialien kommen. Unbefugten und nicht unterwiesenen Personen darf der Zugang zu entsprechenden Arbeitsbereichen nicht gestattet werden. Hier können Absperrungen und entsprechende Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichen helfen (Abb. 1).
Abb. 1: Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung für Nanomaterialien
Grundsatz für alle Arbeiten im Zusammenhang mit den Nanomaterialien sollte die Einhaltung der allgemeinen arbeitshygienischen Maßnahmen sein. Eine Orientierungshilfe dafür ist die TRBA 500 "Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen".
Im Arbeitsbereich dürfen keine Lebensmittel aufbewahrt werden. Auch das Essen, Trinken, Schnupfen und Rauchen sollte in Bereichen mit ungebundenen Nanomaterialien unterbleiben.
Arbeitsbereiche und -plätze sind regelmäßig zu reinigen, um Ablagerungen von Nanomaterialien zu vermeiden. Betrieblich festzulegen sind Reinigungsintervalle und -methoden.
Im Fall einer unbeabsichtigten Freisetzung von Nanomaterialien, z. B. beim Verschütten einer größeren staubenden Menge, müssen ungeschützte Personen den Arbeitsbereich räumen, ggf. Notfallmaßnahmen einleiten und die Beschäftigten in angrenzenden Arbeitsbereichen informieren. Der betroffene Arbeitsbereich darf erst wieder zu Mess- oder Reinigungszwecken betreten werden, sobald sich die Staubwolke niedergeschlagen hat. Dabei ist trotzdem mit einer Belastung mit Nanomaterialien in der Luft zu rechnen. Verschüttetes Nanomaterial, verwendete Reinigungsmittel und verunreinigte Schutzkleidung sind in einem dicht schließenden Behälter zu sammeln und sachgerecht zu entsorgen.
Die Entsorgung von Abfällen, die Nanomaterialien enthalten, ist ein weiterer Aspekt im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung. Zwar sind für Nanomaterialien keine spezifischen abfallrechtlichen Vorgaben festgelegt, aber Schutzmaßnahmen, wie das Befeuchten, Stabilisieren oder Verfestigen (z. B. durch Binden mit Beton), das feste Verschließen und Kennzeichnen der Abfallbehälter, sind sinnvolle Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten.
Unterweisung
Die Beschäftigten müssen gezielt über die besonderen physikalisch-chemischen und toxikologischen Eigenschaften von Nanomaterialien, die Gefahren (Gesundheitsgefahr, Brand- und Explosionsgefahr) sowie über die Notwendigkeit und den Umfang der Schutzmaßnahmen unterwiesen werden. Unterweisungen haben arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogen zu erfolgen.
Neben den Unterweisungen kann es auch erforderlich sein, zusätzlich Übungen oder Trainings durchzuführen, um Methoden und Verfahren praktisch zu üben (z. B. Anlegen von Atemschutz einschließlich der Prüfung des richtigen Sitzes, An- und Ablegen von Schutzkleidung (Overalls/Schutzanzüge).
Der Arbeitgeber muss eine arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene Betriebsanweisung für die Tätigkeiten mit Nanomaterialien erstellen. Ggf. müssen separate Anweisungen für unterschiedliche Tätigkeiten mit Nanomaterialien erstellt werden, z. B. für Reinigungsarbeiten, Wartungs-, Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten sowie für Entsorgungstätigkeiten. Die Betriebsanweisung enthält die entsprechenden Verhaltensregeln zum Schutz vor Gesundheitsgefahren (bekannte und vermutete gesundheitsschädigende Eigenschaften durch Nanomaterialien und Aufnahmepfade von Nanomaterialien in den Körper), Brand- und Explosionsgefahren sowie zum Schutz der Umwelt. Die Betriebsanweisung muss in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache abgefasst und an geeigneter Stelle an der Arbeitsstätte – möglichst in Arbeitsplatznähe – zugänglich gemacht werden.
Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) sieht vor, dass den Mitarbeitern bei einer Exposition gegenüber A-Stäuben eine arbeitsmedizinische Untersuchung angeboten werden muss, unabhängig davon, in welcher Konzentration die Stäube auftreten. Damit kann der Betriebsarzt frühzeitig hinsichtlich der Auswirkungen auf die Beschäftigten die betrieblichen Nanotechnologie-Prozesse arbeitsmedizinisch begleiten. Aufgrund der derzeit bestehenden, noch offenen Fragen ist es allerdings schwierig, bereits jetzt Erkrankungen zu erkennen, die im ursächlichen Zusammenhang zum Umgang mit den Nanomaterialien stehen.