Leitsatz (amtlich)

1. Der Schutzbereich des § 6 ASiG erfasst keinen Unfall, der ohne jeden Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit auf dem Grundstück des Unternehmens geschieht.

2. Eine deutlich erkennbare Gefahr, die vor sich selbst warnt, hat für eine Verkehrssicherung auszuscheiden, weil bei verständiger Beurteilung der Schluss geboten ist, dass ein zu Schützender ihr ausweichen kann und wird (im Anschluss an BGH v. 4.5.1999 - VI ZR 379/98, MDR 1999, 996 = VersR 1999, 1033). Darüber hinaus haftet der grundsätzlich Verkehrssicherungspflichtige bei bewusstem Handeln auf eigenes Risiko jedenfalls wegen eines ganz überwiegenden Mitverschuldens des Geschädigten nicht.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1-2; ASiG § 6; SGB X § 116 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Urteil vom 20.06.2006; Aktenzeichen 5 O 98/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Baden-Baden vom 20.6.2006 - 4 O 98/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil. Darüber hinaus hat die Berufung auch keine Aussicht auf Erfolg.

I. Die Rügen der Klägerin gegen das Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO sind unbegründet.

Der Senat hat in dem gem. § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO erlassenen Hinweisbeschluss vom 14.11.2006, zu dessen beantragter Aufhebung schon mangels gesetzlicher Grundlage kein Anlass besteht, ausführlich die Gründe dargelegt, aus denen die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat. Dabei handelt es sich nicht um eine summarische Prüfung des Streitstoffs, sondern um eine vollumfängliche Prüfung auf der Grundlage des § 513 ZPO. Zum Umfang der Hinweispflicht hat bereits der Rechtsausschuss ausgeführt, "dass im Rahmen der Hinweiserteilung nicht umfangreichere Ausführungen als in der mündlichen Verhandlung notwendig sind. Ein knapper Hinweis, ggf. durch Bezugnahme auf die vom Berufungsgericht für zutreffend erachteten Gründe der angefochtenen Entscheidung, kann im Einzelfall genügen (BT-Drucks. 14/6036, S. 123). Dass der Senat erstmals den Aspekt des überwiegenden Mitverschuldens des geschädigten Mitglieds der Klägerin anführt, ist nichts anderes als die dogmatische Einordnung des vom LG als Alternativbegründung angeführten "Handelns auf eigenes Risiko".

Mit dem Hinweisbeschluss wird auch nicht das rechtliche Gehör der Klägerin abgeschnitten. Der Hinweisbeschluss dient vielmehr der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. dazu bereits die Begründung des Regierungsentwurfs ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 98; Stellungnahme des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/6036, S. 123). Dem Berufungsführer wird durch den erteilten Hinweis gerade die Gelegenheit gegeben, zu der vorläufigen Auffassung des Berufungsgerichts Stellung zu nehmen, sich mit der dort vertretenen Auffassung auseinanderzusetzen und Gründe für eine andere Entscheidung vorzutragen. Der Vorwurf der Klägerin, der Hinweisbeschluss verstoße gegen den Grundsatz des fairen Verfahren und nehme die endgültige Entscheidung vorweg, lässt ein verfehltes Verständnis des Gesetzes erkennen. Das BVerfG hat das Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO ausdrücklich als verfassungsgemäß angesehen (BGH v. 13.11.2002 - RiZ(R) 3/01, BGHReport 2003, 206 = NJW 2003, 281; BVerfG v. 1.10.2004 - 1 BvR 173/04, NJW 2005, 659 [660]; vgl. auch BGH FamRZ 2005, 1555).

II. Die Berufung hat auch unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 4.12.2006 vorgetragenen Gründe keine Aussicht auf Erfolg.

Eine Haftung des Beklagten zu 2) für die Verletzungen, die sich das Mitglied der Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, am 28.8.2003 bei seinem Sturz in den ca. 8m tiefen Schacht auf dem Grundstück der Beklagten zu 1) zugezogen hat, kommt nicht in Betracht.

Die Klägerin kann als Rechtsnachfolgerin ihres geschädigten Mitglieds (§ 116 SGB X) aus einer eventuell vorliegenden Pflichtverletzung des Beklagten zu 2, der als externer Sicherheitsbeauftragter im Rahmen des § 6 ASiG tätig war, keine Ansprüche herleiten. Eine - hier unterstellte - Pflichtverletzung begründet weder eine Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB noch eine vertragliche Haftung, denn das Mitglied der Klägerin war, als der Unfall geschah, nicht in den Schutzbereich des Vertrages zwischen den Beklagten einbezogen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Mitglied der Klägerin, das im Rahmen einer gerichtlichen Auflage gemeinnützige Arbeit auf dem Grundstück der Beklagten zu 1) verrichtete, während der Arbeitszeit zumindest eine arbeitnehmerähnliche Position innehatte.

Auch wenn dem Beklagten zu 2) nicht nur die Kontrolle der unmittelbar zur Arbeit benötigten Geräte und Anlagen sowie der entsprechenden Örtlichkeiten oblegen hat, sondern - da die Beklagte zu 1) eine Gärtnerei betrieb - auch eine weitergehende Kontrolle des gesamten Grundstücks auf Unfallgefahren, so hat sich jedenfalls eine Unfallgefahr für die Arbeiter, die durch eine ordnungsgemäße Kont...

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