Verkehrssicherungspflicht: Wer muss wie oft das Laub fegen?

Herbstlaub kann im Regen rutschig werden – Eigentümer müssen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht dafür sorgen, dass Wege auf ihrem Grundstück gefahrlos genutzt werden können, sonst haften sie unter Umständen bei Unfällen. So haben die Gerichte entschieden.

Nasses oder feuchtes Laub kann für Passanten schnell zur Gefahr werden. Mieter und Eigentümer sind grundsätzlich verpflichtet, Gehwege, die an ihr Grundstück grenzen, frei von Blättern zu halten, wenn ihnen die Kommunen die Verkehrssicherungspflicht übertragen haben. Kommt jemand zu Schaden, kann es teuer werden.

Verkehrssicherungspflicht: Eigentümer und Mieter

Im Fall von Straßen und Wegen sind die Gemeinden in der Pflicht, das Laub zu räumen – diese können sie jedoch per Satzung auf die Anlieger übertragen. Eigentümer müssen dann dafür sorgen, dass neben Grundstück und Eingangsbereich auch angrenzende Gehwege oder Radwege gefahrlos passierbar sind.

Und zwar werktags zwischen 7:00 Uhr und 20:00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen zwischen 9:00 Uhr und 20:00 Uhr. Darauf weist der Immobilienverband Deutschland (IVD) hin.

Eigentümer können das Laubfegen an einen Dienstleister delegieren. Mietern wird diese Pflicht häufig mit dem Mietvertrag übertragen. Der Vermieter hat die Pflicht zur Überwachung. Rutscht eine Person auf nassem Herbstaub aus und verletzt sich, weil nicht ausreichend geräumt wurde, kann es zu Schadenersatzforderungen kommen. Passanten und Radfahrer kann eine Teilschuld treffen: Sie müssen im Herbst mit Gefahren durch Laub rechnen.

Laubfreie Gehwege: So haben Gerichte entschieden

Es reicht nicht nicht, in vorher festgelegten Zeitabständen sauber zu machen: Fällt zu bestimmten Zeiten mehr Laub als zu anderen, müssen die Straßen häufiger gereinigt werden. Es ist im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht zumutbar, "auch außerhalb üblicher Dienstzeiten die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht sicher zu stellen", hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden.

(OLG Hamm, Urteil v. 9.12.2005; 9 U 170/04)

Die Klage einer Frau, die auf nassem Laub ausgerutscht war, gegen die Eigentümerin eines Grundstücks auf Schadensersatz und Schmerzensgeld blieb ohne Erfolg. Das sah etwa das Landgericht (LG) Coburg so. Eine Reinigungspflicht habe nur im Rahmen des Zumutbaren bestanden. Nachdem die Beklagte am Tag vor dem Unfall der Klägerin schon Laub gekehrt hatte, sei sie der Pflicht nachgekommen, wegen starker Windböen am Unfalltag wäre das Kehren ohnehin sinnlos gewesen.

(LG Coburg, Urteil v. 22.8.2008; 14 O 742/07)

Laubfreie Gehwege können nach Auffassung des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main nur zwischen sieben und 20 Uhr erwartet werden. Wenn der Eigentümer nachweisen kann, dass regelmäßig gekehrt wurde, haftet er im Schadensfall nicht. Wer zu früher Stunde auf den herbstlichen Gehwegen unterwegs ist, muss selbst darauf achten, auf nassem Laub nicht auszurutschen. Morgens um sieben Uhr kann noch kein gefegter Gehweg verlangt werden.

(LG Frankfurt am Main, Urteil v. 1.10.2018; 2/23 O 368/98)

Sechs Tage vor einem Unfall auf nassem Laub hatte eine beklagte Grundstückseigentümerin in Berlin den Gehsteig vor dem Haus gereinigt. Damit sei sie ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen, urteilte das Landgericht (LG) Berlin.

(LG Berlin, Urteil v. 11.10.2005; 13 O 192/03)

Hat ein Grundstückseigentümer laut städtischer Satzung die Pflicht den angrenzenden Gehweg vom Laub zu befreien, muss er sich für den Urlaub eine angemessene Vertretung suchen. Dabei ist es laut dem Oberlandesericht (OLG) Schlewsig aber nicht zumutbar, dass der Urlaub unterrbochen wird, um der Kontrollpflicht nachzukommen.

(OLG Schleswig, Urteil v. 28.2.2012; 11 U 137/11)

WEG: Verkehrssicherungspflicht und Verwalter

Seit dem Inkrafttreten der WEG-Reform am 1.12.2020 ist die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für das Laubfegen verantwortlich – sie kann per Mehrheitsbeschluss einen Dienstleister oder die Verwaltung beauftragen.

Die WEG kann die Verkehrssicherungspflicht aber nicht mehr auf den Verwalter abwälzen: Er fungiert nur noch als gesetzlicher Vertreter der WEG, also als ausführendes Organ, das die Pflichten der Eigentümergemeinschaft erfüllt. Die WEG haftet für Pflichtverletzungen ihres Organs gegenüber Dritten.

Kommt ein Bewohner, Passant oder Gast auf einem Grundstück oder auf angrenzenden öffentlichen Gehwegen zu Schaden, soweit die Kommunen die Kehr- und Räumpflicht durch Satzung auf die Anlieger übertragen haben, bestehen Ersatzansprüche nicht mehr gegen den Verwalter, sondern seit der WEG-Reform gegen die Eigentümergemeinschaft.

Haftung des Verwalters: Stichprobenhafte Kontrolle

Hat eine WEG die Verwaltung damit betraut, ein Dienstleistungsunternehmen mit dem Laubkehren zu beauftragen, sollte der Beschluss auch beinhalten, dass der Verwalter den Dienstleister regelmäßig zumindest stichprobenartig kontrolliert, sonst kann es bei Unfällen teuer werden.

Wenn im Mietvertrag geregelt wurde, dass die Mieter der Wohnungen die Räumpflicht bei Herbstlaub auf den Gehwegen erfüllen sollen, haben die Eigentümer auch hier nur eine Kontroll- und Überwachungspflicht – ist es nicht geregelt, können die Eigentümer als Gesamtschuldner schadensersatzpflichtig gemacht werden, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main.

(OLG Frankfurt am Main, Urteil v. 4.12.2001; 3 U 93/01)

Herbstlaub richtig entsorgen, sonst drohen Bußgelder

Wer Laubbläser oder -sauger nutzen will, sollte die örtlichen Lärmschutzregelungen beachten, rät die Verbraucherzentrale NRW. In der Regel dürften die lauten Geräte nämlich nur in der Zeit zwischen 9:00 Uhr und 13 Uhr sowie von 15:00 bis 17:00 Uhr eingesetzt werden. Laut der Verbraucherzentrale können Kommunen strengere Regelungen festschreiben.

Wer in Wohngebieten außerhalb dieser Zeiten erwischt wird, muss mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro rechnen, ergänzt Haus & Grund Rheinland Westfalen.

Entsorgt werden sollten die Blätterl in einer Biotonne oder dem eigenen Kompost. Laut der Verbraucherzentrale bieten viele Gemeinden in der Herbstzeit zudem spezielle Behälter oder Säcke für das Laub an, die separat abgeholt werden. Das Laub einfach im eigenen Garten zu verbrennen, ist Privatpersonen in der Regel verboten und kann von den Behörden als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, so die Verbraucherschützer.


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dpa