ESG-Maßnahmen: Immer mehr Gegenwind

Sollten Bestandhalter noch in ESG-Maßnahmen investieren? Was muss die neue Bundesregierung unbedingt ändern? Und wie geht es mit Büroimmobilien weiter? 3 Fragen an Berater Martin Eberhardt.

Welche Dinge sollte denn die neue Regierung möglichst bald angehen?

Martin Eberhardt: Offen gestanden befürchte ich, dass nicht allzu viel passiert. Politische Instabilität ist im Augenblick ein Punkt, der nicht nur Deutschland betrifft, sondern wenn wir zu unseren europäischen Nachbarn schauen, haben wir da auch eine Instabilität. Also, gerade in Frankreich, einem weiteren großen EU-Land. Wir sehen die Niederlande, wir sehen ein Nicht-EU-Land, (...) das Vereinigte Königreich, wo jetzt erst seit kurzer Zeit Labour an der Regierung ist, aber auch schon wieder verbraucht wirkt.

Man muss gucken, in welche Richtung das geht. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir jetzt zu Reformen kommen. Und mein Hauptthema wäre, oder die Hauptüberschrift, die ich mir wünsche, wäre: "Mehr Markt und weniger Regulierung".

Neuer Star: das Thema Life Science Real Estate

Viele Bestandshalter müssen die Portfolios jetzt umbauen. Sie haben dazu ein Buch geschrieben "Transformation der Immobilienwirtschaft": die Stichworte sind Resilienz und Diversifikation. Auf was muss eine widerstandsfähige Immobilie einzahlen?

Wenn man jetzt überlegt, wie stelle ich mein Portfolio resilient auf, dann sollte man eben auch die wesentlichen Punkte, die hier auf uns wirken Demografie, Urbanisierung, ESG und vor allem Digitalisierung, berücksichtigen. (…)

Ich nehme mal Demografie, da haben wir nicht nur das Thema der Alterung der Gesellschaft, sondern (...) auch, dass immer mehr Anteile der Jahrgänge in Europa studieren. Auf der einen Seite schaffen wir Immobilienformen, die für das Alter geeignet sind, von Wohnformen, die ohne Pflege auskommen, bis Wohnformen, wo Pflege im Vordergrund steht. Das betrifft aber auch andere Altersklassen, gerade die Studenten. Ja, und dann befinden wir uns schon mitten in der Reallokation von Assetklassen, wenn man das entsprechend aufgreift. (…)

Ein neuer Star im Bereich der industriellen Gesundheitswirtschaft (…), ist das Thema Life Science Real Estate. Das ist eine total boomende Assetklasse in den USA und auch schon in UK. Und dann hat es den Weg über die Niederlande auch zu uns genommen. Das ist eine Assetklasse, bei der ich eine große Zukunft sehe.

(…) Die Büroimmobilie in Gänze wird der Verlierer dieser Megatrends sein. Heißt nicht, dass Büros nicht mehr in ein (…) Portfolio gehören. Natürlich werden die auch zukünftig dahingehören. Aber was man ja sieht, gerade auch, wenn man mit Vermietungsexperten spricht, dann haben wir hier einen Punkt, wie heißt es so schön "Flight to Quality", "Flight to Location" und "Flight to ESG". Die Immobilien, die attraktiv sind, gut gelegen sind, die Nachhaltigkeit berücksichtigen, die haben eine gute Zukunft.

Wendepunkt bei ESG durchschritten

Wird das Thema ESG bleiben oder wird es nach den Wahlen und mit Trump ein Stück Bedeutung verlieren?

Ich denke, dass wir den Wendepunkt im Bereich ESG schon durchschritten haben. Da gibt es neben der Trump-Administration für mich auch andere Hinweise. Wir haben gesehen, dass zum Beispiel Blackrock sich aus der Net Zero-Initiative verabschiedet hat. Aus vielfältigen Gründen – auch aus rechtlichen Gründen. (…)

Aber insgesamt ist es schon so, dass jetzt, wo weltweit und gerade im Westen die Budgets kleiner werden, man schon gucken muss, 'wie gehen wir mit dem doch sehr kostenintensiven ESG-Maßnahmen im Bau – aber auch nicht nur dort – um?' Und wenn man sich das Programm anschaut, das sich die neue EU-Kommission auferlegt hat, will ich zwar nicht sagen, dass da Nachhaltigkeit ganz unter ferner liefen steht, aber es steht nicht mehr on top auf der Agenda, das haben wir jetzt auch gesehen im Bundestagswahlkampf (…) Letzten Endes ging es vor allem um Wirtschaft, um Migration, um andere Themen. (...)

Und wo kommt das Geld her dafür. (…) Das wird eine Riesenherausforderung für jegliche Regierung und Regierungskonstellation, und ich bin mir ziemlich sicher, dass man vor diesem Hintergrund auch auf Bundesebene und den Länderebenen das Thema ESG-Regulierung zurücknehmen wird. Wie stark, das kann ich noch nicht absehen. Das kann niemand absehen. Was nicht gerade charmant ist, wenn man für ein größeres Bestandsportfolio verantwortlich ist. (…) Wie wirkt sich das auf meine Strategie aus? Wie stark soll ich jetzt noch in ESG, Nachhaltigkeit oder in ESG-Maßnahmen gerade in E-Maßnahmen investieren in meinem Bestand. Das ist ja unglaublich teuer.

Da ist auch guter Rat teuer. Neben dem Thema 'wie baue ich mein Portfolio um?', habe ich da noch das Thema 'wie gehe ich jetzt mit dem ganzen Block Regulierung und ESG um?' Für uns als Verantwortungsträger in der Immobilienwirtschaft sind das ganz fundamentale Fragen, die da auf uns zukommen.