WEG haftet Eigentümern nicht für Fehler von Dienstleistern
Hintergrund: Trotz Baumkontrolle fällt Ast auf Auto
Eine Wohnungseigentümerin verlangt von der Wohnungseigentümergemeinschaft Schadensersatz.
Die WEG hatte ein Unternehmen damit beauftragt, die „verkehrssicherheitsrelevanten und baumpflegerischen Schnittmaßnahmen“ am Baumbestand auf dem gemeinschaftlichen Grundstück durchzuführen. Bei der jährlichen Baumkontrolle im Januar 2016 bestätigte der Dienstleister den verkehrssicheren Zustand der Bäume. Im Mai 2016 fiel von einem Baum ein großer Ast herunter. Hierdurch würde das Fahrzeug einer Wohnungseigentümerin beschädigt. Diese fordert nun von der Gemeinschaft Schadensersatz in Höhe von 6.650 Euro.
Entscheidung: Keine Haftung der Gemeinschaft für Dienstleister
Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss nicht für den Schaden aufkommen.
Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt
Es besteht kein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch die Gemeinschaft.
Die Verkehrssicherungspflicht kann auf einen Dritten delegiert werden. Voraussetzung hierfür ist eine klare Absprache, die eine Ausschaltung von Gefahren sicherstellt. Dann verengt sich die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich allein Verantwortlichen auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht. Diese erstreckt sich darauf, ob der Dritte die übernommenen Sicherungspflichten auch tatsächlich ausgeführt hat.
Hier gab es zwischen der Gemeinschaft und dem beauftragten Unternehmen solch eine klare Absprache, so dass die Gemeinschaft nur überwachen musste, ob der Dienstleister seinem Auftrag nachkommt. Ein Verstoß gegen diese Überwachungspflicht war nicht festzustellen. Die umstrittene Frage, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft bei einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nur gegenüber außenstehenden Dritten haftet oder auch gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern, konnte der BGH daher offenlassen.
Verschulden des Dienstleisters wird WEG nicht zugerechnet
Die Wohnungseigentümergemeinschaft haftet für den Schaden auch nicht gemäß § 280 BGB. Ein solcher Anspruch käme in Betracht, wenn das mit der Baumkontrolle beauftragte Unternehmen Erfüllungsgehilfe der Gemeinschaft wäre und sich diese ein Verschulden des Dienstleisters nach § 278 BGB zurechnen lassen müsste.
Hieran fehlt es. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und dem Verwaltungsbeirat, nicht jedoch der Gemeinschaft. Der Verband ist nicht Entscheidungsträger im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung, sondern lediglich ein Mittel, um die Verwaltung nach außen durchzusetzen. Deshalb sind etwa Handwerker, die der Verwalter zur Durchführung einer Sanierung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt, im Verhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern nicht Erfüllungsgehilfen des Verbands. Für Schäden, die solche Auftragnehmer schuldhaft am Sondereigentum verursachen, haftet regelmäßig nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern der Schädiger aufgrund der Verletzung von Pflichten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
Diese Überlegungen gelten hier entsprechend. Die Erfüllung der auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Verkehrssicherungspflichten gehört zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung, für die der Verband im Innenverhältnis zu den Wohnungseigentümern nicht zuständig ist. Deshalb ist ein Dritter, auf den Verkehrssicherungspflichten übertragen werden, im Innenverhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern nicht Erfüllungsgehilfe des Verbandes. Verletzt der Dritte schuldhaft die Verkehrssicherungspflicht, begründet dies keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den Verband.
Wohnungseigentümer kann Dienstleister direkt in Anspruch nehmen
Dass der Verband für Schäden eines Wohnungseigentümers, die auf einer schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des beauftragten Dienstleisters beruhen, nicht haftet, belastet den Wohnungseigentümer nicht unangemessen. Dieser kann den Dienstleister direkt auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, weil dem zwischen WEG und Dienstleister geschlossenen Vertrag Schutzwirkung zugunsten des Eigentümers zukommt.
(BGH, Urteil v. 13.12.2019, V ZR 43/19)
Lesen Sie auch:
-
Balkonkraftwerke: Das gilt für WEG & Vermieter
2.509
-
Vermieter muss Heizkosten korrekt verteilen
1.657
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter beim Zeitmietvertrag achten
1.629
-
Schönheitsreparaturen: Zulässige und unzulässige Klauseln für Renovierungen im Mietvertrag
1.401
-
Form der Betriebskostenabrechnung und Mindestangaben
1.358
-
Verwaltungskostenpauschale 2023: Kostenmiete steigt mit Tabelle
1.133
-
Untervermietung: Was kann der Vermieter verbieten?
1.103
-
Schlüssel für Schließanlage verloren: Wer muss zahlen?
1.053
-
Rechtsfolgen des Eigentümerwechsels
1.027
-
Wertsicherungsklausel im Gewerbemietvertrag
993
-
Info-Portal für die Heizungswahl
20.11.2024
-
Energiewende – (Wie) macht das der Verwalter?
19.11.2024
-
BGH bleibt dabei: Schonfristzahlung heilt nur fristlose Kündigung
18.11.2024
-
Heizkosten 2023 um rund 31 Prozent gestiegen
06.11.20242
-
Mietminderung bei Legionellen: Urteile im Überblick
04.11.2024
-
Nur zahlungsrelevante Fehler kippen Jahresabrechnung
29.10.2024
-
Heizungsautomatisierung: Frist endet am 31.12. – Bußgelder drohen
25.10.2024
-
Wärmepumpen-Check: Neue Tools für Hauseigentümer
25.10.2024
-
Vorkaufsrecht von Angehörigen geht Mietervorkaufsrecht vor
23.10.2024
-
Der neue Charme der Betriebsoptimierung
21.10.2024