BGH: Anfechtungskläger muss bei langsamem Gericht nachhaken

Wer einen Beschluss der Eigentümerversammlung anficht, muss sich bei Verzögerungen der Klagezustellung spätestens innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Anfechtungsfrist beim Gericht nach dem Sachstand erkundigen. Dies gilt auch, wenn der Kläger alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen erbracht hat.

Hintergrund: Anfechtungsklage wird mit Jahren Verspätung zugestellt

Ein Wohnungseigentümer hatte mehrere Beschlüsse einer Eigentümerversammlung vom 17.10.2016 angefochten. Die Klage ging rechtzeitig innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist beim Amtsgericht ein. Der Eigentümer zahlte auch umgehend den angeforderten Gerichtskostenvorschuss. Dennoch wurde die Klage erst mehr als vier Jahre später im Januar 2021 zugestellt, nachdem sich der Eigentümer im Dezember 2020 beim Gericht nach dem Sachstand erkundigt hatte.

Amts- und Landgericht wiesen die rechtzeitig bei Gericht eingegangene Anfechtungsklage wegen Versäumnis der Anfechtungsfrist ab.

Entscheidung: Anfechtungskläger muss nachfragen

Der BGH sieht das ebenso. Der Wohnungseigentümer hat die Anfechtungsfrist versäumt, auch wenn er mit rechtzeitiger Klageeinreichung und Zahlung des Kostenvorschusses zunächst alles getan hatte, was er tun musste.

Wird eine rechtzeitig innerhalb der Anfechtungsfrist bei Gericht eingereichte Anfechtungsklage – wie hier – erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist zugestellt, wirkt die Zustellung zurück, wenn sie "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt. Das Merkmal "demnächst" ist nur erfüllt, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten. Dabei wird eine der Partei zuzurechnende Verzögerung der Zustellung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen.

Verantwortung für Verzögerung geht auf Anfechtungskläger über

Zunächst wurde die Zustellung der Klage durch einen Fehler des Gerichts verzögert, weil die Klage trotz Einzahlung des Kostenvorschusses nicht zugestellt wurde. Diese Verzögerung ist dem Eigentümer nicht anzulasten.

Der Eigentümer hätte sich aber spätestens ein Jahr nach Ablauf der Monatsfrist zur Klageerhebung beim Gericht nach dem Sachstand erkundigen müssen. Diese Obliegenheit ergibt sich aus der Treuepflicht der Wohnungseigentümer untereinander. Die Ausschlussfrist für Beschlussanfechtungen soll Rechtssicherheit und Rechtsklarheit schaffen. Die Wohnungseigentümer und der Verwalter sollen möglichst schnell wissen, ob Beschlüsse angefochten werden. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn selbst nach längerer Zeit noch Klageverfahren über bereits gefasste Beschlüsse durchgeführt werden könnten.

Die Jahresfrist ergibt sich aus § 45 Satz 2 WEG in Verbindung mit § 234 Abs. 3 ZPO. Danach ist nach Ablauf eines Jahres seit Ende der versäumten Frist keine Wiedereinsetzung mehr möglich. Bis zu diesem Zeitpunkt muss der klagende Eigentümer bei Gericht nachfragen, wenn die Zustellung ausbleibt. Denn spätestens dann dürfen die anderen Eigentümer darauf vertrauen, dass die Beschlüsse nicht mehr angefochten werden können.

Versäumt der anfechtende Eigentümer die Obliegenheit, bei unterbliebener Klagezustellung bei Gericht nachzufragen, beginnt ab diesem Zeitpunkt der ihm im Rahmen von § 167 ZPO zuzurechnende Zeitraum einer Zustellungsverzögerung. Die verspätete Zustellung wirkt dann nicht mehr auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück.

Nachfrage war viel zu spät

Hier hätte der Eigentümer spätestens am 17.11.2017 bei Gericht nachfragen müssen. Seine Anfrage erst im Dezember 2020 war daher verspätet. Die Klage wurde zu Recht als verfristet abgewiesen.

(BGH, Urteil v. 25.10.2024, V ZR 17/24)


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