BGH: Wann ist Anfechtungsklage noch „demnächst“ zugestellt?

Eine Anfechtungsklage eines Wohnungseigentümers ist dann nicht mehr „demnächst“ zugestellt, wenn sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum durch die verspätete Einzahlung der Gerichtskosten um mehr als 14 Tage verzögert hat. Der 5. Zivilsenat hat insoweit seine Rechtsprechung angepasst.

Hintergrund

In einer Eigentümerversammlung am 16.6.2011 fassten die Wohnungseigentümer mehrere Beschlüsse. Hiergegen hat eine Eigentümerin Anfechtungsklage erhoben. Die Klage ist am 18.7.2011, einem Montag, beim Gericht eingegangen.

Das Gericht forderte bei der Eigentümerin weitere Unterlagen an, um den Kostenvorschuss errechnen zu können. Nachdem die Eigentümerin diese Unterlagen fristgerecht eingereicht hatte, erhielt ihr Prozessbevollmächtigter am 31.8.2011 die Aufforderung zur Zahlung des Kostenvorschusses. Diesen leitete er an die Rechtsschutzversicherung der Eigentümerin weiter. Am 19.9.2011 ging der Vorschuss bei der Justizkasse ein. Am 11.10.2011 wurde die Klage schließlich den übrigen Wohnungseigentümern zugestellt.

Das Landgericht hat die Anfechtungsklage abgewiesen, weil die einmonatige Klagefrist nicht eingehalten sei. Die Klage sei auch nicht „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO zugestellt worden.

Entscheidung

Die Eigentümerin hat die Anfechtungsfrist nicht versäumt. Die Klage ist zwar erst über drei Monate nach der Einreichung bei Gericht zugestellt worden. Dies war aber dennoch „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO.

Das Merkmal „demnächst“ ist nur erfüllt, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten. Dabei wird eine der Partei zuzurechnende Verzögerung der Zustellung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen.

Nach bisheriger Rechtsprechung des für das Wohnungseigentumsrecht zuständigen 5. Zivilsenats ist eine Verzögerung im Rahmen der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses hinnehmbar, wenn der Vorschuss nach der Anforderung innerhalb eines Zeitraums eingezahlt wird, der sich „um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt“. Die Hinnehmbarkeit von Verzögerungen, die über 14 Tage hinausgehen, sollte vom Vorliegen besonderer Umstände und dem Ergebnis einer tatrichterlichen Würdigung der Gesamtumstände abhängig sein.

Der 7. Zivilsenat stellt hingegen bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen ab, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum durch die Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat. Dieser Auffassung hat sich der 5. Zivilsenat nun angeschlossen, um für sämtliche Fallgruppen denselben Maßstab zu haben.

Gemessen daran ist die Zustellung hier „demnächst“ bewirkt worden. Eine der Anfechtungsklägerin vorwerfbare Verzögerung von mehr als 14 Tagen liegt nicht vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Vorschuss verfahrenswidrig nicht von ihr direkt, sondern über ihren Rechtsanwalt angefordert worden ist. Diese Verzögerung ist der Klägerin nicht zuzurechnen. Sie ist daher so zu stellen, als sei ihr selbst die Anforderung am 5.9.2011 zugegangen. Da die Klägerin frühestens am nächsten Tag hätte tätig werden müssen und der Kostenvorschuss tatsächlich am 19.9.2011 bei der Justizkasse eingegangen ist, liegt selbst ohne Berücksichtigung des für die Überweisung durch die Bank erforderlichen Zeitraums keine schuldhafte Verzögerung von mehr als 14 Tagen vor.

(BGH, Urteil v. 10.7.2015, V ZR 2/14)

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